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Vermieter dürfen Miete nicht willkürlich erhöhen

  • 4 Minuten Lesezeit
Sandra Voigt anwalt.de-Redaktion

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Das deutsche Mietrecht ist seit jeher mieterfreundlich ausgestaltet worden. Erkennbar wird dies unter anderem daran, dass Vermieter nicht willkürlich die Miete erhöhen dürfen. Der Mieter soll schließlich davor geschützt werden, dass seine Wohnung plötzlich unbezahlbar für ihn wird und/oder er auf diese Art aus der Wohnung „geekelt“ wird. Die deutschen Bundesländer können sogar von der Möglichkeit Gebrauch machen, Mieterhöhungen im Rahmen laufender Verträge zu begrenzen. Eine Senkung der sog. Kappungsgrenze hat jedoch für Vermieter unangenehme Folgen – dürfen sie deswegen schließlich noch seltener die Miete anheben.

Mieterhöhung nur in bestimmten Grenzen möglich

Aus Gründen des Mieterschutzes und der Rechtssicherheit dürfen Vermieter nach § 558 BGB die Miete lediglich unter bestimmten Voraussetzungen erhöhen. So ist eine Anhebung nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zulässig – und auch das nur, wenn die Miete in den letzten 15 Monaten vor Eintritt der Mieterhöhung unverändert geblieben ist, vgl. § 558 I 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Ferner muss der Vermieter grundsätzlich – also mit Ausnahme der Mieterhöhung wegen Modernisierung bzw. Erhöhung der Betriebskosten – die sog. Kappungsgrenze nach § 558 III 1 BGB beachten. Danach ist eine Mieterhöhung insgesamt innerhalb von drei Jahren nach der letzten Anhebung nur um höchstens 20 Prozent möglich. Damit soll verhindert werden, dass der Vermieter – auch wenn sich die ortsübliche Vergleichsmiete in dieser Zeit mehrfach ändert – ständig mehr Geld verlangen darf, sondern für drei Jahre auf eine Erhöhung von maximal 20 Prozent beschränkt ist.

Hält sich der Vermieter nicht an diese Regeln, muss der Mieter einem Mieterhöhungsverlangen nicht bzw. lediglich im gesetzlichen Rahmen zustimmen.

Absenkung der Kappungsgrenze?

Die Kappungsgrenze kann nach § 558 III 2, 3 BGB weiter abgesenkt werden. Die deutschen Bundesländer dürfen mit einer Rechtsverordnung bestimmen, dass die Miete innerhalb von maximal fünf Jahren nach der letzten Anhebung um höchstens 15 Prozent erhöht werden darf. Voraussetzung ist allerdings, dass die Wohnraumversorgung der Bevölkerung in einer Gemeinde bzw. einem Teil davon gefährdet ist. Es muss also ein Engpass an bezahlbaren Wohnungen bestehen. Derzeit haben elf Bundesländer von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht.

Übrigens: Die im Jahr 2015 eingeführte Mietpreisbremse spielt bei sog. Bestandsmietverhältnissen keine Rolle – sie kommt nur bei Abschluss eines neuen Mietvertrags zur Anwendung und begrenzt dort die zulässige Miete.

Vermieter fordert Mieterhöhung

Ein Vermieter in Berlin forderte von seinem Mieter die Zustimmung zu einer Mieterhöhung um 20 Prozent. Der jedoch stimmte nur einer Mieterhöhung von 15 Prozent zu – schließlich habe das Land Berlin in einer Kappungsgrenzen-Verordnung für das gesamte Stadtgebiet festgelegt, dass eine Mieterhöhung in den nächsten fünf Jahren nur um 15 Prozent erlaubt sein soll. Der Vermieter hielt die Verordnung für unwirksam – zwar bestehe in manchen Stadtteilen durchaus ein Engpass an bezahlbarem Wohnraum, nicht aber in der Gegend, in der sein Mieter lebe. Zumindest hätte das Land Berlin den Geltungsbereich der Verordnung auf die betreffenden Stadtteile begrenzen müssen. Er klagte daher vor Gericht auf Zahlung der um 20 Prozent erhöhten Miete.

