Opferrecht: Welche Möglichkeiten haben Betroffene im Strafverfahren?
- 4 Minuten Lesezeit
Als Opfer einer Straftat ist die Anzeige bei Polizei oder Staatsanwaltschaft meist der erste rechtliche Schritt. Im folgenden Verfahren stehen Betroffenen besondere Rechte zu. Welche Ansprüche können Opfer geltend machen und wann können sie mit einer Entschädigung oder Schadensersatz rechnen?
Welche Rechte haben Opfer im Strafverfahren?
Recht auf Information zum Ermittlungsverfahren
Wer als Betroffener Anzeige erstattet, hat im Lauf des weiteren Verfahrens ein Recht auf Auskunft: Findet eine gerichtliche Verhandlung statt, so steht dem Opfer zu, informiert zu werden, wann und wo diese stattfindet sowie welcher Vorwurf gegen den Angeklagten erhoben wird. Auch das Ergebnis des Verfahrens (Freispruch/Verurteilung/Einstellung) muss dem Opfer des Beschuldigten auf Nachfrage mitgeteilt werden. Auch ob bzw. wann der Täter inhaftiert wird und ob ein Kontaktverbot für den Täter zum Opfer besteht, muss berichtet werden. Kommt es zur Einstellung des Ermittlungsverfahrens, müssen Betroffene außerdem die Möglichkeit zur Beschwerde bekommen, um eine weitere Verfolgung der Straftat erwirken zu können.
Grundsätzlich besteht die Option des Adhäsionsverfahrens, das in der Praxis jedoch nur selten vorkommt: Im Zuge dessen können die durch die Straftat entstandenen Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Ansonsten müssen diese sowie Schmerzensgeldansprüche vor dem Zivilgericht verhandelt werden.
Opferrechte durch das Gewaltschutzgesetz
Auf Grundlage des Gewaltschutzgesetzes ist es für Opfer möglich, beim Amtsgericht ein Betretungsverbot der Wohnung oder Kontaktverbot für den Täter zu erwirken. Im Fall einer gemeinsam genutzten Wohnung ist die (eventuell befristete) Überlassung dieser möglich. Auch eine Verbindungsaufnahme sowie das Herbeiführen von Zusammentreffen mit dem Opfer kann dem Täter untersagt werden.
Kostenlose psychosoziale Begleitung
Bei schweren Gewaltverbrechen und Sexualverbrechen können Opfer vor, während und nach der Hauptverhandlung von kostenloser psychosozialer Unterstützung Gebrauch machen. Diese kann in einer Prozessbegleitung bestehen (§ 406g Strafprozessordnung). Dies gilt uneingeschränkt für Kinder, die Sexual- oder Gewaltdelikte erfahren haben. Bei Erwachsenen entscheidet das Gericht im Einzelfall über die Kostenübernahme. Alle Betroffenen können sich außerdem an Opferhilfeeinrichtungen wenden. Dort besteht die Möglichkeit, Hilfe von Beratungsstellen oder psychologische Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Opferrecht auf Nebenklage (§ 395 Strafprozessordnung)
Die Teilnahme als Nebenkläger an der Anklage der Staatsanwaltschaft ermöglicht Opfern eine aktivere Rolle im Strafprozess. Diese geht mit mehreren Befugnissen einher:
Akteneinsichtsrecht
Anwesenheitsrecht bei Vernehmungen
Beweisantragsrecht, z. B. Zeugenvernehmung
Fragerecht an Angeklagten, Zeugen, Sachverständige
Recht auf eigenes Plädoyer (Schlussvortrag)
Eine Nebenklage ist jedoch nur bei bestimmten Straftaten zulässig. Diese werden in § 395 der Strafprozessordnung beschrieben und schließen vorsätzliche Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit, versuchten Mord bzw. Totschlag sowie Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und die persönliche Freiheit mit ein.
Opferanwalt: Rechtliche Unterstützung für Betroffene
Die richtigen Ansprechpartner für Betroffene sind Anwälte, die sich auf Opferrecht spezialisiert haben. Dabei handelt es sich aufgrund des Zusammenhangs mit Straftaten in der Regel um auf Strafrecht spezialisierte Anwälte. Ein Opferanwalt zeichnet sich außerdem dadurch aus, dass er seinen Mandanten mit der nötigen emotionalen Begleitung unterstützt.
