Wie viel Macht hat der Betriebsrat wirklich?
- 5 Minuten Lesezeit
![Wie viel Macht hat der Betriebsrat wirklich?](https://www.anwalt.de/img_cache/3e/3e2ffcf476801483ec49867cb2795515.png)
Wenn es um Unternehmensfusionen, Rationalisierungsmaßnahmen oder Entlassungen geht, hat der Betriebsrat ein gewisses Mitspracherecht. Doch wie weit reicht die Macht des Betriebsrates wirklich? Welche Aufgaben hat er zu erfüllen und welche Regeln müssen bei der Einsetzung eines Betriebsrates beachtet werden?
Betriebsrat: Vermittler zwischen Arbeitgeber und Belegschaft
Die gesetzlichen Grundlagen zur Wahl des Betriebsrates und seines Aufgabenbereiches finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Darüber hinaus bestimmen andere Arbeitsgesetze weitere Aufgaben des Betriebsrates, z. B. sein Mitbestimmungsrecht im Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
Gemäß § 2 BetrVG arbeiten Arbeitgeber und Betriebsrat „vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes zusammen.”
Damit wird deutlich, dass ein Betriebsrat in erster Linie als Vermittler zwischen der Belegschaft und dem Arbeitgeber fungiert. Er muss also beim Arbeitgeber Anfragen, Wünsche und Forderungen der Beschäftigten vorbringen und mit ihm, wenn möglich, darüber einen Kompromiss erzielen.
Achtung: Der Betriebsrat wird zwar häufig als Vertreter der Arbeitnehmer angesehen, ist aber in Wahrheit nicht an Weisungen der Arbeitnehmer gebunden. Er ist lediglich Repräsentant der Belegschaft.
Welche Rechte hat der Betriebsrat?
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber ein weites Feld an Entscheidungsautonomie zuzugestehen ist, er ist derjenige, der letztlich die Unternehmensziele festlegt und konkrete Entscheidungen im Firmenalltag trifft. Daher ist die Macht des Betriebsrates begrenzt, dennoch ist er keinesfalls ein zahnloser Tiger.
Den größten Einfluss hat der Betriebsrat, wenn Entscheidungen des Arbeitgebers von seiner Zustimmung abhängig sind (Zustimmungsrechte), z. B. bei den Personalfragebögen oder persönlichen Angaben in Arbeitsverträgen gem. § 94 BetrVG.
Verweigert der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Zustimmung, kann dieser wiederum die Einigungsstelle anrufen, deren Entschluss dann die fehlende Zustimmung des Betriebsrates ersetzt. Die Einigungsstelle besteht je zur Hälfte aus Personen, die von Arbeitnehmerschaft und Arbeitgeberseite berufen werden und einem unabhängigen Vorsitzenden (§§ 76 ff. BetrVG).
Darüber hinaus steht dem Betriebsrat mit bestimmten Widerspruchsrechten ein echtes Mitbestimmungsrecht zu, das insbesondere bei Kündigungen zum Tragen kommt. Dabei kann es sich sowohl um verhaltensbedingte als auch betriebsbedingte Kündigungen handeln.
Hier muss der Betriebsrat vor der Kündigung über diese vom Arbeitgeber informiert werden. Kommt er zu dem Schluss, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Kündigung nicht vorliegen, muss er dies dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen und kann der Kündigung widersprechen, § 102 BetrVG.
Achtung: Dadurch wird die Kündigung zwar nicht unwirksam. Wenn aber ordnungsgemäß Kündigungsschutzklage erhoben wurde, hat der Arbeitnehmer dann bis zum Ende des Gerichtsverfahrens einen Weiterbeschäftigungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Weitere Themen, bei denen der Betriebsrat mitbestimmen kann, sind Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Betriebsordnung, Urlaub, Prämiensätze, Zielvereinbarungen und betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen.
Beratungsrecht, Anhörungsrecht und Informationsrecht des Betriebsrats
Wesentlich weniger Einflussmöglichkeiten hat der Betriebsrat über das ihm zustehende Beratungsrecht, d. h. bei einer bestimmten Arbeitgeberentscheidung ist der Betriebsrat in die Beratung und Verhandlung mit einzubeziehen, z. B. hat er ein Beratungsrecht gemäß § 85 BetrVG, wenn es um Beschwerden von Arbeitnehmern geht.