Kappungsgrenzen-Verordnung ist rechtmäßig

Der Bundesgerichtshof (BGH) wies sämtliche Ansprüche des Berliner Vermieters zurück. Er durfte die Miete nur um 15 Prozent erhöhen, nicht dagegen um 20 Prozent. Denn die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlin war rechtmäßig. So hielt das Gericht die Erwägungen des Bundeslands für durchaus tragfähig, wonach nicht nur in bestimmten Stadtteilen, sondern in ganz Berlin eine Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gefährdet war.

Hier kommt jedem Bundesland ein „weiter wohnungsmarkt- und sozialpolitischer Beurteilungs- und Einschätzungsspielraum“ zu. Es kann also ziemlich frei entscheiden, welche Gebiete und – weiter einschränkend – welche Gemeinde(teile) für welchen Zeitraum und nach welchem Konzept in den Geltungsbereich der Rechtsverordnung fallen. Die Grenze der Zulässigkeit ist erst erreicht, wenn die Rechtsverordnung nicht mehr von § 558 III 2, 3 BGB gedeckt ist oder die Erwägungen des Bundeslands offensichtlich falsch sind.

Kein Verstoß gegen das Eigentumsrecht

Vorliegend jedoch konnte der BGH nicht erkennen, dass sich das Bundesland von fehlerhaften Erwägungen hat leiten lassen. So war bereits kein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Vermieters nach Art. 14 I Grundgesetz (GG) erkennbar. Mit der Verordnung hat das Bundesland Berlin schließlich ein legitimes öffentliches Interesse nach Art. 14 I 2 GG verfolgt – ein „zu rascher Anstieg der Miete auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete“ sollte verhindert werden. Ansonsten hätte es passieren können, dass so mancher Mieter sich seine Wohnung nicht mehr leisten kann und ausziehen muss.

Beschränkung auf Stadtteile nicht nötig

Eine noch geringere Eingriffsmöglichkeit war nicht ersichtlich – so gilt die Verordnung ohnehin nur für eine bestimmte Zeit und für ein bestimmtes Gebiet. Im Übrigen war das Bundesland Berlin nicht verpflichtet, den Anwendungsbereich der Verordnung lediglich auf die von dem Engpass betroffenen Stadtteile zu beschränken. Hierzu ist es gesetzlich schließlich nicht gezwungen. Auch Fehler bei den Erwägungen waren für den BGH nicht erkennbar. Schließlich besteht ein Engpass an bezahlbaren Wohnungen gerade z. B. in Ballungsräumen, Industrie- und Universitätsstädten oder auch Städten in besonders zentrale Lage. Wäre die Gebietsausweisung lediglich auf einige Stadtteile beschränkt worden, wäre es nicht möglich gewesen, den raschen Anstieg der Mieten so schnell zu drosseln und damit die Bestandsmieter in der Stadt Berlin gleichermaßen zu schützen.

Fazit: Die Kappungsgrenzen-Verordnung des Landes Berlins war rechtmäßig – der Vermieter durfte daher die Miete nur um 15 Prozent erhöhen. Allerdings sollte beachtet werden, dass das Urteil des BGH nur gegenüber dem Land Berlin, nicht auch gegenüber den anderen zehn Bundesländern gilt, die ebenfalls eine Kappungsgrenzen-Verordnung erlassen haben. Diesbezüglich kommt dem Urteil lediglich eine Signalwirkung zu – schließlich wurde nun allgemein geklärt, dass den Ländern ein weiter Entscheidungs- und Prognosespielraum bezüglich der Frage zusteht, ob, wann, wo und unter welchen Umständen eine Senkung der Kappungsgrenze in Betracht kommt.

(BGH, Urteil v. 04.11.2015, Az.: VIII ZR 217/14)

(VOI)

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