Verspätet zur Arbeit: Betriebsrat wiederholt unpünktlich zur Arbeit

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„In der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist anerkannt, dass wiederholte Verspätungen eines Arbeitnehmers nach vorheriger Abmahnung an sich geeignet sind, eine ordentliche Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen sozial zu rechtfertigen. Durch das unpünktliche Erscheinen am Arbeitsplatz verletzt der Arbeitnehmer schuldhaft seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, die Arbeit mit Beginn der betrieblichen Arbeitszeit aufzunehmen, wenn dies auf einem vorwerfbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruht, dieser also die Verspätung zu vertreten. In aller Regel kann sich ein Arbeitgeber in derartigen Fällen bei ständigen Verspätungen jedoch nur durch eine ordentliche Kündigung aus dem Arbeitsverhältnis lösen. Eine außerordentliche Kündigung aus diesem Grunde kommt ausnahmsweise allerdings dann in Betracht, wenn die Unpünktlichkeit des Arbeitnehmers den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Arbeitsverweigerung, einer beharrlichen Verletzung seiner Arbeitspflicht erreicht hat.“ So das LAG Hamm (10. Kammer), Beschluss vom 15.02.2002 - 10 TaBV 101/01; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

LAG Hamm: „Am 08.01.2001 betätigte der Beteiligte zu 3) das Zeiterfassungsgerät im Betrieb des Arbeitgebers um 7.04 Uhr, am 09.01.2001 um 7.02 Uhr, am 10.01.2001 um 7.20 Uhr, am 12.01.2001 um 7.03 Uhr, am 30.01.2001 und 7.02 Uhr, am 02.02.2001 um 7.04 Uhr und am 06.02.2001 um 7.17 Uhr. Wegen der verspäteten Arbeitsaufnahme erteilte der Arbeitgeber dem Beteiligten zu 3) daraufhin mit Schreiben vom 08.02.2001 eine Abmahnung. Im Anschluss daran betätigte der Beteiligte zu 3) die Stempeluhr am 13.02.2001 und 7.01 Uhr, am 02.03.2001 um 7.07 Uhr, am 06.03.2001 um 7.03 Uhr und am 08.03.2001 um 7.11 Uhr. Mit Schreiben vom 08.03.2001 beantragte der Arbeitgeber daraufhin beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Kl. Auf das Schreiben vom 08.03.2001 wird Bezug genommen.“ Quelle: Beck-online.de

LAG Hamm: Häufige Verspätungen des Arbeitnehmers rechtfertigen grundsätzlich die Kündigung

LAG Hamm: „Auch die Beschwerdekammer ist mit dem Arbeitgeber der Auffassung, dass der Beteiligte zu 3) in der Vergangenheit seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt hat, indem er häufig verspätet seine Arbeit aufgenommen hat. Der Beteiligte zu 3) ist in der Zeit zwischen dem 08.01.2001 und 06.02.2001 sieben Mal verspätet zur Arbeit erschienen, darunter am 10.01.2001 erst um 7.20 Uhr und am 06.02.2001 erst um 7.17 Uhr. Auch nach Erhalt der Abmahnung vom 08.02.2001 hat der Beteiligte zu 3) am 13.02.2001, 02.03.2001, 06.03.2001 und 08.03.2001 verspätet seine Arbeit aufgenommen. Dies ergibt sich im Einzelnen aus den vorliegenden Zeiterfassungsblättern. Ob die Verspätung am 08.03.2001 im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt werden kann, weil auf sie in der Antragsschrift vom 19.03.2001 nicht ausdrücklich hingewiesen worden ist, kann an dieser Stelle zunächst offen bleiben.“ Quelle: Beck-online.de

Schlafstörungen – Fahruntüchtigkeit des PKW – Kopfschmerzen -  keine Entschuldigungsgründe für die verspätete Arbeitsaufnahme

