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Vermieter reicht Räumungsklage gegen Sohn der Mieterin ein

  • 4 Minuten Lesezeit
Gabriele Weintz anwalt.de-Redaktion

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Es kommt immer wieder vor, dass Kinder, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Mietwohnung wohnen, in dieser weiter wohnen bleiben möchten, auch wenn die Eltern oder der Elternteil ausziehen bzw. schlimmstenfalls versterben. Meist gibt es in einem solchen Fall auch keine Probleme. Im hier vorliegenden Fall musste allerdings das Amtsgericht (AG) Berlin-Wedding entscheiden, ob der Sohn der Mieterin in der Wohnung bleiben durfte.

Mietvertrag besteht schon sehr lange

Im Jahre 1980 bezog ein Ehepaar eine Mietwohnung in Berlin. Dieser Vermietung lag ein schriftlicher Mietvertrag zugrunde in dessen § 9 Nr. 2 geregelt ist, dass eine Untervermietung an Dritte nur mit schriftlicher Einwilligung des Vermieters erfolgen darf. Bei unbefugter Untervermietung darf der Vermieter verlangen, dass das Untermietverhältnis beendet wird, wenn nicht, darf er das Mietverhältnis kündigen. Im Jahre 1987 wurde der Sohn des Ehepaars geboren und lebte seitdem in dieser Wohnung.

Mutter zog aus – Sohn wollte in Mietwohnung bleiben

Am 13.03.2014 schickte die Mieterin eine E-Mail an ihren Vermieter, in der sie ihm mitteilte, dass sie aus der Mietwohnung ausgezogen sei. Gleichzeitig bat sie darum, dass der Mietvertrag auf ihren volljährigen Sohn umgeschrieben wird, da dieser weiterhin in der Wohnung wohnen will. Daraufhin legte der Vermieter dem Sohn einen Vertragsentwurf vor, der eine sofortige Mieterhöhung um 80 Euro pro Monat und eine Staffelmiete vorsah. Anscheinend überlegte es sich der Vermieter noch anders, da er am 28.04.2014 die Untervermietung mit Hinweis auf die Regelung im Mietvertrag schriftlich abmahnte und schließlich mit Schreiben vom 12.06.2014 die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses wegen der unberechtigten Gebrauchsüberlassung an Dritte erklärte.

Vermieter reicht Räumungsklage ein

Nachdem der Sohn nicht aus der Wohnung auszog, reichte der Vermieter beim zuständigen AG Berlin-Wedding Räumungsklage ein, allerdings ohne Erfolg. Die Richter machten in ihrem Urteil klar, dass kein wichtiger Grund nach § 543 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vorliegt, der eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt. Auch eine Umdeutung der außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung kommt nicht in Betracht, da der Vermieter kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB hat, denn der Mieter hat keine vertraglichen Pflichten schuldhaft verletzt. Dadurch, dass der Vermieter dem Sohn einen neuen Mietvertrag mit einer Mieterhöhung um 24 % und einer nachfolgenden Staffelmiete vorgelegt hat, brachte er zum Ausdruck, dass eben keine vertraglichen Pflichtverletzungen vorlagen.

Keine Untervermietung an Dritte

Im vorliegenden Fall liegt keine Untervermietung an Dritte nach § 553 BGB bzw. § 9 Nr. 2 des Mietvertrages vor, wenn die Mieterin auszieht und es ihrem bisher auch in der betreffenden Wohnung wohnenden Sohn erlaubt, dort zu bleiben. Zum einen kann der Mutter nicht zugemutet werden ihren Sohn auf Räumung zu verklagen und zum anderen liegt juristisch ein ähnlicher Fall vor, wenn ein Mieter verstirbt. Für diesen Fall ist in § 563 Abs. 2 BGB nämlich geregelt, dass das Mietverhältnis mit dem in der Wohnung wohnenden Kind fortgesetzt wird, ohne dass der Vermieter dem widersprechen kann.

Mieter kann über Umfang der Nutzung bestimmen

Der Vermieter kann zum Beweis einer Pflichtverletzung auch nicht damit argumentieren, dass die ursprüngliche Mieterin ganz oder teilweise ausgezogen ist bzw. ob und wie oft sie in der Wohnung übernachtet oder persönliche Sachen in der Wohnung aufbewahrt. Im Rahmen eines Mietverhältnisses besteht nämlich keine Pflicht die Wohnung an einer bestimmten Anzahl von Tagen zu bewohnen, dort zu übernachten oder dort persönliche Gegenstände aufzubewahren. Dies alles fällt in die persönliche Lebensgestaltung des Mieters und stellt keinen Verstoß gegen Pflichten aus dem Mietvertrag dar.

Mutter kann Erlaubnis zur Überlassung der Wohnung verlangen

Die Richter führten in ihrem Urteil sogar aus, dass die Mutter nach § 553 Abs. 1 S. 1 BGB vom Vermieter sogar die Erlaubnis zur Überlassung der betreffenden Wohnung an ihren Sohn verlangen kann. Dieses berechtigte Interesse ergibt sich aus dem Wunsch der Frau, dass der Sohn weiterhin in seiner vertrauten Wohnung bleiben kann und dass sie selbst, im Falle der Trennung von ihrem Lebensgefährten und einem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, noch eine Wohnung hat.

Kündigung war unwirksam

Aus den genannten Gründen bestand die Erlaubnis zur Untervermietung und die Kündigung des Vermieters war unwirksam. Da die Regelung § 9 Nr. 2 des Mietvertrages von § 553 Abs. 1 S. 1 BGB abweicht, liegt eine Benachteiligung der Mieterin i. S. d. § 553 Abs. 3 BGB vor und ist daher unwirksam. Aus diesen Gründen war die Räumungsklage des Vermieters nicht erfolgreich.

(AG Berlin-Wedding, Urteil v. 10.02.2015, Az.: 11 C 271/14)

Fazit: Eine Mutter mietet eine Wohnung und zieht später aus. Ein volljähriges Kind bleibt in der Wohnung wohnen. Dies berechtigt den Vermieter weder zu einer Kündigung noch zu einer Räumungsklage.

Gegenteil: Untervermietung an Touristen

Was bei einer Untervermietung einer Wohnung an Touristen zu beachten ist, lesen Sie in dem Rechtstipp: Darf ich meine Wohnung an Touristen untervermieten?

(WEI)

Foto(s): ©fotolia.de

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