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Hartz IV-Teil 1: Bescheide aufmerksam prüfen

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anwalt.de-Redaktion
Seit Anfang des Jahres ist das "Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" in Kraft. Bei dieser auch „Hartz IV“ genannten Vorlage geht es um die Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum neuen Arbeitslosengeld II. Das sollen Personen im Alter zwischen 15 und 65 Jahren erhalten, wenn sie nachweisbar bedürftig sind. Unter diese Regelung fallen neben den Empfängern von Arbeitslosenhilfe auch alle bisherigen Sozialhilfeempfänger, sofern sie arbeitsfähig sind. Als arbeitsfähig gilt, wer mindestens drei Stunden am Tag arbeiten kann.

Die tägliche Praxis zeigt, dass der Antragsteller in jedem Fall die Bescheide auf Fehlerhaftigkeit prüfen sollten, da vielfältige Fehlerquellen bei der Berechnung auftreten können. So gibt es Fälle, die nicht das anrechenbare Einkommen sowie die Kosten der Unterkunft und Heizung enthalten. Dagegen sollte Widerspruch eingelegt und Einsicht in die Verwaltungsakte durch einen Rechtsanwalt beantragt werden.

Berechnung des anrechenbaren Einkommens

Oftmals ist es zudem so, dass der vom Einkommen abzuziehende Freibetrag fehlerhaft berechnet und damit ein zu hohes anzurechnendes Einkommen in Ansatz gebracht wurde. Im Antragsformular müssen sämtliche Einnahmen angegeben werden - auch Kindergeld und Unterhalt. Nicht ins Gewicht fallen dagegen: Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz (z.B. Blindengeld), Erziehungs- und Pflegegeld, Entschädigungen (z. B. Schmerzensgeld) sowie Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz (z.B. Vertriebenen-Renten). Anrechnungsfrei bleiben auch vermögenswirksame Leistungen. Bei der Anrechnung gilt das Nettoprinzip: Vom Einkommen lassen sich zunächst bestimmte Ausgaben abziehen: Dazu gehören Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen (z. B. zur Kfz-Haftpflicht) sowie Vorsorgebeiträge zur Riester-Rente. Private Versicherungen dürfen pauschal mit 30 Euro monatlich für jede Police abgesetzt werden.

Nicht jedes Zusammenleben führt zur Bedarfsgemeinschaft

Lebt der Antragsteller mit seinem Ehepartner oder Lebensgefährten zusammen und ist die Beziehung „auf Dauer angelegt“, bilden beide eine Bedarfsgemeinschaft. Als Indizien für eine dauerhafte Beziehung wertet die Arbeitsagentur: gemeinsame Kinder, gemeinsames Konto oder ein mindestens dreijähriges Zusammenwohnen. Ist dies der Fall, wird das Einkommen des Partners bei der Berechnung des ALG II angerechnet. Anders formuliert: Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft müssen in vollem Umfang füreinander aufkommen. Von den Sozial- und Landessozialgerichten wird diese Frage derzeit unterschiedlich behandelt. Teilweise wird eine Anrechnung des Einkommens des Lebenspartners wegen Verfassungswidrigkeit der Regelung des § 7 SGB (Sozialgesetzbuch) II abgelehnt, teilweise wird die Regelung aber auch als verfassungsgemäß angesehen. In jedem Falle bedarf es aber eingehender Prüfung, ob überhaupt eine nichteheliche Lebensgemeinschaft vorliegt. Sollte dies nicht der Fall sein, dann ist auch das Einkommen des Anderen nicht anzurechnen, sondern lediglich sein Anteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.

Berücksichtigung der Wohn- und Heizkosten

Bei den Kosten der Unterkunft sind in jedem Falle die angemessene Nettokaltmiete und die kalten Betriebskosten in Abzug zu bringen. Ob die Kosten der Unterkunft angemessen sind, hängt von den individuellen Verhältnissen des Einzelfalles (Zahl der Familienangehörigen, Alter) sowie von der Zahl der Zimmer, dem örtlichen Mietniveau und den Möglichkeiten des örtlichen Wohnungsmarkts ab. Der Begriff der Angemessenheit ist an die bisherige Praxis bei der Sozialhilfe angelehnt.

Es ist davon auszugehen, dass nur wenige Bedürftige in unangemessenen Wohnungen leben. Eine Orientierung gibt die Praxis der Wohnungsvergabe durch die Wohnungsämter oder die Sozialämter (zugebilligte Quadratmeter, Quadratmeterpreis). Kosten für Unterkunft und Heizung können auch für Bewohner von Eigenheimen und Eigentumswohnungen erbracht werden, wenn die dafür entstehenden Kosten angemessen sind. Neben den Leistungen nach dem SGB II besteht kein Anspruch auf Wohngeld.

Da die Kosten für Unterkunft und Heizung von Gebietskörperschaft (Landkreis, kreisfreie Stadt) zu Gebietskörperschaft sehr unterschiedlich sein können, hat der Gesetzgeber darauf verzichtet, bundeseinheitliche Richtwerte dafür festzulegen. Die Gebietskörperschaften haben daher eigene Richtlinien für die Angemessenheit von Unterkunft und Heizung erlassen können.

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Wie sollte der Widerspruch bei fehlerhaften Hartz IV-Bescheiden erfolgen? Welche Möglichkeiten der Beratungsbeihilfe habe ich? Antworten auf diese Fragen geben wir Ihnen in unserem Rechtstipp in der nächsten Newsletter-Ausgabe.


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