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Mieter zieht trotz Kündigung durch den Vermieter nicht aus – was nun?

  • 3 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Obwohl das deutsche Mietrecht eher mieterfreundlich ausgerichtet ist, stehen Vermieter nicht vollkommen schutzlos da. Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen sie – z. B. bei Mietrückstand oder Eigenbedarf – (fristlos) kündigen. Zieht der Mieter dann jedoch nicht aus, muss der Vermieter vor Gericht ziehen und einen Räumungstitel erstreiten. Erst damit kann er den Gerichtsvollzieher zur Wohnung schicken und sie zwangsräumen lassen. Das jedoch kann eine Weile dauern – der Vermieter verliert hier eventuell viel Geld, z. B. weil er monatelang keine Miete mehr erhält. Vermieter fragen sich dann oft, ob sie noch irgendwelche Zahlungsansprüche gegen den Auszugsunwilligen haben.

Mieter will nicht aus der Wohnung

Ein Vermieter kündigte ein Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs nach § 573 II Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum 31.10.2011. Der Mieter zog jedoch nicht freiwillig aus – die Parteien sahen sich vielmehr vor Gericht wieder. Das hielt die Eigenbedarfskündigung für wirksam, weshalb der Mieter letztendlich aus der Wohnung ausziehen musste. Aufgrund des Gerichtsverfahrens waren aber mittlerweile einige Monate vergangen, in denen die Wohnung nicht an den Enkel des Eigentümers weitervermietet werden konnte, weil der gekündigte Mieter sie „besetzt“ hatte.

Obwohl der Mieter im November 2012 endlich ausgezogen war, konnte der Nachmieter erst im Februar des Folgejahres in die Wohnung. Er hatte nämlich übergangsweise andere Räumlichkeiten angemietet und hier die dreimonatige Kündigungsfrist nach § 573c BGB zu berücksichtigen. Aus diesem Grund hatte er seinem Großvater bis zu seinem Einzug in dessen Wohnung auch keine Miete gezahlt. Die hatte der Wohnungseigentümer – aufgrund einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete – nunmehr um 149,50 Euro/Monat erhöht.

Diesen Mietausfall verlangte der Vermieter gerichtlich von seinem früheren Vertragspartner ersetzt. Der lehnte eine Zahlung jedoch ab – schließlich seien etwaige Ansprüche des Vermieters nach § 548 BGB längst verjährt.

Mietausfallschaden – ja oder nein?

Das Amtsgericht (AG) Aachen gab dem Vermieter recht. Er durfte Schadenersatz nach den §§ 280, 286, 546a BGB verlangen.

Keine Mehrmiete wegen „besetzter“ Wohnung?

Immerhin hatte der frühere Mieter die Wohnung bis November 2012 nicht geräumt, obwohl die Kündigung des Vermieters bereits am 31.10.2011 wirksam geworden war. Der Nachmieter konnte somit nicht fristgerecht im November einziehen – und musste daher bis zu seinem tatsächlichen Einzug auch keine Miete zahlen. Das sorgte wiederum beim Vermieter für „ein Loch im Geldbeutel“ – wäre der Nachmieter nämlich wie geplant eingezogen, hätte er von diesem die erhöhte Miete erhalten. Der gekündigte Mieter war also dafür verantwortlich, dass die Wohnung ein Jahr lang nicht für 149,50 Euro mehr im Monat vermietet werden konnte, weshalb er für jeden Monat seiner unberechtigten „Wohnungsbesetzung“ 149,50 Euro nachzahlen musste.

Wohnung wurde vorenthalten

Neben der Mehrmiete konnte der Vermieter für die Monate November 2012 bis Januar 2013 auch die Zahlung der „normalen“ Miete verlangen. Hätte nämlich der gekündigte Mieter die Wohnung zeitig geräumt, hätte sich der Enkel des Vermieters keine Ersatzwohnung suchen und auch keine dreimonatige Kündigungsfrist einhalten müssen. Theoretisch hätte der Enkel zwar im November in die Wohnung seines Großvaters einziehen können – dann hätte er aber sowohl für sie, als auch die Ersatzwohnung Miete zahlen müssen. Um dies zu verhindern, war es rechtmäßig, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist in der Ersatzwohnung zu bleiben und erst dann umzuziehen.

Keine Verjährung des Schadenersatzanspruchs

Der Schadenersatzanspruch war auch nicht nach § 548 BGB verjährt. Nach dieser Vorschrift verjähren Ersatzansprüche wegen Veränderungen bzw. Verschlechterungen an der Wohnung innerhalb von sechs Monaten nach Rückgabe der Räumlichkeiten. Hat der Mieter z. B. eine eigenmächtig durchgebrochene Wand vor seinem Auszug nicht wieder zugemauert, kann der Vermieter die Kosten für die Reparatur grundsätzlich ersetzt verlangen – allerdings hat er hierzu nur sechs Monate nach Erhalt der Wohnung Zeit.

Vorliegend verlangte der Vermieter aber keinen Ersatz wegen diverser Schäden an der Wohnung, sondern wegen des Mietausfalls. Daher war § 548 BGB nicht einschlägig, die Ansprüche des Vermieters somit nicht verjährt.

Fazit: Zieht ein Mieter trotz Vertragskündigung nicht aus der Wohnung aus, muss er damit rechnen, dass der Gerichtsvollzieher irgendwann vor der Tür steht. Auch kann er nicht umsonst in den Räumlichkeiten leben – er muss seinem Vermieter vielmehr Schadenersatz zahlen.

(AG Aachen, Urteil v. 10.03.2016, Az.: 107 C 263/13)

(VOI)

Foto(s): ©Fotolia.com

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