Vorkaufsrecht des Mieters: Vermieter muss über Wohnungsverkauf informieren
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Soll eine Mietwohnung verkauft werden, müssen deren Bewohner rechtzeitig darüber informiert werden. Schließlich geht es unter anderem darum, Besichtigungstermine mit den Kaufinteressenten zu vereinbaren. Auch müssen sich Mieter darauf vorbereiten, dass sie nach dem Verkauf eventuell eine Eigenbedarfskündigung der neuen Eigentümer im Briefkasten finden – es sei denn, sie erwerben die Wohnung selbst. Doch haben Mieter stets ein Vorkaufsrecht und was passiert, wenn der Vermieter nicht an die Mieter veräußern möchte?
Was ist das Vorkaufsrecht von Mietern?
Gerade in Großstädten ist Wohnraum rar. Auf dem Wohnungsmarkt können daher oft gute Preise bei einem Verkauf erzielt werden. Allerdings müssen Immobilieneigentümer im Fall eines Verkaufs ihren Mietern ein Vorkaufsrecht einräumen.
Ist eine Wohnung vermietet, hat der Mieter laut § 577 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Vorkaufsrecht. Der Vermieter ist also vor der Veräußerung verpflichtet, den Mieter rechtzeitig über den anstehenden Verkauf zu informieren und ihn auf sein gesetzliches Vorkaufsrecht hinzuweisen. Das heißt, er muss den Mieter über den Kaufvertrag mit dem Dritten vollständig und korrekt informieren. Bei mehreren Mietern müssen alle Mieter entsprechend informiert werden. Tun sie das nicht, steht dem Mieter Schadenersatz zu. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil bestätigt.
Ausnahme: Ein Vorkaufsrecht kann nicht geltend gemacht werden, wenn der Vermieter die betreffende Wohnung an ein Familienmitglied oder einen Angehörigen des Haushalts des Vermieters veräußern möchte.
Um sein Vorkaufsrecht auszuüben, hat der Wohnungsmieter grundsätzlich zwei Monate Zeit (§ 469 Abs. 2 BGB). Die Ausübung erfolgt durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verkäufer (§ 577 Abs. 3 BGB).
Vorkaufsrechts der Mieter missachtet: Schadenersatz?
Wird eine Immobilie ungeachtet des Vorkaufsrechts der Mieter veräußert, so können diese – je nach konkreter Situation – Unterlassung, Beseitigung oder Schadenersatz fordern. Der BGH hat bestätigt, dass ein Mieter auch Schadenersatz fordern kann, wenn er zuvor sein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt hat. Mit dem Urteil wurden die Rechte von Mietern im Fall eines Wohnungsverkaufs deutlich gestärkt. Doch nun zu den Einzelheiten:
Der Entscheidung des für das Wohnraummietrecht zuständigen achten Zivilsenats lag folgende Lage zugrunde: In Hamburg war ein Haus mit insgesamt sieben Wohnungen verkauft worden, ohne dass der Veräußerer die Mieter über ihr Vorkaufsrecht informiert hatte. Der neue Eigentümer – der bereits im Grundbuch eingetragen war – bot einige Monate später einer Mieterin ihre Wohnung zum Preis von 266.250 Euro zum Kauf an. Diese forderte nun Schadenersatz von ihrem ehemaligen Vermieter. Denn zum damaligen Zeitpunkt hätte sie die Wohnung für 186.571 Euro erwerben können. Daher forderte sie den entgangenen Gewinn. Die Vorinstanzen hatten mit dem Hinweis, die Mieterin hätte zunächst ihr Vorkaufsrecht ausüben müssen, Klage und Berufung abgewiesen. Dagegen legte sie Revision beim BGH ein.
Die Richter aus Karlsruhe erteilten der Meinung der Gerichte jedoch eine Absage. Nach ihrer Ansicht mache es keinen Sinn, von der Mieterin zu fordern, dass sie ihr Vorkaufsrecht ausübt, wenn der Vermieter bzw. Verkäufer den Kaufvertrag ohnehin nicht mehr erfüllen kann. Wurde die Wohnung schon an einen Dritten übereignet, kann er sie nicht nochmals an den Mieter übereignen.
