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Raus durch Arbeitsunfall in der Probezeit

  • 2 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Einem Beschäftigten, der in der Probezeit einen Arbeitsunfall erleidet und dadurch längere Zeit ausfällt, darf gekündigt werden. Unfallgrund darf aber nicht grobe Fahrlässigkeit des Arbeitgebers sein. Der Kläger war seit Kurzem als Radladerfahrer bei dem beklagten Unternehmen beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah eine sechsmonatige Probezeit vor. Beim Aussteigen aus der Maschine rutschte er auf dem eisglatten Betriebsgelände aus. Eine schwerere Wirbelsäulenverletzung und die nicht vorhersehbare Arbeitsunfähigkeit von einem Jahr war die Folge. Sein Arbeitgeber kündigte ihm deshalb kurz vor Ablauf der Probezeit.

Vorgehen ist nicht in jedem Fall sittenwidrig

Da der Kläger noch keine sechs Monate im Betrieb beschäftigt war, konnte er sich nicht auf das Kündigungsschutzgesetz berufen. Er behauptete aber, die Kündigung sei sittenwidrig erfolgt und deshalb unwirksam. Der Arbeitgeber habe schließlich das Glatteis auf dem Betriebsgelände und den zur Entlassung führenden Arbeitsunfall mit zu verantworten gehabt. Wer die Verkehrssicherungspflichten grob fahrlässig verletze, dürfe das nicht ausnutzen, so der Kläger. Entsprechendes bestimme nicht nur das deutsche Zivilrecht, sondern auch die Grundrechtecharta der EU. Der Arbeitgeber berief sich dagegen auf sein freies Kündigungsrecht in der Probezeit. Im Übrigen treffe ihn keine Schuld an der Sturzursache. Die Richter stellten klar, dass dem Kläger Recht zu geben sei, wenn wirklich grobe Fahrlässigkeit vorliege und der Arbeitgeber deshalb kündigte. Allein im Zusammenhang mit einer Arbeitsunfähigkeit oder einem Arbeitsunfall in der Probezeit zu kündigen, genüge jedoch nicht.

Grundrechtecharta findet keine Anwendung

Die Richter wollten deshalb genauer wissen, wie es der Arbeitgeber mit seiner Verkehrssicherungspflicht hielt. Sie befragten dazu einen Zeugen. Der erklärte, das erforderliche Streugut sei vorhanden und die Arbeitnehmer sorgten selbst für die Absicherung der notwendigen Wege. Eine umfassende Räumung sei aufgrund des weitläufigen Areals und der extremen Wetterbedingungen nicht möglich gewesen. Die Richter erkannten darin allenfalls eine leichte Fahrlässigkeit des Arbeitgebers. Der Arbeitsunfall sei insofern ein typischer Glatteisunfall. Dem Vorwurf treuwidrigen Kündigungsverhaltens könne daher nicht gefolgt werden. Die Grundrechtecharta, auf die sich der Kläger ebenfalls berief, finde zudem nur Anwendung für, aber nicht in den EU-Mitgliedstaaten. Das heißt, sie gilt zwischen Staat und Bürger. Das Verhältnis unter Privaten berührt sie allenfalls in krassen Fällen, wie etwa der Behindertendiskriminierung. Das stehe hier nicht zur Debatte. Die Kündigung erging rechtmäßig und berührt keine Rechtsgrundsätze. Die Revision wurde daher nicht zugelassen.

(LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 05.07.2011, Az.: 22 Sa 11/11)

(GUE)

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