Finden Sie jetzt Ihren Anwalt zu diesem Thema in der Nähe!

Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen: wenn der Chef den Lohn nicht zahlt

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Zum Monatsende freuen sich Arbeitnehmer regelmäßig über den Gehaltseingang auf ihrem Konto. Doch nicht immer zahlen Arbeitgeber pünktlich und vollständig – entweder weil sie selbst in finanziellen Schwierigkeiten sind oder weil es ganz einfach Streit um die Höhe des geschuldeten Lohns gibt. Besonders oft in Zusammenhang mit der Abrechnung von Urlaubs- bzw. Krankheitstagen, Überstunden und Sonderzahlungen kommt das nicht selten vor.

Regelmäßige Verjährung von Arbeitslohn

Arbeitnehmer sollten nicht zu lange warten, um offene Forderungen – am besten schriftlich – von ihrem Arbeitgeber einzufordern und notfalls auch einzuklagen. Forderungen können nämlich verfallen – und das geht im Arbeitsrecht schneller, als viele denken.

Die regelmäßige gesetzliche Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt erst am Ende des Jahres zu laufen, in dem der Anspruch entstanden ist. Offene Lohnansprüche für im März 2016 geleistete Arbeit würden damit erst Ende Dezember 2019 verjähren.

Aber Vorsicht: Viele Arbeits- und/oder Tarifverträge sehen sogenannte Ausschlussfristen vor. Diese betragen meist nur wenige Monate und sollten unbedingt beachtet werden. Nach Ablauf einer entsprechenden Frist verfallen nämlich auch tatsächlich bestehende Ansprüche – sie können dann in aller Regel selbst vor Gericht nicht mehr durchgesetzt werden.

Zweistufige vertragliche Ausschlussfristen

In vielen Verträgen gibt es sogenannte zweistufige Ausschlussfristen. Danach muss innerhalb einer bestimmten Frist (z. B. von 3 Monaten) der Anspruch – in der Regel schriftlich – beim Arbeitgeber geltend gemacht werden. Bekommt der Beschäftigte daraufhin seinen Lohn, ist die Sache nach dieser ersten Stufe bereits erledigt.

Zahlt der Arbeitgeber allerdings noch immer nicht, muss als zweite Stufe innerhalb einer weiteren Frist (z. B. von 3 weiteren Monaten) Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben werden. Wird auch nur eine der beiden Fristen versäumt, geht der Arbeitnehmer oft leer aus.

Geltendmachung von Lohnansprüchen

Wie genau Vertrag und ggf. Tarifvertrag gelesen und beachtet werden sollten, zeigt ein aktueller, vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedener Fall. Der Kläger war Angestellter im öffentlichen Dienst und hatte seiner Ansicht nach in einem Monat zu wenig Lohn erhalten.

Für sein Arbeitsverhältnis gilt der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Er regelt in § 37, dass Ansprüche verfallen, die nicht innerhalb von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht wurden.

Einreichung und Zustellung der Klage

Der Betroffene hatte sich in diesem Fall wohl nicht schriftlich an seinen Arbeitgeber gewandt, dafür aber – noch vor Ablauf der Ausschlussfrist – Klage beim Arbeitsgericht eingereicht. Wohl aufgrund der Weihnachtsfeiertage und Silvester wurde die Klageschrift dem Arbeitgeber allerdings erst im Folgemonat Januar zugestellt – zu einem Zeitpunkt, als die Ausschlussfrist bereits abgelaufen war.

Auch die Klageeinreichung stellt eine schriftliche Geltendmachung dar, schließlich heißt es nicht umsonst „Klageschrift“. Allerdings bleibt die Frage offen, ob damit im konkreten Fall die tarifvertragliche Ausschlussfrist noch eingehalten worden war.

Keine Anwendung der Rückwirkungsfiktion

Der Kläger berief sich auf § 167 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach bereits die rechtzeitige Antragstellung beim Gericht genügen kann, um Fristen zu wahren oder die Verjährung zu hemmen. Schließlich hatte er seine Klage ja noch vor Fristablauf eingereicht.

Der Arbeitgeber meinte, vor Ablauf der Ausschlussfrist sei ihm gegenüber nichts geltend gemacht worden und die Klagezustellung danach sei verspätet. So sahen es auch die Richter am BAG. Auf tarifvertragliche Ausschlussfristen sei § 167 ZPO nämlich nicht anwendbar, solange auch eine einfache schriftliche Geltendmachung zur Fristwahrung ausgereicht hätte.

Die Verzögerung durch den Umweg über das Gericht muss sich der Kläger selbst zurechnen lassen. Sein Arbeitgeber dagegen, der innerhalb der Ausschlussfrist keine schriftliche Geltendmachung von seinem Beschäftigten erhalten hatte, kann sich darauf berufen, dass eine etwaige Lohnforderung inzwischen verfallen ist.

Fazit: Arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen sind oft sehr kurz, sodass schnell gehandelt werden sollte. Eine Klage, die zwar vor Fristablauf eingereicht, dem Arbeitgeber aber erst nach Fristablauf zugestellt wurde, genügt nicht, wenn laut Tarifvertrag auch eine einfache schriftliche Geltendmachung ausgereicht hätte.

(BAG, Pressemitteilung zum Urteil v. 16.03.2016, Az.: 4 AZR 421/15)

(ADS)

Foto(s): ©Fotolia.com

Artikel teilen: