Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Anspruch auf Weihnachtsgeld – Anrechnung auf den Mindestlohn?

  • 4 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Nun steht wieder die Zeit des Schenkens und Beschenktwerdens bevor und auch viele Arbeitgeber gewähren ihren Mitarbeitern regelmäßig ein Weihnachtsgeld. Aber wer hat Anspruch darauf, was sind die Folgen und wie ist das Verhältnis zum Anfang 2015 neu eingeführten Mindestlohn? Der folgende Artikel gibt einen aktuellen Überblick zur Rechtslage.

Der Anspruch auf Weihnachtsgeld

Nicht alle Arbeitnehmer bekommen eine Weihnachtsgratifikation. Nur wenn es eine konkrete Rechtsgrundlage gibt, müssen Arbeitgeber solche Sonderzahlungen leisten. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:

Festlegung im Arbeits- oder Tarifvertrag

Viele Arbeitsverträge regeln neben dem üblichen Monatslohn auch gleich entsprechende Sonderzahlungen. Um spätere Streitigkeiten zu vermeiden, sollten insbesondere die Höhe und Fälligkeit der Gratifikation benannt sein. Die Abrechnung und Auszahlung des Weihnachtsgeldes erfolgt meistens mit dem Novembergehalt, die Höhe entspricht oft einem weiteren Monatslohn. Möglich sind aber ebenso die Vereinbarung fester Geldbeträge oder andere Berechnungen anhand von Unternehmenskennzahlen.

Auch in Tarifverträgen sind oft Ansprüche auf Sonderzahlungen festgeschrieben. Ist der Tarifvertrag für das Arbeitsverhältnis unmittelbar einschlägig oder wird im Arbeitsvertrag ausdrücklich darauf verwiesen, haben entsprechende Mitarbeiter auch einen, zur Not vor dem Arbeitsgericht einklagbaren, Anspruch auf die Gratifikation.

Ansprüche aus betrieblicher Übung

Ohne schriftliche vertragliche Regelungen können Ansprüche auch aufgrund einer sogenannten betrieblichen Übung entstehen. Zahlt ein Arbeitgeber mehrfach ohne Vorbehalt ein Weihnachgeld aus, dürfen seine Beschäftigten unter Umständen auch in zukünftigen Jahren eine entsprechende Sonderzahlung einfordern. Schwierig wird es, wenn die Höhe nicht immer gleich oder zumindest auf gleicher Grundlage berechnet war. Auch dann könnte zwar prinzipiell ein Weihnachtsgeldanspruch entstehen, den der Arbeitgeber aber unter Umständen auf 0 Euro festsetzen könnte.

Wollen Unternehmen die Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung gleich ganz verhindern, müssen sie diesen Vorbehalt eindeutig zum Ausdruck bringen: Es wird bestimmt, dass es sich entweder um eine stets freiwillige oder um eine widerrufliche Leistung handelt. Keinesfalls darf aber beides kombiniert werden! Solche Klauseln hält das Bundesarbeitsgericht (BAG) für widersprüchlich und damit unwirksam. Es bliebe hier nämlich unklar, ob ein (widerruflicher) Anspruch entstehen soll oder nicht. Freiwillig gebliebene Leistungen könnten und müssten schließlich nicht widerrufen werden. Dementsprechend sollte ein besonderes Augenmerk auf die konkrete Formulierung gelegt werden.

Steuer und Sozialversicherung

Auch Sonderzahlungen sind prinzipiell dem Einkommen der Arbeitnehmer zuzuordnen. Sie sind dementsprechend lohn- bzw. einkommensteuerpflichtig und auch bei den Beiträgen zur Sozialversicherung zu berücksichtigen. Manche Arbeitgeber spendieren statt Geld lieber andere Geschenke in Form von Sachwerten oder Gutscheinen. Je nach Ausgestaltung – beispielsweise ob der Gutschein für einen Eurobetrag oder für eine bestimmte Warenmenge (z. B. 40 Liter Benzin) gilt und ob bestimmte Wertgrenzen eingehalten sind – lassen sich damit unter Umständen Abgaben vermeiden oder zumindest reduzieren.

Ähnliches gilt auch für die Weihnachtsfeier, bei der der Chef wie üblich die Kosten für Speisen, Getränke und ein etwaiges Rahmenprogramm übernimmt. Damit diese Aufwendungen lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei bleiben können, sollten sie 110 Euro pro Mitarbeiter nicht überschreiten. Die Einzelheiten sollten im Zweifel vorher mit dem Steuerberater abgesprochen werden.

Anteilige Gewährung und Rückforderung

Wer nicht das ganze Jahr im Betrieb beschäftigt war, hat unter Umständen nur Anspruch auf einen der Beschäftigungsdauer entsprechenden Anteil der Sonderzahlung. Manche Verträge sehen allerdings auch einen Stichtag – beispielsweise den 01.11. jedes Jahres – vor, an dem das Arbeitsverhältnis noch bestehen muss, damit ein Anspruch auf Weihnachtsgeld entsteht. Ähnliches gilt für Rückforderungsmöglichkeiten. Manche Arbeitgeber behalten sich vertraglich vor, die Gratifikation zurückzufordern, wenn beispielsweise der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis innerhalb der nächsten 3 Monate nach der Auszahlung selbst kündigt.

Für die Wirksamkeit solcher Vertragsklauseln kann unter anderem die rechtliche Einordnung der Sonderzahlung eine Rolle spielen. Soll es sich um Lohn für die bereits geleistete Arbeit handeln oder soll damit die (auch zukünftige) Betriebstreue honoriert werden? Im ersten Fall hat sich der Arbeitnehmer die Gratifikation erarbeitet, sodass sie ihm regelmäßig auch nicht mehr weggenommen werden kann. Beim Ausscheiden aus dem Unternehmen besteht entsprechend Anspruch auf den bereits erarbeiteten Anteil der Sonderzahlung. Steht dagegen die Betriebstreue im Vordergrund, ist das nicht der Fall, sodass ein Gratifikationsanspruch auch entfallen kann. Die Abgrenzung ist aber im Einzelfall sehr schwierig, da meist eine Kombination aus beidem vorliegt.

Anrechenbarkeit auf den Mindestlohn

Seit Anfang des Jahres 2015 gilt nun der allgemeine Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde. Manche Arbeitgeber meinten, trotzdem weiterhin geringere Löhne zahlen zu können, da dies ja am Jahresende durch die Sonderzahlung ausgeglichen werde. Das geht jedoch nicht, da der erarbeitete Mindestlohn zeitnah ausgezahlt werden muss. Ein erst viel späteres Erreichen des Mindestlohns im Jahresdurchschnitt genügt hingegen nicht.

Auch eine Streichung der Sonderzahlung im Gegenzug für die aufgrund des Mindestlohngesetzes (MiLoG) erforderlich gewordene Lohnerhöhung scheitert aus den gleichen Gründen. Ein bestehender Anspruch auf Weihnachtsgeld darf nicht einfach so gestrichen werden, nur weil sich das Gehalt erhöht. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg hat erst im Oktober 2015 mehrere entsprechende Änderungskündigungen für unwirksam erklärt (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 02.10.2015, Az.: 9 Sa 570/15 u. a.).

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: