Arglistige Täuschung über Baugenehmigung
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Ein wahrer Dauerbrenner bei Streitigkeiten nach einem Immobilienerwerb ist das Thema der Baugenehmigung. Nur selten stellt sich im Nachhinein heraus, dass eine Baugenehmigung ganz fehlt, aber regelmäßig gibt es bezüglich Nebengebäuden oder Umbauten gewisse Diskrepanzen zwischen dem tatsächlichen Zustand und der tatsächlichen Baugenehmigung.
Weitgehende ungefragte Aufklärungspflicht
Der Verkäufer hat ungefragt über ihm bekannte Umstände zu informieren, wenn diese für die Kaufentscheidung von Bedeutung sind (Grundsätzlich zum Thema der Arglistigen Täuschung beim Immobilienkauf: Ratgeber Rechtsanwalt Kromer auf anwalt.de). Da der Verkäufer in der Regel genau weiß, wozu der Käufer die Immobilie nutzen möchte und welche Baugenehmigungen vorliegen, bejaht die Rechtsprechung hier in aller Regel eine Aufklärungspflicht.
Fehlende Baugenehmigung für Nebengebäude
In einem Fall aus dem Jahr 2003 wurde ein „ländliches Wohnhaus” veräußert. Auf dem Gelände befand sich eine Weidefläche sowie zwei Blockhütten, die als Unterstände für Schafe und die Lagerung von Holz und Futter genutzt wurden. Nach dem Kauf stellte sich heraus, dass es zwar eine Baugenehmigung für das Wohnhaus gab, nicht jedoch für die Blockhütten. Der Bundesgerichtshof stellt in seinem Urteil vom 30.04.2003, Az. V ZR 100/02 fest, dass sich auf einem verkauften Grundstück keine Bauwerke befinden dürfen, die ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet wurden und für die auch keine rechtsverbindliche behördliche Erklärung vorliegt, wonach die Bauten weiterhin geduldet werden.
Eigenmächtiger Umbau ohne Baugenehmigung
In einem anderen Fall wurde ein Grundstück mit zwei Häusern verkauft. Der Verkäufer hatte – durch Schwarzarbeiter – eine Lagerhalle in Wohnraum umbauen lassen und entsprechend genutzt. Der Käufer hatte hiervon keine Kenntnis. Nachdem das Oberlandesgericht den Fall noch anders gesehen hatte, entschied der BGH in seinem Urteil vom 02.03.1979, Az. V ZR 157/77, dass ein zu Wohnzwecken erworbenes Gebäude auch eine entsprechende Baugenehmigung haben muss. Dabei ist es irrelevant, ob die Baubehörde überhaupt eine Nutzung untersagt oder einen Rückbau fordert oder nachträglich eine Baugenehmigung eingeholt werden kann.
Bestehende Untersagung der wohnlichen Nutzung
Noch deutlicher war die Lage im Fall zum BGH, Urteil vom 10.06.1988, Az. V ZR 125/87. Dort wurde dem Verkäufer die Nutzung des Hauses zu Wohnzwecken behördlich untersagt. Auch dies kam erst nach Kaufvertragsabschluss heraus. Der Verkäufer verteidigte sich vor Gericht damit, dass es beim Erwerb einer Immobilie mit Kaufpreis im Millionenbereich doch vom Käufer zu erwarten ist, dass dieser selbst in Grundakten und Bauakten Einsicht nimmt. Auch dieser Argumentation folgte der Bundesgerichtshof nicht.
Kinderzimmer im Keller
In einem neueren Fall wurde ein Haus verkauft, in dessen Keller der Verkäufer zwei Kinderzimmer eingerichtet hatte. Auch dafür gab es keine Baugenehmigung. In diesem Fall war es sogar unklar, ob überhaupt eine Genehmigung erforderlich gewesen wäre. Nach landesrechtliche Sondervorschriften hätte wohl eine bloße Anzeige bei der Baubehörde ausgereicht. Selbst in diesem Fall nahm der BGH eine arglistige Täuschung an, da eine fehlende Anzeige der beabsichtigten Nutzungsänderung für den Käufer letztlich dem Fehlen einer Genehmigung gleichsteht, da die Baubehörde jederzeit die Nutzung untersagen könnte, vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2014, Az. V ZR 55/13.
Fazit
Die Rechtsprechung ist hier recht käuferfreundlich, sodass sich Verkäufer sorgfältig vor Augen führen sollten, ob eigene bauliche Veränderungen an der Immobilie vorgenommen wurden, die genehmigungs- oder anzeigepflichtig gewesen sind.
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