Abfindung: In diesen Fällen haben Sie Anspruch!
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Abfindung: Bei Kündigung selbstverständlich?
Ihr Arbeitsverhältnis wurde beendet – erhalten Sie nun automatisch auch eine Abfindung? In unserem Experten-Ratgeber erklären Rechtsanwalt Ulrich Gewert und Rechtsanwalt Markus Schleifer, unter welchen Voraussetzungen Sie mit einer Abfindung rechnen können, wie hoch diese ausfallen kann und welche Auswirkungen auf Steuern und auf das Arbeitslosengeld es zu beachten gibt.
Experten-Autoren dieses Themas
Wann besteht ein Anspruch auf Abfindung?
Aufhebungsvertrag und Abfindung
Aufhebungsvertrag und Abfindung werden von vielen Arbeitnehmer*innen in einem Atemzug genannt. Denn viele glauben, dass man als Arbeitnehmer*in immer Anspruch auf Zahlung einer Abfindung hat, wenn man sich mit dem Arbeitgeber auf einen Aufhebungsvertrag bzgl. seines Arbeitsvertrages einigt.
Das ist allerdings nicht der Fall. Denn nicht jeder arbeitsrechtliche Aufhebungsvertrag beinhaltet eine Abfindung(szahlung). Kern eines Aufhebungsvertrages im Arbeitsrecht ist, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich einigen, einen Arbeitsvertrag zu einem bestimmten Termin zu beenden.
Hinweis! Wer einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet, verzichtet vollständig auf gesetzlichen Kündigungsschutz, egal wie rechtswidrig eine Kündigung in dieser Situation wäre. Das sollte man sich vor Augen führen, BEVOR man einen Aufhebungsvertrag unterzeichnet!
Ob eine Abfindungszahlung vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer im Aufhebungsvertrag vereinbart wird, hängt stark von der konkreten Situation ab.
Geht die Initiative für den Aufhebungsvertrag von der/dem Mitarbeitenden aus, ist eine Abfindung im Aufhebungsvertrag meist kein Thema. Zu einer solchen Konstellation kommt es u. a., wenn der/die Mitarbeiter*in ein starkes Interesse am Aufhebungsvertrag hat, z. B. um die gesetzliche Kündigungsfrist wegen eines neuen Arbeitsverhältnisses abzukürzen. Dann gibt es für den Arbeitgeber keinen Grund, eine Abfindung zu vereinbaren.
Geht die Initiative für den Aufhebungsvertrag vom Arbeitgeber aus, ist es deutlich wahrscheinlicher, dass eine Abfindung(szahlung) vereinbart wird. Denn häufig bieten Arbeitgeber Mitarbeitenden Aufhebungsverträge an, wenn sie ein Arbeitsverhältnis endgültig rechtssicher beenden bzw. eine Kündigungsschutzklage vermeiden wollen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn eine Arbeitgeberkündigung unmöglich oder unsicher wäre. Mit Vereinbarung einer Abfindung im Aufhebungsvertrag „versüßt“ der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Abschluss des Aufhebungsvertrages – und den damit verbundenen Verzicht auf gesetzlichen Kündigungsschutz.
Betriebsbedingte Kündigung und Abfindung
Auch im Falle einer betriebsbedingten Kündigung ist eine Abfindung denkbar, denn nach § 1a KSchG haben Arbeitnehmer*innen Anspruch auf Abfindung gegen ihren Arbeitgeber, wenn ihnen wegen „dringender betrieblicher Erfordernisse“ nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG gekündigt wurde.
Achtung! Damit dieser Anspruch überhaupt entstehen kann, muss auf das Arbeitgeber-Unternehmen das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) anwendbar sein. Das ist nur in Unternehmen/Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Mitarbeitenden der Fall.
Aber auch wenn das KSchG anwendbar ist, hat nicht jede*r Arbeitnehmer*in nach einer betriebsbedingten Kündigung immer Anspruch auf Abfindung!
Denn nach § 1a Abs. 1 Satz 2 KSchG muss der Arbeitgeber im Kündigungsschreiben ausdrücklich darauf hinweisen, dass
es sich um eine betriebsbedingte Kündigung handelt und
er an den/die Betroffene*n eine Abfindung zahlt, wenn er/sie nicht innerhalb der gesetzlichen Klagefrist gem. § 4 Satz 1 KSchG (drei Wochen nach Zugang der Kündigung!) Kündigungsschutzklage erhebt.
Ist das der Fall und erheben betroffene Mitarbeiter*innen nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist Kündigungsschutzklage, entsteht ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Abfindung wegen betriebsbedingter Kündigung.
Mit einer solchen Abfindung „entlohnt“ der Arbeitgeber also auch in diesem Fall den Verzicht auf gesetzlichen Kündigungsschutz im Falle betriebsbedingter Kündigungen (Werkschließungen, Stellenabbau etc.). Wie sich die Höhe der Abfindung berechnet, regelt § 1a Abs. 2 KSchG.
Hinweis! Auch im Falle einer für Mitarbeitende (nachteiligen) betriebsbedingten Änderungskündigung ist eine Abfindung gem. § 1a KSchG denkbar, wenn es letztlich zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt.
Abfindung und öffentlicher Dienst
Grundsätzlich gilt für Arbeitnehmer*innen im öffentlichen Dienst ebenfalls das Kündigungsschutzgesetz. Damit ist eine Kündigung oder Aufhebung eines Arbeitsvertrages unter gleichen bzw. ähnlichen Voraussetzungen möglich. Damit gelten auch für die Zahlung von Abfindungen grundsätzlich ähnliche Bedingungen.
