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Bundesweite Warnstreiks im Öffentlichen Dienst - die wichtigsten Regeln im aktuellen Arbeitskampf

  • 3 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

[image]Nach den vorerst gescheiterten Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst drohen bundesweite Warnstreiks. Los geht es bereits am Freitag in Südniedersachsen. Betroffen sind Einrichtungen der Verwaltung, Krankenhäuser, Kindergärten, Müllabfuhr, Nahverkehr und andere öffentliche Betriebe. Im aktuellen Tarifstreit geht es um mehr Geld für rund 2,1 Millionen Beschäftigte im Öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen. Die Gewerkschaften fordern unter anderem 100 Euro mehr und einen Lohnzuschlag von 3,5 Prozent. Die zweite Runde der Tarifverhandlungen beginnt erst am Donnerstag.

ver.di, GEW und dbb haben die Beschäftigten daher für kommende Woche in ganz Deutschland zu Aktionen und Warnstreiks aufgerufen. Es ist daher in der nächsten Zeit bundesweit mit streikbedingten Problemen im Alltag zu rechnen. Warnstreiks erachtet die Rechtsprechung im Übrigen als zulässig. Doch auch hier gelten Regeln.

Beamte unterliegen generellem Streikverbot

Die Ergebnisse des Tarifabschlusses sollen zeit- und inhaltsgleich auf Beamte der Länder und Kommunen übertragen werden. Beamte dürfen dennoch nicht streiken. Das verbietet ihnen ihre aus der Verfassung folgende Treuepflicht gegenüber dem Staat. Und das unabhängig von ihrer Funktion etwa als Polizist oder Lehrer. Das Streikverbot für Letztere hat vor kurzem erst das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) bekräftigt (BVerwG, Urteil v. 27.02.2014, Az.: 2 C 1.13).

Bundesverwaltungsgericht fordert allerdings Anpassungen

Das oberste Verwaltungsgericht verweist in seinem Urteil aber auch auf Widersprüche des absoluten Streikverbots, wie es das Grundgesetz derzeit vorsieht, zur Europäischen Konvention für Menschenrechte (EMRK). Denn die EMRK rechtfertigt ein absolutes Streikverbot nur für Streitkräfte, Polizei und Angehörige der hoheitlichen Staatsverwaltung. Da die EMRK Deutschland völkerrechtlich verpflichte, müsse der Bundesgesetzgeber das Beamtenrecht anpassen.

Bis zur Neuregelung bleibe es aber beim derzeitigen umfassenden Streikverbot. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) will die Frage daher nun vom Bundesverfassungsgericht klären lassen. Sollte auch dieses ein generelles Streikverbot für alle Beamten für rechtmäßig halten, will die GEW im nächsten Schritt den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg anrufen.

Beamte deshalb auf bestreikten Arbeitsplätzen einzusetzen, um Arbeitsausfälle zu kompensieren, ist unabhängig davon unzulässig. So dürfen beamtete anstelle von angestellten Lehrern etwa nicht den ausfallenden Unterricht übernehmen, weil die angestellten Bildungskräfte streiken dürfen.

Notdienst in lebenswichtigen Bereichen

Zu den betroffenen Beschäftigten gehören insbesondere auch Mitarbeiter öffentlicher Krankenhäuser und Feuerwehren. In derart lebenswichtigen Bereichen müssen Tarifparteien sich über die Organisation eines Notdienstes verständigen. Die zum Notdienst eingeteilten Personen sind namentlich zu nennen. Eine einseitige Anordnung geht nicht. Arbeitnehmer, die sich nicht am Streik beteiligen, können deshalb aber nicht automatisch zum Notdienst verpflichtet werden.

Kündigung und Abmahnung ausgeschlossen

Sofern der Streik rechtmäßig ist, bildet die Teilnahme keinen Grund für eine Kündigung oder Abmahnung. Dazu muss der Arbeitskampf aber verhältnismäßig erfolgen und gewerkschaftlich getragen sein, ein tarifrechtlich regelbares und zulässiges Ziel haben, das letzte Mittel darstellen, weil vorherige Verhandlungen gescheitert sind und die Friedenspflicht geendet haben. Letzteres ist der Fall, wenn wie aktuell ein Tarifvertrag abgelaufen ist. Fehlen die Voraussetzungen, liegt ein rechtswidriger Streik vor, der zur Kündigung und eventuell sogar Schadensersatzansprüchen führen kann.

Kein Freibrief für Beleidigungen

In Arbeitskämpfen wird der Tonfall mit fortschreitender Dauer in der Regel härter. Äußerungen liegen mitunter im Grenzbereich zur Beleidigung. Ein Streik gibt dafür jedoch keinen Freibrief. Bei einem Überschreiten kommt es auf objektive Beweggründe für die Äußerungen und die Gefühlslage an. In einem Fall eindeutigen Wortbruchs eines Arbeitgebers waren für das Landesarbeitsgericht Düsseldorf daher zugespitzte Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt (Urteil v. 17.08.2012, Az.: 8 SaGa 14/1).

(GUE)

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