LAG Hamm: „Auch die vom Beteiligten zu 3) vorgetragenen Schlafstörungen und die Fahruntüchtigkeit seines Kraftfahrzeugs entschuldigen die mehrfache verspätete Arbeitsaufnahme durch den Beteiligten zu 3) nicht. Insbesondere nach der einschlägigen Abmahnung vom 08.02.2001 musste vom Beteiligten zu 3) verlangt werden, dass er in erhöhtem Maße Vorsorge gegen die Wiederholung der Verspätungen treffen würde, etwa durch Überprüfung der Fahrtüchtigkeit seines Kraftfahrzeugs am Abend zuvor oder durch bessere Absicherung des Aufweckens am Morgen. Wer wiederholt den Wecker überhört oder verschläft, muss eben für einen lauteren Wecker oder für ein Aufwecken durch zuverlässige Dritte sorgen.“ Quelle: Beck-online.de

Gesamtwürdigung des Fehlverhaltens reicht aber nicht für eine fristlose Kündigung aus

LAG Hamm: „Eine Gesamtwürdigung des Fehlverhaltens des Beteiligten zu 3), seiner darüber hinausgehenden Interessen am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und der Interessen des Arbeitgebers ergibt schließlich, dass das Fehlverhalten des Beteiligten zu 3), soweit es verschuldet ist, nicht ein derartiges Gewicht erlangt hat, das den Arbeitgeber zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung nach § 626 I BGB berechtigen würde. Bereits die vorstehenden Ausführungen weisen darauf hin, dass letztlich von einer beharrlichen und hartnäckigen Pflichtverletzung seitens des Beteiligten zu 3) noch nicht ausgegangen werden kann. Dieser hat zwar nach den ständigen Verspätungen im Januar 2001 am 05.02.2001 eine Abmahnung erhalten, die in ihrer Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Auch danach hat der Beteiligte zu 3) sich weitere Verspätungen zu schulden kommen lassen. Insgesamt ist aber vom Arbeitgeber nicht nachgewiesen worden, dass sich hieraus der nachhaltige Wille des Beteiligten zu 3) ergibt, seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen, insbesondere zum pünktlichen Erscheinen zum Arbeitsbeginn, nicht nachkommen zu wollen. Hinzu kommt, dass die mehrfachen Verspätungen des Beteiligten zu 3) an seinem Arbeitsplatz nicht zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf geführt haben. Soweit der Arbeitgeber darauf hinweist, dass es zwangsläufig zu Betriebsablaufstörungen komme, soweit eine der Maschinen nicht besetzt und betätigt werde, mag dies zwar richtig sein. Zwischen den Beteiligten ist jedoch unstreitig, dass der Beteiligte zu 3) an einem Einzelarbeitsplatz eingesetzt ist, an dem er alleine eine Säge bedienen muss; die gesägten Werkstücke werden gesammelt und erst später einer weiteren Bearbeitung zugeführt. Zwar können sich Verspätungen eines Arbeitnehmers unmittelbar als Störung des Arbeitsverhältnisses im Leistungsbereich und auch als Beeinträchtigung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung (Äquivalenzstörung) auswirken. Ob die Fehlzeiten eines Arbeitnehmers sich über diese Störungen im Leistungsbereich hinaus auch noch konkret nachteilig auf den Betriebsablauf oder auf den Betriebsfrieden auswirken, ist zwar nicht als Eignung für den Kündigungsgrund, sondern für die im Rahmen der Interessenabwägung wesentlichen weiteren Auswirkungen der Pflichtverletzung von Bedeutung.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitgeber hat Betriebsablaufstörungen nicht substantiiert nachweisen können

LAG Hamm: „Derartige Betriebsablaufstörungen sind aber vom Arbeitgeber nicht substantiiert vorgetragen worden. Hinzu kommt, dass auch eine Störung des Arbeitsverhältnisses im reinen Leistungsbereich, im Verhältnis von Leistung und Gegenleistung, nicht gegeben ist. Zwischen den Beteiligten ist nämlich unstreitig, dass Verspätungen als Minuszeiten im 15-Minuten-Takt berücksichtigt werden und insoweit ein Lohnabzug erfolgt. Dies hat zwar nicht zur Folge, dass bereits eine Pflichtverletzung seitens des Beteiligten zu 3) verneint werden könnte. Jedes Mal wenn der Beteiligte zu 3) verspätet zur Arbeit erscheint, ist er mit der Erfüllung seiner Arbeitsaufnahme in Verzug. Das Gewicht der Pflichtverletzung seitens des Beteiligten zu 3) erscheint jedoch insoweit in einem anderen Licht und minder schwer.“ Quelle: Beck-online.de

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