Vergleich vor Gericht: Den Streit beenden ohne Urteil
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Unter einem Vergleich versteht man das gegenseitige Nachgeben beider Parteien in Bezug auf ein zwischen ihnen bestehendes Rechtsverhältnis. Dabei muss zwischen dem gerichtlichen und dem außergerichtlichen Vergleich unterschieden werden.
Der gerichtliche Vergleich, auch Prozessvergleich genannt, beendet den Gerichtsprozess. Ein außergerichtlicher Vergleich hingegen regelt die Beziehung zwischen den Parteien, ohne dass es darüber schon einen Gerichtsprozess gibt beziehungsweise ohne dass ein Gerichtsverfahren dadurch unmittelbar beendet wird. In diesem Ratgeber erklären wir Ihnen den gerichtlichen Vergleich.
Was ist ein Vergleich vor Gericht?
Ein Vergleich ist die Möglichkeit, einen Zivilprozess ohne eindeutigen Gewinner und Verlierer zu beenden. Der Streit wird durch einen Kompromiss einvernehmlich beigelegt.
Der Vergleich hat eine große Bedeutung und wurde daher vom Gesetzgeber in der Zivilprozessordnung (ZPO) verankert: Bevor es zu einer gerichtlichen Verhandlung kommt, sieht das Gesetz in § 278 Abs. 2 ZPO vor, dass eine Güteverhandlung durchgeführt wird. Der Richter schätzt dabei die Situation und Rechtslage ein und versucht mit den Parteien eine gütliche Einigung zu finden. Ist das nicht möglich, geht man in der Regel direkt in die mündliche Verhandlung über.
Das bedeutet jedoch nicht, dass nach dem Scheitern der Güteverhandlung kein Vergleich mehr möglich ist. Vielmehr steht es den Parteien offen, in jedem Abschnitt des Verfahrens einen Vergleich zu schließen und dieses dadurch zu beenden. Dem Gericht wird in § 278 Abs. 1 ZPO sogar die Pflicht auferlegt, in jeder Lage des Verfahrens auf einen Vergleich der Parteien hinzuwirken.
Vorteile eines Vergleichs
Die Hauptvorteile eines Vergleichs sind Schnelligkeit und Kostenersparnis. Ein Rechtsstreit vor Gericht kann sich über mehrere Monate bis zu mehreren Jahren erstrecken. Mit einem Vergleich können die Parteien schnell eine Lösung herbeiführen. Zudem fallen bei einem Rechtsstreit unterschiedliche Gebühren an – zum Beispiel Gerichtskosten sowie Termins- und Verfahrensgebühr für den Anwalt. Einigen sich die Parteien durch einen Vergleich, so verringern sich diese Kosten. Es fällt dann jedoch eine Einigungsgebühr für den Anwalt an, die man nicht vergessen darf.
Zudem bietet der Vergleich die Möglichkeit, eine individuelle Lösung zwischen den Parteien zu finden. Sie können Regelungen treffen, die sie für fair halten. Die Dispositionsfreiheit der Parteien ist nahezu grenzenlos. Zwar gibt der Richter Hinweise, in welche Richtung seine Entscheidung aufgrund der Rechtslage und seiner bisherigen Kenntnis des Falls gehen wird, und unterbreitet einen Vergleichsvorschlag. Doch setzt ein Vergleich immer ein Nachgeben von beiden Seiten voraus, sodass dieser zumindest für die unter Umständen unterliegende Partei vorteilhaft gegenüber einem Urteil sein kann.
Kosten eines Vergleichs
Im Vergleichstext kann explizit geregelt werden, wer die Kosten trägt. Oftmals werden sich die Parteien darauf einigen, dass jeder seine Anwaltskosten selbst übernimmt und die Gerichtskosten hälftig geteilt werden. Es sind aber auch alle anderen Lösungen denkbar. Es kommt immer individuell darauf an, worauf sich die Parteien einigen.