Um als Opfer eines Verbrechens die eigenen Interessen und Ansprüche im Strafprozess erfolgreich durchzusetzen, ist rechtliche Expertise erforderlich. Einen auf Opferrecht spezialisierten Anwalt zu beauftragen, ist für Betroffene daher dringend zu empfehlen. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt!
Wer bezahlt den Opferanwalt?
Wird der Angeklagte verurteilt, muss er – sofern er dazu in der Lage ist – die anwaltlichen Kosten des Opfers übernehmen. Aus Versicherungen wie der gesetzlichen Unfallversicherung oder einer Haftpflichtversicherung können außerdem Ansprüche auf Prozessfinanzierung für Betroffene bestehen.
Bei bestimmten Straftaten wird die Beiordnung eines Opferanwalts erstattet – unabhängig von der Vermögenssituation des Betroffenen:
Versuchter Totschlag und versuchter Mord (§ 211–212 StGB)
Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§ 174–174c StGB)
Sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176–181a StGB)
Sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§ 182 StGB)
Menschenhandelsdelikte, die Verbrechen darstellen können
Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt werden (§ 397a StPO): Es liegt eine schwierige Sach- und Rechtslage vor, die das Opfer nicht allein lösen kann. Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gelten als unzureichend, sodass die Finanzierung eines Anwalts auf eigene Kosten nicht möglich ist.
Opferentschädigung: Was steht Betroffenen zu?
Täter-Opfer-Ausgleich
Der Täter-Opfer-Ausgleich, der von der Staatsanwaltschaft oder auch vom Gericht angeregt werden kann, findet außerhalb des Strafverfahrens statt. Bedingung ist, dass sowohl Opfer als auch Täter in die Aussprache einwilligen. Im kommunikativen Prozess hat der Täter die Möglichkeit, Widergutmachung zu leisten. Idealerweise soll so eine Aussöhnung zwischen den beiden Parteien erzielt werden.
Opferentschädigungsgesetz (OEG)
Im Rahmen des Opferentschädigungsgesetzes werden Opfern oder ihren Hinterbliebenen verschiedene Leistungen erstattet. Dazu gehören Heil- und Krankenbehandlung, Renten zur Beschädigten- oder Hinterbliebenenversorgung, psychotherapeutische Hilfe und Bestattungsgeld. Schmerzensgeld sowie der Ersatz von Vermögensschäden oder Sachschäden werden durch das OEG allerdings nicht abgedeckt. Sie müssen stattdessen vor dem Zivilgericht oder im Adhäsionsverfahren geltend gemacht werden.
Um die vom OEG abgedeckten Leistungen zu erhalten, bedarf es eines Antrags. Dieser kann bereits vor Beginn des Strafverfahrens gestellt werden. Voraussetzungen sind eine persönliche Betroffenheit als Opfer oder dessen Hinterbliebener (Kinder, Eltern, Ehe- und Lebenspartner) sowie ein Wohnsitz in Deutschland. Es muss sich um eine vorsätzliche und rechtswidrige Gewalttat handeln, unter deren Folgen die Betroffenen leiden. Dazu zählt auch eine Beibringung von Gift. Wird mit gemeingefährlichen Mitteln gesundheitlicher Schaden herbeigeführt, ist eine fahrlässige Tatbegehung bereits ausreichend. Als gemeingefährliche Mittel gelten außerdem Brandstiftung und Sprengstoffanschläge. Neben den Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz können auch Leistungen über den Verein für Verkehrsopferhilfe beantragt werden, wenn der Angriff mit einem Fahrzeug getätigt wurde. Handelt es sich um einen terroristischen Anschlag, kann ein Antrag auf Härteleistung für Opfer extremistischer und terroristischer Straftaten beim Bundesamt für Justiz gestellt werden.
(LES)
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Opferrecht?
