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Die Mitarbeiterfortbildung und ihre Folgen

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Häufig wollen Beschäftigte eine Weiterbildung bzw. eine Fortbildung machen. Soweit sie mit der beruflichen Tätigkeit im Zusammenhang steht, erklären sich viele Arbeitgeber bereit, die dabei entstehenden Kosten zu übernehmen und ihren Mitarbeiter bezahlt freizustellen. Umso ärgerlicher ist es für den Chef, wenn der Arbeitnehmer nach erfolgreich absolvierter Fortbildung bzw. Weiterbildung kündigt und das neu erworbene Wissen beim Konkurrenten anwendet. Um unliebsame Überraschungen zu vermeiden, sollte daher bereits zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses geklärt werden, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Mitarbeiterfortbildung möglich ist.

Anspruch auf Fortbildung?

Nicht jeder Beschäftigte hat einen Anspruch darauf, eine Fortbildung bzw. eine Weiterbildung machen zu können. Manche Bundesländer haben zwar den sog. Bildungsurlaub geregelt, wonach ein Arbeitnehmer an durchschnittlich fünf Tagen im Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Bildungsurlaub hat. Die Kosten der Fortbildung selbst muss der Chef aber aufgrund dieser gesetzlichen Regelungen nicht zahlen. In z. B. Baden-Württemberg oder Bayern fehlt übrigens eine Bestimmung zum Bildungsurlaub, sodass die Arbeitgeber in den betroffenen Bundesländern weder die Fortbildungskosten übernehmen noch ihre Angestellten zum Zwecke der Fortbildung bezahlt freistellen müssen. Arbeitgeber können sich jedoch stets freiwillig im Rahmen eines Arbeitsvertrags, Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder auch in einer gesonderten Vereinbarung dazu verpflichten, ihre Mitarbeiter zur Durchführung einer Fortbildung z. B. bezahlt freizustellen, ihnen Sonderurlaub zu genehmigen, ihre Arbeitszeit vorübergehend zu verringern oder sogar die Fortbildungskosten (Seminargebühren etc.) selbst zu zahlen.

Verlangt der Arbeitgeber dagegen von seinen Beschäftigten die Teilnahme an einer Fortbildung bzw. Weiterbildung, muss er auch sämtliche hierbei entstandene Kosten übernehmen. Außerdem muss beachtet werden, dass die normale Einarbeitung zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses keine Fortbildung darstellt; das gilt auch dann, wenn der Beschäftigte dabei neue Fähigkeiten erlernt. Der Arbeitgeber ist vielmehr arbeitsvertraglich dazu verpflichtet, den neuen Mitarbeiter in seine Tätigkeit einzuweisen und in dieser Zeit den vollen Lohn zu zahlen.

Steuerrechtliche Auswirkungen

Betriebsausgaben

Sofern der Arbeitgeber sämtliche Fortbildungskosten bezahlt hat, kann er sie als Betriebsausgaben von der Steuer absetzen. In diesem Zusammenhang ist übrigens nicht zu unterscheiden, ob der Mitarbeiter Lehrgänge besucht hat, die ihm etwa höhere Qualifikationen verleihen (Weiterbildung) oder Kurse, die ihm lediglich bereits erworbene berufliche Fähigkeiten erhalten sollen (Fortbildung). In beiden Fällen liegen nämlich Betriebsausgaben des Arbeitgebers vor. Zu berücksichtigen sind damit z. B. die Seminargebühren, Fahrtkosten, Ausgaben für Fachliteratur oder auch Übernachtungskosten.

Vorsteuer

Wurde die Vorsteuer auf der Rechnung ordnungsgemäß ausgewiesen, kann der Arbeitgeber sie beim Finanzamt geltend machen und von seiner Umsatzsteuerschuld abziehen.

Lohnsteuer

Auch Lohnsteuer kann anfallen, wenn die Fortbildung nicht im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt. Denn dann gehört der Wert der vom Chef gezahlten Fortbildungskosten zum Arbeitslohn, weil dem Mitarbeiter mit der Fortbildung ein geldwerter Vorteil zugutekommt. Ein „ganz überwiegendes betriebliches Interesse“ wird angenommen, wenn mit der Fortbildung die Einsatzfähigkeit des Angestellten im Betrieb seines Chefs erhöht werden soll, z. B. Besuch eines Meisterkurses.

Bindung des Mitarbeiters ist zulässig

Bindungsmöglichkeiten

Um zu verhindern, dass der Mitarbeiter die Fortbildung abbricht oder nach erfolgreicher Absolvierung kündigt, wollen viele Arbeitgeber ihre Angestellten zumindest für eine bestimmte Zeit an sich binden. Hierfür stehen dem Arbeitgeber mehrere Vorgehensweisen zur Verfügung:

  1. Die Kosten für die Fortbildung bzw. Weiterbildung werden als Arbeitgeberdarlehen gewährt.
  2. Arbeitgeber und geförderter Angestellter vereinbaren, dass dieser für einen bestimmten Zeitraum nicht ordentlich kündigen darf.
  3. Zwischen den Arbeitsvertragsparteien wird eine sog. Rückzahlungsklausel vereinbart.

Nötig ist daher immer eine schriftliche Abmachung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Außerdem ist eine derartige Bindung nur zulässig, wenn die Fortbildungsmaßnahme dem Beschäftigten auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bessere Chancen bieten würde und ihm nicht nur betriebsspezifisch bei der jetzigen Tätigkeit weiterhilft.

Die Rückzahlungsklausel

Besonders häufig wird die Rückzahlungsklausel verwendet. Sie muss aber noch vor Beginn der Fortbildung vereinbart werden und darf den Mitarbeiter nicht unangemessen lange binden. So ist etwa eine Bindungsdauer von sechs Monaten bei einer Fortbildungsdauer von bis zu einem Monat zulässig. Sie darf aber mehr als fünf Jahre bei einer Fortbildungsdauer von bis zu zwei Jahren nicht übersteigen. Eine längere Bindung ist jedoch erlaubt, wenn der Chef erhebliche Mittel aufgewendet hat oder mit der Fortbildung eine besonders hohe Qualifikation erlangt wird. Der verlangte Rückzahlungsbetrag darf außerdem nicht höher sein als die tatsächlichen Fortbildungskosten und muss sich für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit verringern.

Bricht der Mitarbeiter die Fortbildung ab oder kündigt er innerhalb des Bindungszeitraums, muss er die vom Chef übernommenen Kosten zurückzahlen. Ein Rückzahlungsanspruch des Chefs besteht jedoch nicht bei Unwirksamkeit der Klausel. Das ist z. B. der Fall, wenn die Rückzahlungspflicht an jegliches Ausscheiden des Mitarbeiters geknüpft wird. Schließlich wäre es unangemessen, wenn der Mitarbeiter die Fortbildungskosten zurückzahlen muss, obwohl er sein Ausscheiden aus dem Betrieb – z. B. aufgrund einer betriebs- oder personenbedingten Kündigung durch den Chef – nicht beeinflussen konnte.

Fazit: Arbeitgeber übernehmen häufig die Kosten einer Fort- bzw. Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. Hierzu sind sie aber nicht verpflichtet. Auch können sie die Kosten unter Umständen zurückverlangen – aber nur, wenn dies vor Beginn der Fort- bzw. Weiterbildung mit dem betreffenden Mitarbeiter vereinbart wurde.

(VOI)

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