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Aufhebungsvertrag: Verzicht auf Urlaubsabgeltung zulässig?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Wollen ein Arbeitgeber und sein Beschäftigter das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden, bietet sich der Abschluss eines Aufhebungsvertrags an. Hier muss man z. B. keine Kündigungsfristen einhalten und keinen Kündigungsgrund haben, man kann den Inhalt eines Arbeitszeugnisses aushandeln oder auch eine Abfindung vereinbaren. Doch kann man in einem Aufhebungsvertrag auch auf seinen Urlaubsabgeltungsanspruch verzichten?

Urlaubsabgeltung trotz Abfindung?

Einer Product-Managerin standen laut Arbeitsvertrag 28 Urlaubstage pro Jahr zu, von denen sie 2012 lediglich acht nehmen konnte. Denn von September 2012 bis Anfang Oktober 2014 befand sie sich in Elternzeit. Ende Oktober 2014 schloss sie mit ihrem Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag. Danach sollte das Arbeitsverhältnis rückwirkend bereits am 30. September 2014 enden und die Angestellte eine vererbliche Abfindung in Höhe von 5000 Euro brutto erhalten. Hiermit sollten aber unter anderem auch alle noch bestehenden Urlaubsansprüche abgegolten sein.

Einige Zeit später zog die Product-Managerin jedoch vor Gericht. So verlangte sie insbesondere die Abgeltung von 12 Urlaubstagen, was der frühere Arbeitgeber jedoch verweigerte. Schließlich habe sie im Aufhebungsvertrag ausdrücklich auf bestehende Urlaubsansprüche verzichtet. Ansonsten hätte er als Arbeitgeber niemals eine so hohe Abfindung bezahlt oder sich auf den Aufhebungsvertrag eingelassen. Vielmehr hätte er eine ordentliche Kündigung ausgesprochen.

Beschäftigte geht leer aus

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg entschied, dass die Product-Managerin wirksam auf ihren Urlaubsabgeltungsanspruch verzichtet hatte – der Arbeitgeber musste daher keinen Cent mehr an sie zahlen.

Hat ein Beschäftigter bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch Anspruch auf Urlaub, kann ihm dieser verständlicherweise nicht mehr gewährt werden. Allerdings ist dieser Urlaubsanspruch dann nach § 7 IV Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) abzugelten – der ehemalige Beschäftigte erhält also für jeden nicht genommenen Urlaubstag Geld.

Früher: Kein Verzicht möglich

Um die genannte Zahlungspflicht sind Arbeitgeber früher nicht herumgekommen. Auch wenn sie z. B. in einem Vergleich oder Aufhebungsvertrag eine Klausel aufgenommen haben, wonach der Beschäftigte auf sämtliche Urlaubsansprüche verzichtet, so hielt das Bundesarbeitsgericht (BAG) dieses Vorgehen für unwirksam. Schließlich könne wenigstens auf den gesetzlichen Mindesturlaub nicht verzichtet werden. Und da die Urlaubsabgeltung nur ein Surrogat – also ein Ersatz – für nicht gewährten Urlaub ist, war ein Verzicht auf die Urlaubsabgeltung ebenfalls nicht erlaubt, sog. Surrogationstheorie.

Heute: Urlaubsabgeltung ist bloßer Zahlungsanspruch

Diese Surrogationstheorie hat das BAG mittlerweile aufgegeben. Urlaubsabgeltung stellt schließlich keinen Ersatz für den Urlaubsanspruch dar, denn während Urlaub der Erholung und Entspannung dienen soll, erhält der Beschäftigte bei der Urlaubsabgeltung „lediglich“ einen Geldbetrag. Dieser unterliegt Verfall- bzw. Ausschlussfristen, ist pfändbar, vererblich sowie verzichtbar.

Voraussetzung ist allerdings, dass die Verzichtserklärung erst abgegeben wird, wenn der Anspruch auf Urlaubsabgeltung bereits entstanden, das Arbeitsverhältnis also beendet ist. Der Beschäftigte muss theoretisch die Möglichkeit haben, seinen Anspruch geltend zu machen, bevor er auf ihn verzichtet. Man kann somit nicht im Voraus – etwa im Arbeitsvertrag – auf seinen Urlaubsabgeltungsanspruch verzichten.

Vorliegend hatte das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 30.09.2014 geendet, während die Beschäftigte erst im Oktober 2014 zeitgleich mit Abschluss des Aufhebungsvertrags auf ihren Urlaubsabgeltungsanspruch verzichtet hat. Damit war der Verzicht wirksam. Auch hatte sie für ihren Verzicht eine angemessene Gegenleistung – nämlich die Abfindung – erhalten. Der Arbeitgeber hatte nämlich nachvollziehbar erklärt, dass er ohne den Verzicht vielmehr ordentlich gekündigt oder eine geringere Abfindung gezahlt hätte. Somit konnte die Beschäftigte keine Urlaubsabgeltung mehr verlangen.

Fazit: Während Beschäftigte nicht auf ihren gesetzlichen Mindesturlaub verzichten können, ist ein Verzicht auf Urlaubsabgeltung durchaus möglich. Der ist nämlich nur ein Zahlungsanspruch und damit kein Ersatz für Urlaub, der der Erholung von Beschäftigten dienen soll.

(LAG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 19.02.2016, Az.: 8 Sa 1923/15)

(VOI)

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