Betriebsrat beleidigt Arbeitskollegen in der Betriebsratssitzung - fristlose Kündigung gerechtfertigt

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„Beleidigt ein bereits einschlägig abgemahntes Mitglied des Betriebsrats einen Kollegen mit dunklerer Hautfarbe in Anwesenheit mehrerer anderer Kollegen durch den Ausstoß von Affenlauten wie "Ugah Ugah", so kann darin ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB erkannt werden. Eine Beharrlichkeit des Pflichtverstoßes und damit eine nachhaltig negative Verhaltensprognose ist in einem solchen Fall insbesondere dann begründet, wenn nach Einschaltung der AGG-Beschwerdestelle der Beleidigende in der Anhörung durch den Arbeitgeber uneinsichtig äußert, sein Verhalten habe "der Auflockerung der Gesprächsatmosphäre" gedient und gehöre zum "gepflegten Umgang"; - so das Landesarbeitsgericht Köln Urteil vom 06.06.2019 - 4 Sa 18/19; Quelle: openJur 2019, 31018

Mitglied des Betriebsrats war seit 13 Jahren für den Arbeitgeber tätig; trotzdem stellt das LAG Köln klar: Schwere Beleidigungen rechtfertigen eine fristlose Kündigung

Das Landesarbeitsgericht stellt folgendes klar: „Indem der zuvor einschlägig abgemahnte Kläger dem Zeugen M gegenüber in der Betriebsratssitzung Affenlaute geäußert hat, hat er für eine fristlose Kündigung einen wichtigen Grund " an sich" gesetzt. Der vom Arbeitsgericht nach Beweisaufnahme und Beweiswürdigung angenommene Sachverhalt ist richtig. Der Kläger hat folglich dem Zeugen M gegenüber "Ugah Ugah", also Affenlaute geäußert. Die Äußerung des Zeugen "du Stricher" war eine Reaktion auf diese Affenlaute und geschah somit zeitlich nach dem "Ugah Ugah" des Klägers. Der Kläger hatte zuvor ein Abmahnungsschreiben erhalten, das zutreffend eine vom Kläger vorgenommene Beleidigung eines Kollegen beschrieb.“

Betriebsratssitzung ist kein – rechtsfreier Raum -

LAG Köln: „Die Tatsache, dass die Äußerung in einer Betriebsratssitzung erfolgt ist, ändert nichts. Die Betriebsratssitzungen sind nach § 30 Satz 4 BetrVG zwar nicht öffentlich. Daraus folgt aber weder, dass die Betriebsratssitzung ein rechtsfreier Raum wäre, noch folgt daraus, dass Berichte von Betriebsratsmitgliedern über den Verlauf der Sitzung einer gerichtlichen Verwertung entzogen wären, oder als Kündigungsgründe ausgeschlossen wären.“

Betriebsräte sollen Beschäftigte schützen, nicht massiv beleidigen und denunzieren

„Dass der Kläger ein Betriebsratsmandat hat, lässt sein Verhalten nicht in einem für ihn günstigeren Licht erscheinen. Im Gegenteil ist der Kläger als Mitglied des Gremiums gemäß § 104 BetrVG und § 75 BetrVG besonders verpflichtet, jeglicher Diskriminierung von Beschäftigten entgegen zu wirken.“ – so das Landesarbeitsgericht Köln in seinen Entscheidungsgründen herausstellend.

Rassistische Kommunikation begangen durch ein Mitglied des Betriebsrats ist geschäftsschädigend für den Arbeitgeber

LAG Köln: „Die Interessen der Beklagten an der sofortigen Entfernung des Klägers aus dem Betrieb überwiegen die Interessen des Klägers an seinem Verbleib. Die Beklagte führt ein international aufgestelltes Unternehmen. Schon aus wirtschaftlichem Gesichtspunkt hat sie ein vitales Interesse, sich als weltoffen und tolerant darzustellen. Rassistische Kommunikation ist vor diesem Hintergrund in hohem Maße geschäftsschädigend. Abgesehen von diesem wirtschaftlichen Interesse ist die Beklagte nicht nur aus § 241 Abs. 2 BGB, aus § 1, 7 AGG, aus § 75 Abs. 1 BetrVG und vielen anderen Vorschriften verpflichtet, Rassismus in ihrem Unternehmen zu unterbinden, es gehört vielmehr auch zu ihrem schlicht menschlichen Interesse, ihre Mitarbeiter vor diskriminierenden Angriffen zu schützen. Es sind deshalb aus ihrem Blickwinkel keine Gründe ersichtlich, wieso sie der Empfehlung der im Gemeinschaftsbetrieb gebildeten Beschwerdestelle, den Kläger aus dem Unternehmen auszuschließen, nicht folgen sollte.“

Schwere Beleidigung führt zur Selbstoffenbarung eines Diskriminierenden

Landesarbeitsgericht Köln wie folgt feststellend: Es geht hier nicht „um eine schlicht derbe Beleidigung eines Kollegen geht wie "Arschloch", "dumme Sau" oder "Stricher". Durch die Verbindung zu einem nach § 1 AGG verpönten Merkmal wird die schlichte Beleidigung - die lediglich ein Zeichen mangelnder Beherrschung und fehlender Erziehung wäre - zur Selbstoffenbarung eines Diskriminierenden und in diesem speziellen Fall: eines Rassisten.

Vorhalt des Arbeitnehmers:  Affenlaute seien nicht rassistisch gemeint, ist kein Entschuldigungsgrund, so das LAG Köln klarstellend

„Dabei kann sich der Kläger nicht auf schlichtes Bestreiten zurückziehen und darauf, die Affenlaute seien nicht rassistisch gemeint gewesen, "Affe" sei nichts anderes als "Sau", und auch Oliver Kahn sei mit Bananen beworfen worden…Aufgrund des so angenommenen wichtigen Grundes "an sich" konnte der Beklagten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden."

Negative Prognose für weitere rassistisch beleidigende Aussagen liegt vor

„Die Prognose, dass sich der Kläger seinen Kollegen gegenüber weiterhin rassistischbeleidigend äußern wird, ergibt sich aus der Nachhaltigkeit seines Verhaltens: Er war bereits wegen einer Beleidigung eines Kollegen, also wegen einer Pflichtverletzung aus dem gleichen Regelkreis, abgemahnt worden. Er war also gewarnt. Trotz dieser Warnung erlaubte sich der Kläger gegenüber dem Zeugen M die Affenlaute und trotz der Einleitung eines AGG-Verfahrens und trotz einer Aufforderung zur Stellungnahme unter Hinweis auf die Tatsache, dass sein Verhalten als rassistisch empfunden wird, antwortete er bagatellisierend, es handele sich um einen Teil des "gepflegten Umgangstons" im Betriebsratsgremium. Sein pflichtwidriges Verhalten war beharrlich, seine Selbstwahrnehmung uneinsichtig. Nichts sprach dafür, dass er bereit war, sein Verhalten zu ändern oder an der rassistischen Grundtendenz seiner Kommunikation zu arbeiten.“ – so das Landesarbeitsgericht in seinen Entscheidungsgründen festhaltend.

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung eines Betriebsrats? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Betriebsräten.


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