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Kündigung zur Verlängerung der Probezeit?

  • 3 Minuten Lesezeit
anwalt.de-Redaktion

Nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit atmen neu eingestellte Arbeitnehmer in der Regel auf: Die Probezeit ist überstanden, das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist anwendbar und der Job damit für die Zukunft relativ sicher.

Doch manchmal sind Arbeitgeber nach den ersten Monaten noch immer nicht ganz von ihren „Neuen“ überzeugt und würden die Probezeit gerne verlängern – das ist allerdings gar nicht so einfach.

Sechs Monate maximale Probezeit?

Eine Probezeit darf grundsätzlich auch länger als sechs Monate dauern. Allerdings ist die verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen gemäß § 622 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf maximal sechs Monate beschränkt. Ein Tarifvertrag, der ausdrücklich längere Zeiten zulässt, dürfte nur in den seltensten Fällen vorliegen.

Dazu läuft die im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) vorgesehene Wartezeit nach sechs Monaten unwiderruflich ab. Das heißt Arbeiter und Angestellte können sich – soweit sie in einem Betrieb mit regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmern beschäftigt sind – auf den gesetzlichen Kündigungsschutz berufen.

Für einen (sachgrundlos) befristeten Vertrag ist es ohnehin längst zu spät. Denn wurde einmal ein Arbeitsvertrag ohne Befristung abgeschlossen – selbst wenn der in der Probezeit gekündigt worden sein sollte –, ist eine sachgrundlos befristete Beschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr möglich.

Umgehungsmöglichkeit durch Kündigung

Ein baden-württembergischer Arbeitgeber sah sich genau dieser Situation gegenüber. Dessen neuer Vertriebsmitarbeiter hatte während seiner Probezeit noch keine Aufträge akquirieren können und die Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis kam dementsprechend nicht in Betracht. Trotzdem wollte der Unternehmer dem Mann noch eine weitere Chance geben.

Zu diesem Zweck kündigte er vorsorglich noch innerhalb der ersten sechs Monate das Arbeitsverhältnis, allerdings nicht zum nächstmöglichen Termin, was in der Probezeit zwei Wochen nach der Kündigungserklärung gewesen wäre. Stattdessen sollte die am 26.02. ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis ausdrücklich erst zum 31.05. beenden. So lange hatte der Betroffene noch Zeit, sich doch noch zu bewähren.

Aufträge konnte er allerdings auch in der Folgezeit keine vorweisen, dafür erhob er Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht, weil er meinte, es läge eine verbotene Umgehung von Kündigungsschutzregeln vor. Die Kündigung würde zwar nicht gegen das KSchG verstoßen, dafür aber gegen Treu und Glauben.

Umgehungsmöglichkeit der Probezeitbegrenzung

Das Arbeitsgericht und auch die Berufungsinstanz sahen dies anders. Tatsächlich kann eine unzulässige Wartezeitkündigung dann vorliegen, wenn ein Arbeitgeber das Beschäftigungsverhältnis eigentlich gar nicht beenden, sondern nur die Anwendbarkeit des KSchG verhindern will. So hatte es zumindest das Bundesarbeitsgericht (BAG) vor einiger Zeit in Zusammenhang mit einem Aufhebungsvertrag entschieden.

Im vorliegenden Fall jedoch ergab sich direkt aus dem Kündigungsschreiben, dass der Neue seine Probezeit nach Auffassung des Arbeitgebers nicht bestanden hatte. Das erschien anhand der unbestrittenen Erfolglosigkeit bei der Kundenakquise nicht unangemessen – die Kündigung an sich war jedenfalls nicht willkürlich und damit in der Probezeit grundsätzlich zulässig.

Wiedereinstellungszusage nicht erforderlich

Dazu wurde ausdrücklich angegeben, dass die lange Kündigungsfrist eine Bewährungschance darstellen sollte. Die Kündigung kann zwar durch den Arbeitgeber nicht rückgängig gemacht werden, aber man wollte später über eine Weiterbeschäftigung in Form eines Anschlussarbeitsvertrages verhandeln. Eine verbindliche Wiedereinstellungszusage für den Fall der Bewährung ist dagegen nicht erforderlich, entschied das LAG. Schließlich liege es ohnehin im Ermessen des Arbeitgebers, ob sich der Beschäftigte nach seiner Ansicht ausreichend bewährt hat.

Nicht relevant war außerdem die vom Arbeitgeber ausgesprochene Freistellung von der Arbeitspflicht über die letzten ca. zwei Wochen. Hierdurch wurde lediglich der bestehende Urlaubsanspruch erfüllt. Eine Vereitelung der Chance, seinen Arbeitgeber doch noch von seinen Fähigkeiten zu überzeugen, ist darin nicht sehen.

(LAG Baden-Württemberg, Urteil v. 06.05.2015, Az.: 4 Sa 94/14)

(ADS)

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