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Nicht pünktlich am Arbeitsplatz wegen Schnee und Glatteis – was droht bei Verspätung?

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion
  • Arbeitnehmer, die wegen winterlicher Straßenverhältnisse zu spät zur Arbeit kommen, können keine Vergütung verlangen.
  • Abmahnung oder gar Kündigung drohen erst, wenn sie die Verspätung hätten vermeiden können, weil das Wetter vorhersehbar war.
  • Arbeitnehmer sollten ihre Arbeitgeber auf jeden Fall über die drohende Verspätung informieren.

Schneemassen zum Ferienende machten die Rückreise für viele Winterurlauber zur Odyssee. Einige kommen deshalb zu spät zur Arbeit. Mit welchen Folgen müssen sie rechnen – und mit welchen nicht?

„Ohne Arbeit, kein Lohn“ …

… ist ein Spruch, den die meisten sicher schon mal gehört haben. Dabei handelt es sich auch um einen wichtigen arbeitsrechtlichen Grundsatz. Der gilt jedoch nicht immer. Bezahlter Urlaub ist beispielsweise eine aus Arbeitnehmersicht besonders angenehme Ausnahme davon. Eine weitere Ausnahme ist die Entgeltfortzahlung bei Krankheit oder im Mutterschutz bei Schwangerschaft.

Was ist aber, wenn jemand wegen Schnee oder Glatteis unpünktlich zur Arbeit kommt? Die Schuld an Regen oder Schnee und Glatteis lässt sich keinem geben – und das Wetter sucht sich ähnlich wie das Kranksein niemand aus. Im Krankheitsfall gibt's bekanntlich Lohnfortzahlung. Wie schaut’s daher bei wetterbedingter Arbeitsunfähigkeit aus? Wie für so vieles enthält das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) auch Regeln zum Arbeitsleben ab § 611 BGB.

Besteht Anspruch auf Arbeitslohn bei persönlicher Verhinderung?

Im besten Juristendeutsch liest man ein paar Paragrafen im mit „Vorübergehende Verhinderung“ überschriebenen § 616 BGB: „Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird.“

Einfacher ausgedrückt heißt das: Ein Beschäftigter kann, wenn er aufgrund persönlicher Umstände unverschuldet nicht arbeiten kann, weiter seinen Lohn verlangen. Entscheidend ist, ob persönliche Umstände vorliegen. Das „persönlich“ ist hier so zu verstehen, dass die Verhinderung an der eigenen Person des Arbeitnehmers anknüpft. Anerkannt als in der Person liegende Gründe sind z. B. familiäre Ereignisse wie die Geburt eigener Kinder, eine Hochzeit oder eine Beerdigung im engen Familienkreis. Grund für eine Verhinderung kann auch ein persönlicher Unglücksfall sein. Dazu zählt beispielsweise ein Verkehrsunfall, aber nur dann, wenn man keine Schuld daran hatte.

Welche Folgen haben wetterbedingte Verspätungen für Arbeitgeber und für Arbeitnehmer?

Ist dagegen eine Vielzahl von Personen betroffen, wie etwa durch glatte Straßen, gilt der Verhinderungsgrund nicht mehr als persönlich. Denn nach § 616 BGB muss der Arbeitgeber nur solche Risiken seiner Arbeitnehmer übernehmen, die jeweils einen einzelnen von ihnen persönlich betreffen. Nicht mehr persönlich sind deshalb Risiken, die viele Beschäftigte in gleicher Weise betreffen. In solchen Situationen trägt der Arbeitnehmer das Risiko allein. Dazu gehört insbesondere das Wegerisiko, also das Risiko zum Beispiel aufgrund von Stau und unpassierbarer Straßen, zu spät oder nicht zur Arbeit zu kommen.

Liegt gleichzeitig ein persönliche Verhinderung vor, kann § 616 BGB anwendbar sein. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn das eigene Kind nicht zur Schule kommt und betreut werden muss.

Ansonsten werden Arbeitgeber und -nehmer von ihren gegenseitigen Pflichten befreit: Der Arbeitgeber wird von seiner Pflicht zur Lohnzahlung befreit, weil § 616 BGB mangels persönlicher Verhinderung nicht anwendbar ist. Es gilt dann der Grundsatz: „ohne Arbeit, kein Lohn“. Der Arbeitnehmer wird von seiner Arbeitspflicht befreit, wenn ihm das Arbeiten fern vom Arbeitsplatz unmöglich ist. Dennoch sollte der Arbeitgeber über die Verspätung so früh wie möglich informiert werden.

Müssen Arbeitnehmer sich auf schlechtes Wetter einstellen?

Ja, von Arbeitnehmern kann verlangt werden, dass sie sich auf erkennbare Risiken rechtzeitig einstellen. Bei der Vorhersage schlechten Wetters ist es Beschäftigten zumutbar, dass sie sich früher als sonst auf den Weg zur Arbeit begeben oder andere Möglichkeiten wahrnehmen, damit sie nicht zu spät am Arbeitsplatz erscheinen. Das bedeutet auch: Kommt ein Arbeitnehmer trotz entsprechender Kenntnisse zu spät zur Arbeit, kann eine Abmahnung trotz verschneiter Straßen gerechtfertigt sein. Im Wiederholungsfall kann sogar eine Kündigung drohen.

(GUE)

Foto(s): ©Shutterstock.com

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