Deutlich schwächer ist die Position des Betriebsrates, wenn es um sein Anhörungsrecht und Vorschlagsrecht geht (§ 86a BetrVG), z. B. wenn er die Meinungen der Belegschaft dem Arbeitgeber zur Kenntnis bringt.
Schließlich ist noch das Informationsrecht des Betriebsrates zu erwähnen. Danach muss der Arbeitgeber den Betriebsrat informieren, wenn dieser die Information zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt, etwa gem. § 80 Abs. 2 BetrVG.
Wer darf in den Betriebsrat?
Da der Betriebsrat verpflichtet ist, zum Wohle der Arbeitnehmer zu handeln, hat dies Folgen für die Wahlberechtigung und Zusammensetzung des Betriebsrates. Ausschließlich Arbeitnehmer können einen Betriebsrat wählen und in den Betriebsrat gewählt werden. Aufgrund der Interessenlage sind damit Geschäftsführer, Vorstände, Mitglieder von Personengesellschaften, Ehegatten des Arbeitgebers, Prokuristen und insbesondere leitende Angestellte weder wahlberechtigt noch wählbar.
Ergänzung: Leitende Angestellte werden innerbetrieblich durch den sog. Sprecherausschuss vertreten, der die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber regelt.
Die Größe des Betriebsrates insgesamt, also die Anzahl der Betriebsratsmitglieder, hängt von der Anzahl der Arbeitnehmer ab, die im Betrieb beschäftigt sind (§ 9 BetrVG).
Sonderrechte für Mitglieder des Betriebsrats
Bei der Betriebsratsmitgliedschaft handelt es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, so dass für die Tätigkeit kein Entgelt gezahlt wird. Deshalb – und wegen ihrer besonderen Stellung – genießen Betriebsratsmitglieder zahlreiche Sonderrechte, die ihnen einerseits die Erfüllung ihrer Aufgaben innerhalb des Betriebes ermöglichen und andererseits ihre Unabhängigkeit vom Arbeitgeber stärken sollen.
Als Beispiele seien hier genannt:
Entgeltschutz: Arbeitslohn trotz Tätigkeit für Betriebsrat (§ 37 BetrVG)
Tätigkeitsschutz: keine niederen oder zu anspruchsvolle Aufgaben, keine Strafversetzung
Weiterbildungsschutz: Freistellungsanspruch für Fortbildungsmaßnahmen
Kündigungsschutz gemäß § 15 KSchG, der nur eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds und nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässt.
Einige dieser Sonderrechte bestehen nicht nur während der Dauer der Betriebsratsmitgliedschaft, sondern entfalten auch Nachwirkungen für die Zeit nach Beendigung der Mitgliedschaft.
Der Entgeltschutz besteht über ein Jahr fort, der Kündigungsschutz ebenfalls und der Tätigkeitsschutz für ein bis zwei Jahre (bei drei Amtszeiten infolge).
Wahl des Betriebsrats
Ein Betriebsrat kann regulär in Betrieben ab mindestens fünf regulär beschäftigte, volljährige Arbeitnehmer gewählt werden. Dazu zählen auch Teilzeitbeschäftigte, Aushilfen, die mindestens sechs Monate im Jahr beschäftigt werden oder Mitarbeiter in Elternzeit, wenn für sie kein Ersatz eingestellt wurde.
Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer ab dem 18. Lebensjahr, also auch Zeitarbeiter, die in der Firma mindestens drei Monate eingesetzt sind. Gewählt werden können alle Arbeitnehmer, außer sie haben ihr Recht auf öffentliche Wählbarkeit verloren, etwa weil sie vorbestraft sind.
Die Wahl wird vom Wahlvorstand organisiert und durchgeführt. Dabei wird in geheimer, unmittelbarer Wahl aufgrund des Verhältnis- und Mehrheitswahlrechts ein Betriebsrat bestimmt (§ 14 BetrVG).
Die reguläre Amtszeit eines Betriebsrates beträgt vier Jahre, Ausnahmen gelten etwa wenn Betriebe veräußert, gespalten oder fusioniert werden. Gewählt ist, wer mindestens ein Zwanzigstel aller Stimmen erhalten hat, wer von mindestens drei Wahlberechtigten (oder zwei bei Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten) gewählt wurde und jedenfalls wenn er 50 Stimmen erzielen konnte.