Wird das Vorkaufsrecht des Mieters missachtet und die Wohnung an den neuen Eigentümer übereignet, so kann dieser als Schadensersatz den entgangenen Gewinn fordern – also den Differenzbetrag zwischen dem Verkehrswert der Wohnung und dem mit dem Dritten erzielten Kaufpreis (BGH, Urteil v. 21.01.2015, Az.: VIII ZR 51/14).
Falsches Spiel des Vermieters: Mieterin soll auf Vorkaufsrecht verzichten
Eine Mieterin wurde darüber informiert, dass ihre Wohnung verkauft werden sollte. Einige Zeit später gab ihr die vom Vermieter beauftragte Maklerin bekannt, dass ein Ehepaar die Wohnung erwerben wolle. Beim Notartermin – an dem die Mieterin auf ihr Vorkaufsrecht verzichten sollte, aber wegen Krankheit nicht teilnehmen konnte – schlossen der Vermieter und die Eheleute einen Kaufvertrag, wonach der Kaufpreis 225.000 Euro betragen sollte.
Als die Mieterin hiervon erfuhr, unterrichtete sie sowohl das Ehepaar als auch den Notar und später auch den Vermieter darüber, ihr Vorkaufsrecht geltend zu machen. Kurz vor dem Beurkundungstermin beim Notar, an dem der Kaufvertrag zwischen der Noch-Mieterin und dem Noch-Vermieter geschlossen werden sollte, trafen sich dieser und das Ehepaar noch einmal und änderten in einer Nachtragsurkunde den Kaufpreis. Der sollte nun 245.000 Euro betragen. Auch wurde eine Maklercourtage in Höhe von 17.493 Euro vereinbart, die von der Käuferin getragen werden sollte.
Die Wohnungserwerberin zahlte den höheren Kaufpreis zunächst, verlangte die Differenz zwischen dem ursprünglichen und dem erhöhten Preis vom Verkäufer später jedoch zurück. Als der eine Kostenerstattung verweigerte, zog die Frau vor Gericht.
Nachträgliche Vereinbarung zulasten der Mieterin?
Das Landgericht (LG) Düsseldorf hielt die Nachtragsvereinbarung zwischen dem damaligen Vermieter und dem Ehepaar, in dem ein höherer Kaufpreis sowie eine Maklercourtage festgelegt wurden, für unwirksam. Dass die Eheleute tatsächlich bereit gewesen wären, diese Zusatzkosten zu tragen, sei mehr als unwahrscheinlich. Warum sollte sich jemand bereit erklären, ohne Grund für dieselbe Leistung mehr zu bezahlen als ursprünglich vereinbart? Auch enthielt die Nachtragsvereinbarung den Hinweis, dass „die Käuferin“ die Maklerin bezahlen muss. Dieser Satz macht im Vertrag zwischen dem Vermieter und dem Ehepaar – also den Käufern – keinen Sinn und verdeutlicht, dass die Nachtragsurkunde wohl nur vereinbart wurde, um die Kosten für die damalige Mieterin hochzutreiben und sie eventuell von der Ausübung ihres Rechts abzuhalten. Damit musste die ehemalige Mieterin für die Wohnung lediglich einen Kaufpreis in Höhe von 225.000 Euro zahlen und konnte den zu viel gezahlten Betrag von ihrem früheren Vermieter zurückverlangen. (LG Düsseldorf, Urteil v. 02.12.2015, Az.: 5 O 124/15).
Fazit: Steht einem Mieter ein Vorkaufsrecht zu, muss er den Vertrag über den Kauf der Wohnung grundsätzlich zu den gleichen Bedingungen abschließen, wie sie zwischen dem Vermieter und dem ursprünglichen Wohnungserwerber ausgehandelt wurden. Anderes gilt jedoch, wenn die Vertragsklauseln nachträglich mit dem Ziel geändert werden, den Mieter von der Ausübung seines Rechts abzuhalten.
(WEL; VOI)
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