Rechtstipps zu "Opferrecht" | Seite 2
-
15.06.2018 Rechtsanwalt Mustafa Ertunc„… kann, dass der Täter auch ein erhebliches Interesse an der Beendigung der Strafverfolgungsmaßnahmen hat. Wenn Sie Fragen diesbezüglich haben, melden Sie sich bitte, damit geprüft werden kann, ob und wie Ihre Opferrechte im Strafverfahren durchgesetzt werden können.“ Weiterlesen
-
27.02.2018 Rechtsanwalt Benjamin Grunst„… einen Termin in unserer Kanzlei an einem unserer Berliner Standorte vereinbaren. Als bundesweit tätige Anwälte für Strafrecht und Opferrechte stehen wir Ihnen gerne in allen Abschnitten des Strafverfahrens zur Seite und entwickle Ihre persönliche Verfahrensstrategie.“ Weiterlesen
-
31.01.2018 Rechtsanwalt Christian Kohlhaas„… werden. Ablauf des Adhäsionsverfahrens Das Opfer einer Straftat muss einen entsprechenden Antrag beim zuständigen Gericht stellen. Es ist anzuraten, einen Rechtsanwalt für Opferrecht mit der Wahrnehmung …“ Weiterlesen
-
19.12.2017 Rechtsanwalt Juri Rogner„… getötet worden, steht das Nebenklagerecht den Kindern, Eltern, Ehegatten oder Lebenspartnern zu. Opferrechte optimal ausschöpfen Grundsätzlich müssen Nebenkläger nicht anwaltlich vertreten …“ Weiterlesen
-
24.11.2017 Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M.„… in der nächsten Zeit eine Zahlungsaufforderung erhalten. Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach, LL.M., vertritt Sie im Jugendstrafrecht, Strafrecht, Opferrecht und Nebenstrafrecht!“ Weiterlesen
-
30.08.2017 Rechtsanwalt Benjamin Grunst„… Jahrzehnten wurden die Opferrechte in diesem Zusammenhang immer weiter gestärkt und ausgebaut, sodass diese nun auch in der Strafprozessordnung kodifiziert sind. Sowohl die Opfer als auch die nahen …“ Weiterlesen
-
Hilfe für Opfer einer Straftat u. deren Angehörige, Rechte der Opfer bei Gewalttat Opferanwalt hilft17.07.2017 Rechtsanwältin Strafverteidigerin Jacqueline Ahmadi„… gegen den Täter auch eine Strafanzeige zu erstatten. Es ist in Ihrem Interesse, wenn Sie sich umgehend an einen auf das Opferrecht spezialisierten Anwalt, also sog. „Opferanwalt“, wenden. Ihr Anwalt …“ Weiterlesen
-
07.07.2017 Rechtsanwältin Strafverteidigerin Jacqueline Ahmadi„… . Rechtsanwältin Ahmadi ist auf das Strafrecht, Opferrecht und Schadensersatzrecht besonders spezialisiert. Als Opferanwalt vertrete ich gerne jeden, der Opfer einer Straftat geworden ist, gleichwohl, ob …“ Weiterlesen
-
06.07.2017 Rechtsanwälte Dr. Kahl + Dr. Koch + Metz„… zuzugestehen. Der Konflikt, der sich daraus ergibt, ist klar: Es prallen diametral unterschiedliche Interessen aufeinander, hier die Opferrechte, dort die Rechte des möglichen Täters auf ein faires Verfahren …“ Weiterlesen
-
19.11.2016 Rechtsanwälte Dr. Kahl + Dr. Koch + Metz„… Strafverfahren geltend zu machen. Auch wenn es dieses Instrument schon mehr als 70 Jahre in der StPO gibt, so ist es erst vor wenigen Jahren durch das Opferrechts-Reformgesetz zu größerer Bedeutung …“ Weiterlesen
-
13.02.2023 Rechtsanwältin Dr. iur. Anja Riemann-Uwer LL.M.„Als Rechtsanwältin | Fachanwältin für Strafrecht | Nebenklage und Opferrecht vertrete ich auch häufig Geschädigte bzw. Opfer im Strafverfahren gegen den Täter. In diesem Rechtstipp beantworte …“ Weiterlesen
-
15.09.2016 Rechtsanwalt Robin Schmid„… nicht so sein: Opfer von Straftaten haben, wenn Sie einen Anwalt einschalten, die Möglichkeit viele wichtige Rechte geltend zu machen: Das vielleicht wichtigste Opferrecht dabei bereits das Recht …“ Weiterlesen