Fehlt eine Regelung zu den Kosten im Vergleich, dann gelten sie als gegeneinander aufgehoben (§ 98 ZPO). Das führt auch dazu, dass die Gerichtskosten hälftig geteilt werden und jede Partei ihre weiteren Kosten selbst trägt.
Rechtskraft und Vollstreckbarkeit des Vergleichs
Der gerichtliche Vergleich erwächst - anders als ein Urteil – nicht in Rechtskraft. Das bedeutet, dass eigentlich über den Gegenstand des Vergleichs (den Streit) auch weiterhin ein Prozess vor einem Gericht geführt werden könnte. In der Regel fehlt einer erneuten Klage jedoch das Rechtsschutzbedürfnis.
In § 794 Absatz 1 Nummer 1 ZPO wird der gerichtliche Vergleich als weiterer Vollstreckungstitel genannt. Daraus folgt, dass aus dem Vergleich vollstreckt werden kann, soweit er einen vollstreckbaren Inhalt hat.
Welche Folgen hat ein Verstoß gegen den Vergleich?
Sofern der Vergleich einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, kann bei einem Verstoß die Zwangsvollstreckung betrieben werden. Der Vergleich stellt zudem einen Vertrag zwischen den Parteien dar. Wie bei jedem anderen Vertrag ist auch dieser bindend. Die verstoßende Partei kann daher aufgefordert werden, die im Vergleich getroffene Vereinbarung zu erfüllen.
Ihr Vergleichspartner hält sich nicht an den geschlossenen Vergleich? Dann vereinbaren Sie noch heute eine Kurzberatung mit einem Anwalt auf anwalt.de und erfahren Sie, welche Möglichkeiten Sie haben.
Wann lohnt sich ein Vergleich?
Ein Vergleich bietet sich vor allem dann an, wenn eine schnelle Einigung zwischen den Parteien gewünscht ist und absehbar ist, dass ein Rechtsstreit sehr lange dauern wird. Er lohnt sich auch, wenn nach der ersten Einschätzung des Gerichts das Verlieren des Rechtsstreits droht. Die wahrscheinlich unterliegende Partei kann dann auf den Abschluss eines Vergleichs hinwirken und versuchen, dadurch zumindest einen Teil ihrer Interessen durchzusetzen. Zudem kann sie damit Kosten sparen, da am Ende eines Rechtsstreits der Verlierer alle Kosten trägt.
Kann man einen Vergleich ablehnen?
Niemand ist dazu gezwungen, einen Vergleich vor Gericht abzuschließen. Es steht jeder Partei frei, den angebotenen Vergleich abzulehnen. Gründe dafür können sein, dass einem das Nachgeben der Gegenseite nicht genug ist oder man selbst zu viel nachgeben und von seiner Position abweichen müsste. Zudem kann die erste Einschätzung des Gerichts auch positiv für einen ausfallen, weshalb man das Urteil abwarten will.
Die Ablehnung des Vergleichsvorschlags kann dazu führen, dass ein schlechteres Ergebnis erzielt wird. Es kann aber auch sein, dass neue Erkenntnisse vorgebracht werden und ein besseres Ergebnis erzielt wird, als im Vergleich vorgeschlagen. Wegen dieser Risiken sollte ein Vergleich immer gut überlegt und abgewogen werden. Daher sollten Sie dafür immer einen Anwalt hinzuziehen.
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Muss ein Vergleich am Anfang der Verhandlung geschlossen werden?
Nein, ein Vergleich kann in jedem Stadium der Verhandlung geschlossen werden. Also unter anderem:
in der Güteverhandlung nach § 278 Absatz 2 ZPO
in der mündlichen Verhandlung
im Erörterungstermin zur Prozesskostenhilfe
im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens
Es ist sogar möglich, nach einem erstinstanzlichen Urteil in der Berufungsinstanz einen Vergleich zu schließen. Der Vergleich beseitigt dann die Wirkung des noch nicht rechtskräftigen Urteils.
(PBI)
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