Ein vereinfachtes Verfahren ist für Kleinbetriebe in § 14a Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen.
(WEL)
Artikel teilen:
![](https://www.anwalt.de/img/article/article-teaser.png)
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Betriebsrat?
Rechtstipps zu "Betriebsrat" | Seite 19
-
24.01.2023 Rechtsanwalt Klaus Uhl„Voraussetzungen: Schriftliche Erklärung gegenüber dem Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen seit Kenntnis des Kündigungsgrundes und Anhörung eines Betriebsrates, wenn es einen solchen gibt Zunächst …“ Weiterlesen
-
23.01.2023 Rechtsanwalt Dipl.-Jur. Jens Usebach LL.M.„Der Autohersteller FORD in Köln wird zahlreiche Arbeitnehmer kündigen. In einer Betriebsversammlung hat FORD bzw. der Betriebsrat seine Pläne bekannt gemacht . Die Arbeitnehmer sind mit Bussen …“ Weiterlesen
-
19.01.2023 Rechtsanwalt Michael Heinze LL.M.„… überprüft wird. Der Umwandlungsbericht ist hierbei auch dem Betriebsrat zugänglich zu machen. Die Rechtmäßigkeit der Umwandlungsmaßnahme kann zukünftig durch das jeweils zuständige Registergericht überprüft …“ Weiterlesen
-
19.01.2023 Rechtsanwalt Jonas Bartlomiejczyk„… Diskriminierung Im Falle von Kündigungen müssen Arbeitgeber viele rechtliche Umstände beachten, etwa spezielle Voraussetzungen für eine Kündigung, Formvorschriften oder die Einbeziehung des Betriebsrates …“ Weiterlesen
-
18.01.2023 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… und Hintergrundwissen zu aktuellen Themen aus dem Arbeitsrecht. Fachanwalt Bredereck informiert Sie auch über die Arbeitgeber-Angebote seiner Fachanwaltskanzlei, beispielsweise: „Ideale Arbeitsverträge“, den richtigen Umgang mit dem Betriebsrat, und wie man richtig kündigt und abmahnt.“ Weiterlesen
-
14.03.2023 Rechtsanwalt Dr. Lenas Tilman Götz DSB zert. (TÜV)„… die Zeiterfassung an die Arbeitnehmer/ Arbeitnehmerinnen delegiert werden. 3. Unternehmen mit Betriebsrat Etwas übersehen wurde in der ganzen Aufregung bezüglich der Arbeitszeiterfassungspflicht …“ Weiterlesen
-
14.01.2023 Rechtsanwalt Tobias Gerlach„… zu lesen. Im vorliegenden Fall ging es um die Mitteilung von kurzfristig seitens des Chefs vorgenommenen Dienstplanänderungen (übrigens mitbestimmungspflichtig durch den Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 …“ Weiterlesen
-
11.01.2023 Rechtsanwalt Jonas Bartlomiejczyk„… wie beispielsweise Formvorschriften, Kündigungsvoraussetzungen, Dauer der Betriebszugehörigkeit und die Einbeziehung des Betriebsrates beachten muss. Hinsichtlich Abfindungen ist festzustellen …“ Weiterlesen
-
10.01.2023 Rechtsanwalt Klaus Maier„… mit einer wöchentlichen Arbeitszeit (inklusive Bereitschaftsdienst) von 48 Stunden arbeitete. In einer Betriebsvereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber war festgelegt, dass Notfall Sanitäter …“ Weiterlesen
-
10.01.2023 Rechtsanwalt Dominik Wawra„… , die Elternzeit beantragten Mitglieder im Betriebsrat Datenschutz-Beauftragte Jugend- und Ausbildungsvertretung Welche Rechte hat der Arbeitnehmer im Falle einer ordentlichen Kündigung? Erhält der Arbeitnehmer …“ Weiterlesen
-
08.01.2023 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… und Personaler, mit praxisrelevanten Tipps und Hintergrundwissen zu aktuellen Themen aus dem Arbeitsrecht. Dort erfahren Sie auch mehr über seine Arbeitgeber-Angebote, beispielsweise: „Ideale Arbeitsverträge“, den richtigen Umgang mit dem Betriebsrat, und wie man richtig kündigt und abmahnt.“ Weiterlesen
-