-
23.03.2016 Rechtsanwalt Dr. Sascha Böttner„… wird die Vertretung der Opferrechte in die Hände von Anwälten gegeben, die sich auf andere Rechtsgebiete spezialisiert haben und die Nebenklage nur „nebenbei“ abwickeln, ohne über profunde Kenntnisse …“ Weiterlesen
-
17.09.2015 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… Rechtsprechung Bestand zu haben. Bereits vor Vernehmung des Opfers bei der Polizei sollte ein im Opferrecht spezialisierter Anwalt konsultiert werden. Bereits in der ersten Vernehmung soll das Opfer …“ Weiterlesen
-
12.08.2015 Rechtsanwalt/Strafverteidiger Dr. Frank K. Peter„… . Dieser Rechtstipp soll, und kann auch nicht, die anwaltliche Beratung bei individuellen Problemen ersetzen. Er kann nur einen Überblick über die Opferrechte geben. Für das Opfer, das oft noch keinen Kontakt …“ Weiterlesen
-
15.08.2014 Rechtsanwältin Susan Rechenbach-Auerswald„Hinter nahezu jeder Straftat verbirgt sich auch ein Opfer. Trotz einiger verfahrensrechtlicher Verbesserungen der Opferrechte in den vergangenen Jahren machen viele Geschädigte – ob aus Scheu …“ Weiterlesen
-
16.07.2014 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… mit Schwerpunkt in der Verteidigung und im Opferrecht tätig. Bereits vor der Vernehmung durch Polizei oder den Ermittlungsrichter sollte ein Beratungsgespräch bei einem in Sexualdelikten erfahrenen Anwalt durchgeführt werden.“ Weiterlesen
-
25.09.2013 Rechtsanwalt Arne Timmermann„… des Strafrechts wirken sich die zur Stärkung der "Opferrechte" neu geschaffenen StPO-Vorschriften so nachhaltig zum Nachteil des Beschuldigten aus. Insbesondere in Sexualstrafsachen findet zudem häufig …“ Weiterlesen
-
26.02.2013 Rechtsanwalt Dr. jur Shahryar Ebrahim-Nesbat„Der Bundesgerichthof für Strafsachen (BGH) hat in einer für die Allgemeinbevölkerung wenig bekannten Entscheidung eine weitreichende Entscheidung im Bereich des Opferrechts getroffen …“ Weiterlesen
-
21.02.2013 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… am Hals erlitten ..." Der Verfasser des Berichts ist seit 2001 im Bereich des Opferrechts spezialisiert. Er hat 2006 einen Fachanwaltskurs für Strafrecht erfolgreich absolviert. Nach dessen …“ Weiterlesen
-
10.05.2012 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… tue ich es, bevor es ein anderer mit Dir macht." Der Verfasser ist seit 2001 mit Schwerpunkt im Opferrecht tätig. Er ist langjähriges Mitglied der Opferschutzorganisation „Weisser Ring". Betroffene …“ Weiterlesen
-
10.11.2011 Rechtsanwalt Dr. jur. Frank Sievert„… Verbesserung der Opferrechte. Neben den allgemeinen Regelungen über die Beweislast wandte sich das erkennende Gericht im besprochenen Urteil unmittelbar gegen den „Qualifikationstrick" und die damit …“ Weiterlesen
-
02.11.2011 Rechtsanwalt Dr. jur Shahryar Ebrahim-Nesbat„Stalking" hat sich begrifflich im deutschsprachigen Raum durchgesetzt. Jeder weiß, was damit gemeint ist, wenn eine Person „gestalkt" wird. Für die Strafrechtswissenschaft ist dieser Begriff unzureic … Weiterlesen
-
21.09.2011 Rechtsanwalt Christian Steffgen„… durch einen Anwalt auch psychologische Erstbetreuung an. Diese unterliegen der beruflichen Schweigepflicht. Der Autor ist seit über 10 Jahren im Opferrecht und der Verteidigung von Sexualstraftaten tätig. Er hat einen Fachanwaltskurs im Strafrecht erfolgreich absolviert.“ Weiterlesen