Lottogewinn im Zugewinn?

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Im Jahr 2012 hat der Bundesgerichtshof abermals entschieden, dass auch ein Lottogewinn in den Zugewinn fällt (BGH, Beschluss vom 16.10.2013, Az.: XII ZB 277/12). Der Beschluss des BGH kam keineswegs überraschend. Denn das Gericht hatte bereits vor über vierzig Jahren entschieden, dass ein Lottogewinn in den Zugewinnausgleich fällt (BGH, Urteil vom 22.12. 1976, Az.: IV ZR 11/76). Damals ging es um einen Lottogewinn einer Ehefrau, diesmal – 2012 – hatte ein Ehemann das große Los gezogen.

Worum es geht – der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft

Wer keinen notariellen Ehevertrag geschlossen und in diesem einen anderen Güterstand (Gütetrennung oder Gütergemeinschaft) vereinbart hat, lebt automatisch im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Was das bedeutet und welche Rechtsfolgen das hat, ist nur den wenigsten Eheleuten wirklich klar.

Im Gegensatz zu einer landläufig weitverbreiteten Meinung findet durch die Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft keine Vermögensvermischung zwischen dem Vermögen der beiden Ehegatten statt. Ganz im Gegenteil verwaltet und vermehrt (oder verringert) jeder Ehegatte sein Vermögen selbst. Entgegen dem im Gesetz etwas unglücklich gewählten Begriff „Zugewinngemeinschaft“ besteht also innerhalb der Ehezeit gerade keine gemeinschaftliche Vermögensverwaltung, sondern faktisch eine Gütertrennung. Erst am Ende der Ehe findet ein Ausgleich des jeweils erwirtschafteten Zugewinns durch den sog. Zugewinnausgleich statt. Dabei werden Anfangsvermögen und Endvermögen beider Ehegatten gegenübergestellt. Jener Ehegatte, der einen höheren Zugewinn erwirtschaftet hat als der andere, schuldet den hälftigen Ausgleich dieses höheren Zugewinns an den anderen Ehegatten als Zugewinnausgleich.

Für Anfangs- und Endvermögen gilt das strenge Stichtagsprinzip. Stichtag für das Anfangsvermögen ist der Tag der standesamtlichen Trauung, Stichtag für das Endvermögen ist der Tag der förmlichen Zustellung des Ehescheidungsantrages an die Gegenseite. Genau bezogen auf diese beiden Tage ist das Anfangs- und Endvermögen zu ermitteln, was naturgemäß gerade bei langjährigen Ehen zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann.  

Ein Beispiel

Die Eheleute (Rheinländer) heiraten am 11.11.1985, im Jahre 2016 scheitert die Ehe. Nach Ablauf des Trennungsjahres lässt die Ehefrau den Ehescheidungsantrag durch einen Rechtsanwalt bei Gericht einreichen, dieser wird sodann am 05.03.2017 an den Ehemann zugestellt. Neben der Scheidung wird als sogenannte Folgesache Zugewinn durch die Ehefrau geltend gemacht. Im Rahmen dieses Verfahrens muss nun akribisch das Anfangsvermögen (Stichtag: 11.11.1985) und das Endvermögen (Stichtag: 05.03.2017) ermittelt werden. Dabei fließen nahezu alle Vermögenswerte in die Berechnung ein, mit folgenden Ausnahmen: Anrechte auf Rente (Rentenanwartschaften) fallen nicht in den Zugewinn, sondern werden über den Versorgungsausgleich ausgeglichen. Schenkungen und Erbe innerhalb der Ehezeit werden dem Anfangsvermögen zugerechnet (sog. privilegiertes Anfangsvermögen).

Gewinnt nun einer der Ehegatten am 04.03.2017 – also nur einen Tag vor Zustellung des Ehescheidungsantrages 3 Mio. EUR im Lotto – so fällt der gesamte Gewinn in den Zugewinn und der andere Ehegatte wird zu 50 % am Gewinn beteiligt. Wird erst am 06.03.2017 im Lotto gewonnen – also nach Zustellung des Ehescheidungsantrages – fällt der Gewinn nicht in den Zugewinn und der andere Ehegatte sieht keinen Cent vom Gewinn.

Sehr praxisrelevant ist diese Frage wohl nicht, was schon daraus ersichtlich ist, dass der Bundesgerichtshof sich mit dieser speziellen Frage das letzte Mal im Jahre 1976 zu befassen hatte.

Wer dennoch festen Willens ist, den Jackpot im Lotto zu knacken und wer nicht mit seinem von ihm Getrenntlebenden Ehegatten teilen will, darf aus rechtlicher Sicht erst nach Zustellung des Ehescheidungsantrages im Lotto gewinnen. (Aus rein wirtschaftlicher Sicht ist hingegen zu jedem Lottogewinn zu raten, denn ein hälftig mit dem anderen Ehegatten geteilter Lottogewinn ist immer noch besser als überhaupt kein Lottogewinn).

Viel Glück beim Lotto wünscht Ihnen

Rechtsanwalt Matthias H. Bernds, Köln 


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