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Fristlose Kündigung nach Ohrfeige?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Mietminderung einer Nachbarin, offene Forderungen und sogar eine Ohrfeige soll es gegeben haben. Trotzdem hielt das Landgericht (LG) Karlsruhe die gegen eine Mieterin ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam. Als Freibrief für Mieter soll die Entscheidung aber dennoch nicht verstanden werden.

Zerrüttetes Verhältnis der Hausbewohner

Die Vermieterin hatte eine fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung wegen Zahlungsrückständen und einer Tätlichkeit ausgesprochen. Als die unliebsame Mieterin dennoch nicht ausziehen wollte, erhob sie Klage beim zunächst zuständigen Amtsgericht (AG) auf Räumung ihrer Eigentumswohnung. Sowohl hier als auch in der Berufung vor dem LG scheiterte sie damit allerdings.

Dabei hatte sie unstreitig eine auch schon gerichtlich festgestellte und dennoch nicht beglichene Forderung in Höhe von gut 1000 Euro erhalten. Aufgrund eines in diesem Urteil nicht mehr näher beschriebenen Verhaltens der beklagten Mieterin hatte nämlich deren Nachbarin die Miete gekürzt. Der Mietausfall für die Eigentümerin betrug 374,20 Euro, der Rest waren Prozesskosten zum einen für die Klärung der Mietminderung und zum anderen für das Regressverfahren gegen die Verursacherin.

Nachbarin im Treppenhaus geohrfeigt

Dazu hatte sich einige Monate vor der Kündigung wohl noch folgende Szene ereignet: Eine Bewohnerin reinigte wie üblich das Treppenhaus, schüttelte dabei aber die Fußmatte der beklagten Mieterin nicht mit aus und legte diese auch nicht auf die Treppe, so wie bei den anderen Bewohnern. Daraufhin kam es zum Streit der beiden, in dessen Verlauf die Beklagte der anderen Bewohnerin eine Ohrfeige gab. Die Geschlagene stellte Strafanzeige bei der Polizei, wobei jedenfalls eine Stunde nach dem Vorfall keine äußere Verletzung mehr erkennbar war.

Wenngleich die Staatsanwaltschaft ein allgemeines öffentliches Interesse an einer Strafverfolgung verneint hat, dürfte der Vorfall dennoch als strafbare Körperverletzung und ggf. auch tätliche Beleidigung zu betrachten sein. Schließlich ist auch der Hausflur kein rechtsfreier Raum. Von diesem Sachverhalt jedenfalls ging das mit der Räumungsklage befasste Zivilgericht trotz Bestreitens der mutmaßlichen Täterin aus.

Kein schlagendes Argument

Tätlichkeiten gegen andere Mieter des Hauses sind grundsätzlich nicht zu tolerieren und rechtfertigen regelmäßig eine außerordentliche Kündigung, so steht es auch in diesem Urteil. Trotzdem soll hier eine Ausnahme gelten und weder die fristlose noch die ordentliche Kündigung Gültigkeit haben.

Nachdem keine weiteren äußeren Folgen erkennbar waren, habe der Vorfall nur geringes Gewicht, meint das Gericht. So bestand seit Längerem ein persönliches Zerwürfnis zwischen den beiden Mieterinnen. Schließlich habe die Geschlagene selbst zu der Situation beigetragen, indem sie die Fußmatte nicht ausgeschüttelt und sich auf das Streitgespräch eingelassen hatte.

Zahlungsrückstände unabhängig von der Miete

Offene Vermieterforderungen sind ein oft gehörter Kündigungsgrund. Anders als in den üblichen Fällen handelte es sich hier aber nicht um die sonst üblichen Mietrückstände, sondern um Schadenersatzansprüche. Die beträfen nicht die Hauptleistungen aus dem Mietvertrag, nämlich Überlassung der Wohnung gegen Zahlung der Miete, sondern nur sogenannte Nebenpflichten.

Dazu berücksichtigte das Gericht für seine Entscheidung nicht die weiteren Prozesskosten, sondern lediglich die 374,20 Euro für den Mietausfall aufgrund der Mietminderung. Auch im Zusammenspiel mit der Ohrfeige und der Tatsache, dass diese nach wie vor bestritten wird, genügte das im konkreten Fall weder für eine außerordentlich fristlose noch für eine ordentliche Kündigung.

Darauf verlassen sollte sich jedoch kein Mieter. Auch die bereits titulierten 1000 Euro muss die Beklagte immer noch an die Vermieterin zahlen. Eine wirkliche Siegerin in der gesamten Auseinandersetzung gibt es – wie so oft im Mietrecht oder Nachbarrecht – wohl auch hier nicht.

(LG Karlsruhe, Urteil v. 20.05.2014, Az.: 9 S 30/14)

(ADS)

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