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Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung von Schwerbehinderten

  • 2 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Bevor einem schwerbehinderten Arbeitnehmer gekündigt werden kann, muss das Integrationsamt dem zugestimmt haben. Wie können sich betroffene Beschäftigte in so einem Fall wehren?

Vorgehen vor Arbeits- und Verwaltungsgericht

Eine Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht (ArbG) kann grundsätzlich nur innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden.

Gegen den behördlichen Zustimmungsbescheid ist Widerspruch bzw. im nächsten Schritt Klage zum Verwaltungsgericht (VG) möglich. Auch hierfür sind die Fristen von jeweils einem Monat sehr kurz. Oft werden daher beide Verfahren parallel geführt.

Kündigung nach mehr als einjähriger Krankheit

Ein Kraftfahrer mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 wurde von seinem Arbeitgeber gekündigt, nachdem er mehr als ein Jahr ununterbrochen arbeitsunfähig krank war.

Das vorher befragte Integrationsamt hatte in der Angelegenheit verschiedene ärztliche Stellungnahmen und Gutachten eingeholt und einer Kündigung schließlich zugestimmt. Seiner Ansicht nach lag darin nämlich keine Benachteiligung wegen der vorliegenden Schwerbehinderung.

Damit war der Mann allerdings nicht einverstanden und legte gegen die behördliche Entscheidung zunächst Widerspruch ein und klagte anschließend vor dem VG. Außerdem hatte er auch fristgerecht Kündigungsschutzklage zum ArbG eingelegt.

Erfolgreiche Kündigungsschutzklage, und nun?

Das ArbG entschied zuerst, und zwar dass die Kündigung unwirksam war. Der Grund war insbesondere, dass es der Arbeitgeber versäumt hatte, ein sogenanntes betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) nach § 84 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) durchzuführen.

Durch das BEM soll versucht werden, die Arbeitsunfähigkeit zu überwinden und erneuten Ausfällen vorzubeugen. So kann in manchen Fällen, beispielsweise durch die Anschaffung und Verwendung orthopädischer Hilfsmittel oder geänderter Dienstpläne, eine Kündigung vermieden werden.

Nun stellt sich natürlich die Frage, was mit dem anderen Verfahren passiert, wenn bereits feststeht, dass die Kündigung unwirksam ist. Die Zustimmung des Integrationsamts hat sich ja insoweit erledigt. Man könnte also meinen, es spiele keine Rolle mehr, ob die Behördenentscheidung rechtmäßig war oder nicht.

Weitere Prüfung der Zustimmungsentscheidung

Wenn sich Arbeitgeber allerdings einmal zur Kündigung entschlossen haben, geben sie in der Regel nicht so schnell auf. Für solche Fälle, in denen mit weiteren Kündigungen aus den mehr oder weniger gleichen Gründen zu rechnen ist, gibt es die Möglichkeit der sogenannten Fortsetzungsfeststellungsklage. An deren Ende wird kein behördlicher Bescheid aufgehoben, aber es wird förmlich festgestellt, ob der Verwaltungsakt rechtmäßig oder rechtswidrig war.

Im Fall des schwerbehinderten Kraftfahrers meinte das VG Stade allerdings, dass es an dem dafür erforderlichen rechtlichen Interesse an so einer Feststellung fehle, da vom Arbeitgeber keine weiteren personenbedingten Kündigungen beabsichtigt wären. Außerdem würden etwaige spätere Kündigungen auf veränderten Lebenssachverhalten beruhen, zu denen das Integrationsamt ohnehin erst wieder ermitteln und neu entscheiden müsste.

Die aus diesem Grund verlorene Verwaltungsklage sollte der Mann aber verschmerzen können, da ja seine Kündigungsschutzklage erfolgreich war und er seinen Job weiterhin behält.

(VG Stade, Urteil v. 30.03.2016, Az.: 4 A 687/15)

(ADS)

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