07.01.2023 Rechtsanwalt Sebastian Geidel LL.M.„… , die auch mit Ihrer Unternehmensphilosophie im Einklang stehen. Zusatztipp: Abstimmung mit dem Betriebsrat Sollten Sie in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat haben und noch keine Internetrichtlinie eingeführt haben, stimmen …“ Weiterlesen
-
06.01.2023 Rechtsanwalt Heiko Posiege„Eine Kündigung ist fehlerhaft und damit unwirksam, wenn der Betriebsrat zuvor fehlerhaft angehört d.h. informiert wurde . Im vorliegenden Fall hatte der Arbeitgeber den bei ihm bestehenden …“ Weiterlesen
-
05.01.2023 Rechtsanwalt Michael Heinze LL.M.„… entgegnete im BAG-Verfahren, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung technischer Kontrolleinrichtungen gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) lediglich …“ Weiterlesen
-
03.01.2023 Rechtsanwalt Sven Rasehorn„… oder in einem Sozialplan (durch Betriebsrat ausgehandelt) gibt es die weitere Möglichkeit des Nachteilsausgleiches nach § 113 Betriebsverfassungsgesetz. Die letztgenannte Möglichkeit kommt in Betracht …“ Weiterlesen
-
03.01.2023 Rechtsanwalt Halil Ibrahim Oguz„… -Mail, Fax, WhatsApp u. dgl. - Kündigung nicht, ggf. nicht von einem besonders Bevollmächtigten, unterschrieben - (bei Bestehen eines Betriebsrats) Nicht-Anhörung des Betriebsrats - (bei Bestehen …“ Weiterlesen
-
28.12.2022 Rechtsanwalt Dominik Wawra„… der Tarifvertrag bereits eine Klausel zur Abfindungszahlung bei betriebsbedingter Kündigung. In einigen Unternehmen hat der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber gemäß Betriebsverfassungs-Gesetz einen Sozialplan …“ Weiterlesen
-
27.12.2022 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… beschäftigt. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schloss der zum Insolvenzverwalter bestellte Beklagte mit dem Betriebsrat einen ersten Interessenausgleich mit Namensliste, der unter anderem die Kündigung …“ Weiterlesen
-
08.02.2024 Rechtsanwältin Darja Hannekum LL.M.„… gewährleistet ist. Bei der Ausgestaltung des Zeiterfassungssystems besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Ist Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich? Ja, eine selbstständige und flexible …“ Weiterlesen
-
23.12.2022 Rechtsanwalt Kevin Benjamin Villwock„… sind auch etwaige Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats. Möglich ist es nach dem Hinweisgeberschutzgesetz auch, eine konzernweite Meldestelle einzurichten. Gerne halten wir Sie zu diesem Thema weiter auf dem neuesten Stand.“ Weiterlesen
-
22.12.2022 Rechtsanwalt Alexander Meyer„… einen angemessenen Zeitrahmen zur Anpassung und Umsetzung einräumen. Betriebe mit Betriebsräten sollten sich darauf einstellen, dass diese möglicherweise bald Verhandlungen über Arbeitszeiterfassung …“ Weiterlesen
-
21.12.2022 Rechtsanwalt Dr. Ralf Stoll„… Fachanwälte Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Führungskräfte sowie Betriebsräte direkt vor Ort, aber auch bundesweit sind wir bei außergerichtlichen und gerichtlichen Verhandlungen für unsere Mandanten …“ Weiterlesen
-
21.12.2022 Rechtsanwalt Dominik Wawra„… ein Leitfaden , was bei einer Abmahnung zu tun ist: Ruhe bewahren und überlegen, was vorgefallen ist. Gibt es Zeugen des Vorfalls? Sofern im Unternehmen vorhanden: Betriebsrat in Kenntnis setzen …“ Weiterlesen
-
20.12.2022 Rechtsanwalt Alexander Bredereck„… . Und: Fachanwalt Bredereck informiert Sie über die Arbeitgeber-Angebote seiner Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht, beispielsweise: „Ideale Arbeitsverträge“, den richtigen Umgang mit dem Betriebsrat …“ Weiterlesen