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Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz: Fragen und Antworten

  • 6 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Das Infektionsschutzgesetz sieht Entschädigungen für Personen vor, die infolge von Schutzmaßnahmen Verdienstausfälle erleiden.
  • Die Entschädigung zahlt das jeweilige Bundesland, in dem das Verbot erlassen worden ist.
  • Die Entschädigung musste zunächst innerhalb von drei Monaten nach Beginn eines Tätigkeitsverbots oder nach Ende der Quarantäne gestellt werden, inzwischen beträgt die Frist 24 Monate.
  • Anträge auf Entschädigung sind seit 27. April 2020 vorrangig über die Seite www.ifsg-online.de zu stellen
  • Die Entschädigung erhält laut Infektionsschutzgesetz nicht, wer insbesondere eine Schutzimpfung in Anspruch nehmen kann.
  • Von dieser Möglichkeit wollen alle Bundesländer spätestens ab 1. November 2021 für impffähige ungeimpfte Personen Gebrauch machen, einige jedoch bereits vorher.

Um die Ausbreitung des Coronavirus Covid-19 zu bremsen, befinden sich viele Menschen in Quarantäne oder unterliegen einem Tätigkeitsverbot. Das führt zu Verdienstausfällen. Für diese Fälle regelt das Infektionsschutzgesetz in § 56 Infektionsschutzgesetz die Möglichkeit einer Entschädigung. Hier sind wichtige Fragen und Antworten.

Wer hat Anspruch auf Entschädigung?

Als Entschädigungsberechtigte in Frage kommen Ausscheider, Ansteckungsverdächtige, Krankheitsverdächtige oder sonstige Träger von Krankheitserregern.

Weitere Voraussetzung ist, dass diese Personen einem Verbot in der Ausübung ihrer bisherigen Erwerbstätigkeit unterliegen und sie dadurch einen Verdienstausfall erleiden.

Oder sie befinden sich als Ausscheider oder Ansteckungsverdächtige in einer angeordneten Quarantäne.

Ausscheider haben jedoch nur dann einen Entschädigungsanspruch, wenn sie keine anderen Schutzmaßnahmen befolgen können. Ausscheider sind insofern Personen, die Krankheitserreger ausscheiden und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein können, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein.

Neu hinzugekommen ist ein Entschädigungsanspruch für beschäftigte Eltern oder Pflegeeltern, die ihre Kinder aufgrund geschlossener Schule, Kita oder vergleichbarer Betreuung selbst betreuen müssen und nicht arbeiten können. Die Kinder müssen unter zwölf Jahre alt sein oder aufgrund einer Behinderung auf Betreuung angewiesen sein. Die Entschädigung wird für bis zu zehn Wochen bzw. Alleinerziehenden für bis zu 20 Wochen gezahlt.

Bei Arbeitnehmern zahlt der Arbeitgeber für bis zu sechs Wochen den Lohn weiter. Arbeitgeber erhalten die Zahlungen auf Antrag dann von der zuständigen Behörde zurück. Zuständige Behörde ist in der Regel das Gesundheitsamt.

Kann die Entschädigung verweigert werden, etwa für ungeimpfte Personen?

Das Infektionsschutzgesetz sieht jedoch in § 56 Abs. 1 S. 4 IfSG eine Einschränkungsmöglichkeit vor: Eine Entschädigung erhält nicht, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung oder anderen Maßnahme der spezifischen Prophylaxe, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, oder durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.

Rückkehrern aus Risikogebieten, die bereits bei Abreise als solche ausgewiesen waren, kann infolge einer seit 19. November 2020 geltenden Änderung des Infektionsschutzgesetzes keine Entschädigung für quarantänebedingte Einkommensausfälle verweigert werden.

In einer gemeinsamen Beratung im September 2021 haben die Gesundheitsminister sich zudem darauf geeinigt von dieser Regelung für impffähige, aber dennoch ungeimpfte Personen spätestens ab 1. November 2021 Gebrauch zu machen. Einige Bundesländer machen bereits vor dem 1. November 2021 davon Gebrauch: Baden-Württemberg seit 15. September 20210, das Saarland ab 27. September 2021, Rheinland-Pfalz ab 1. Oktober 2021 und Niedersachsen ab 11. Oktober 2021. Arbeitgeber, die in Vorleistung gehen und die Entschädigung erst später erhalten, sollen im Zuge dessen den Impfstatus von Mitarbeitern erfragen dürfen.

Die Regelung wurde dabei bereits vor der Corona-Pandemie ins Infektionsschutzgesetz aufgenommen im Rahmen der verpflichtenden Masernschutzimpfung. Eine spezifische Prophylaxe gegen eine Covid-19-Erkrankung existiert dagegen noch nicht.

Wie hoch ist die Entschädigung?

  • Angestellte und Arbeitnehmer: In Höhe des Netto-Arbeitsentgelts. Dieser erhöht sich um Kurzarbeitergeld bei einem Anspruch, der bestünde, wenn man nicht aufgrund der Anordnung an der Arbeitsleistung verhindert wäre.
  • Heimarbeiter: das im Durchschnitt des letzten Jahres vor Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder vor der Absonderung verdiente monatliche Arbeitsentgelt
  • Selbstständige: ein Zwölftel des Arbeitseinkommens aus der entschädigungspflichtigen Tätigkeit

    Arbeitseinkommen ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Einkommen ist als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist.

    Für Landwirte, deren Gewinnermittlung sich nach § 13a Einkommensteuergesetz richtet, ist Arbeitseinkommen der sich aus § 32 Abs. 6 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte ergebende Wert.

Welche Entschädigungen sind zusätzlich möglich?

Auf Antrag werden Mehraufwendungen in angemessenen Umfang erstattet, wenn eine Existenzgefährdung vorliegt. 

Selbstständige, deren Betrieb oder Praxis ruht, erhalten neben der Entschädigung angemessenen Ersatz weiterlaufender nicht gedeckter Betriebsausgaben wie etwa für Gewerbemiete oder Versicherungen.

Bei einer Existenzgefährdung können den Entschädigungsberechtigten die während der Verdienstausfallzeiten entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag in angemessenem Umfang von der zuständigen Behörde erstattet werden.

Was kann von der Entschädigung abgezogen werden?

Von der Entschädigung wird abgezogen: 

  • Bisher noch gezahltes Arbeitsentgelt. Als Verdienstausfall gilt, was im Vergleich zum Folgemonat nach dem Verbot mehr verdient wurde.
  • Arbeitgeberzuschüsse, die den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigen.
  • Netto-Arbeitsentgelt, das aufgrund einer Ersatztätigkeit verdient wurde, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt.
  • Netto-Arbeitsentgelt, das aufgrund einer möglichen Ersatztätigkeit hätte verdient werden können, wenn man die Gelegenheit dazu böswillig nicht genutzt hat, soweit es zusammen mit der Entschädigung den tatsächlichen Verdienstausfall übersteigt. Böswillig bedeutet, dass man grundlos zumutbare Arbeit abgelehnt hat oder vorsätzlich verhindert hat, dass ihm zumutbare Arbeit angeboten wird.
  • Arbeitslosengeld, das dem Entschädigungsberechtigten hätte gewährt werden müssen. Auf eventuelle geltende Ruhenszeit, wie etwa bei einer Eigenkündigung, kommt es nicht an.

Treffen die letzten beiden Punkte zu, wird der sich jeweils höhere ergebende Betrag von der Entschädigung abgezogen.

Was gilt bei zwischenzeitlich eintretender Arbeitsunfähigkeit?

Auch nach dem Zeitpunkt der Arbeitsunfähigkeit besteht Anspruch auf Entschädigung. Erstattungsansprüche für Zahlungen aufgrund von Ansprüchen wegen der Arbeitsunfähigkeit, wie etwa nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz oder aufgrund einer privaten Versicherung, gehen dann auf das Bundesland über, das die Entschädigung leisten muss.

Was gilt bei anderen Ersatzleistungen wie z. B. Arbeitslosengeld?

Auch anderweitige gesetzliche Ansprüche auf Ersatz des Verdienstausfalls gehen auf das Bundesland über, welches die Entschädigung zu zahlen hat.

Wird Kurzarbeitergeld oder Arbeitslosengeld im gleichen Zeitraum gewährt, in dem Entschädigung gewährt wird, geht der Erstattungsanspruch auf die Bundesagentur für Arbeit über.

Wie lange wird die Entschädigung gezahlt?

Für die ersten sechs Wochen in Höhe des Verdienstausfalls. Ab der siebten Woche in Höhe des Krankengeldes. Endet das Arbeitsverhältnis vorher, endet die Zahlung entsprechend früher.

Wann erfolgt die Zahlung?

Arbeitnehmer sollen die Entschädigung so erhalten, wie sie bisher ihr Arbeitsentgelt erhalten haben. Andere Entschädigungsberechtigte erhalten sie jeweils zum Monatsersten für den abgelaufenen Monat.

Wer zahlt die Entschädigung?

Die Entschädigung zahlt das dazu verpflichtete Bundesland aufgrund eines entsprechenden Antrags, der weiter unten erläutert wird.

Sind Vorschusszahlungen möglich?

Ja, Arbeitgeber, in Heimarbeit Beschäftigte und Selbstständige können auf Antrag bei der zuständigen Behörde einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Entschädigung erhalten.

Welche Fristen sind für den Antrag zu beachten?

Der Antrag musste innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit oder nach Ende der Quarantäne bei der zuständigen Behörde gestellt werden beziehungsweise ab 27. April 2020 über die Seite www.ifsg-online.de, die das Bundesinnenministerium betreibt. Inzwischen beträgt die Frist 24 Monate statt drei Monate. Zuständige Behörde für den Antrag ist in der Regel auch das Gesundheitsamt. Vorrangig sollen Betroffene jedoch die Seite www.ifsg-online.de nutzen.

Wer muss den Antrag stellen?

Arbeitgeber, wenn sie weiter Lohn für ihre Arbeitnehmer zahlen bzw. gezahlt haben. Bei in Heimarbeit Beschäftigten ist es der Auftraggeber.

Selbstständige müssen den Antrag auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz selbst stellen.

Was wird für den Antrag benötigt?

Von Arbeitnehmern eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers, aus der das Arbeitsentgelt und die gesetzlichen Abzüge hervorgehen. Von in Heimarbeit Beschäftigten ist eine entsprechende Bescheinigung ihres Auftraggebers erforderlich.

Selbstständige müssen eine Bescheinigung des Finanzamtes über die Höhe ihres letzten beim Finanzamt nachgewiesenen Arbeitseinkommens vorlegen. Ist das nicht möglich, können andere Nachweise verlangt werden.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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