Allerdings gelten im öffentlichen Dienst unterschiedliche Tarifverträge, z. B. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD für Bund und Kommunen), der TV-L (Tarifvertrag öffentlicher Dienst der Länder) oder der Tarifvertrag zur sozialen Absicherung (TVsA). Im öffentlichen Dienst gilt aber – wie bei allen anderen auch: Einen grundsätzlichen Anspruch auf Abfindung bei Kündigung gibt es nicht.
Ein Anspruch auf Abfindung kann sich aber auch im öffentlichen Dienst aus einem Aufhebungsvertrag ergeben – ist aber auch dort nicht zwangsläufig und von der Verhandlungsposition der Beschäftigten abhängig (s. o.). Die Chancen auf eine Abfindung im Aufhebungsvertrag stehen deshalb auch hier besonders gut, wenn der Vertrag z. B. wegen spezieller tarifvertraglicher Regeln schwer oder gar nicht kündbar ist (sehr lange Betriebszugehörigkeit etc.).
Außerdem können sich Abfindungsansprüche im öffentlichen Dienst direkt aus einem Tarifvertrag, z. B. dem TVsA, ergeben, wenn ein Arbeitsverhältnis wegen Personalabbau (= mehrere Arbeitsverhältnisse werden betriebsbedingt gekündigt) beendet wird.
Die Höhe der Abfindung ist auch für den öffentlichen Dienst grundsätzlich nicht gesetzlich geregelt. Entsteht der Anspruch auf Abfindung im öffentlichen Dienst aber aus dem TVsA, existieren dort exakte Vorgaben zur Höhe der Abfindungszahlung. Sie ist abhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit und kennt – anders als in anderen Arbeitsverhältnissen – Minimal- und Maximalgrenzen.
Hinweis! Beamtinnen und Beamte können keinen Anspruch auf Abfindung haben. Im Falle einer Entlassung können sie aber unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Übergangsgeld haben. Voraussetzung ist u. a., mindestens ein Jahr als Beamte*r tätig gewesen zu sein, wobei keine Entlassung auf eigenen Antrag, keine dauerhafte Dienstunfähigkeit oder Entlassung wegen Verfehlungen vorliegen darf.
Abfindung durch gerichtlichen Vergleich oder Auflösungsurteil
Nicht jedes Arbeitsverhältnis – ob auf dem freien Arbeitsmarkt oder im öffentlichen Dienst – endet friedlich, z. B. mit einem Aufhebungsvertrag.
Endet ein Arbeitsverhältnis mit einer personenbedingten Kündigung, verhaltensbedingten Kündigung oder betriebsbedingten Kündigung, kommt es nicht selten zum Streit über derartige Arbeitgeberkündigungen – häufig auch vor dem Arbeitsgericht. Denn Arbeitnehmer*innen haben die Möglichkeit, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Kündigungsschutzklage zu erheben, um die Wirksamkeit der (fristlosen) Kündigung oder Änderungskündigung (Änderungskündigungsschutzklage) gerichtlich überprüfen zu lassen.
Hinweis! Kündigungsschutzklage können Gekündigte allerdings nur erheben, sofern das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitgeberunternehmen anwendbar ist – also regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer*innen im Betrieb beschäftigt sind.
Ist die Kündigung wirksam, ist das bisherige Arbeitsverhältnis zum entsprechenden Kündigungszeitpunkt beendet – das stellt das Arbeitsgericht entsprechend fest.
War die Kündigung unwirksam, weil es z. B. an einer vorherigen Abmahnung fehlte oder weil kein (wichtiger) Kündigungsgrund vorlag, stellt das Gericht fest, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht. Stellt sich bereits im Kündigungsschutzprozess heraus, dass die Kündigung wohl unwirksam ist, kann es deshalb sinnvoll sein, sich im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verständigen – für Arbeitnehmer*innen dann allerdings nur gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung.
Eine weitere – eher seltene – Möglichkeit der gerichtlichen Entscheidung über das Ende eines Arbeitsvertrages ist das Auflösungsurteil: Ist eine Kündigung unwirksam, will der Arbeitgeber aber keinen gerichtlichen Vergleich eingehen, können Arbeitnehmer bei Gericht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragen. Gleichzeitig wird dann die Verurteilung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Abfindung beantragt. Allerdings ist das alles nur möglich, wenn die infrage stehende Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat, es aber für den/die Mitarbeitende*n unzumutbar ist, weiter für diesen Arbeitgeber zu arbeiten (z. B. grobes Fehlverhalten des Arbeitgebers im oder vor dem gerichtlichen Verfahren).
Hinweis! Eine Aufhebung durch gerichtlichen Vergleich inkl. Abfindung oder die Auflösung durch Urteil ist auch bei Arbeitsverhältnissen im öffentlichen Dienst möglich. Die Abfindung kann hier sogar höher ausfallen als z. B. in einem Aufhebungsvertrag, bei dem die Höhe der Abfindung ggf. nach § 4 Abs. 1 TVsA „gedeckelt“ ist.
Abfindung durch Sozialplan
Nicht zuletzt kann sich ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung aus einem Sozialplan ergeben, der häufig zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen wird, wenn es zu Betriebsänderungen (Stilllegung/Verlegung eines Betriebs, Zusammenlegung von Standorten) kommt, die häufig mit dem Abbau zahlreicher Arbeitsplätze verbunden sind. Der Sozialplan dient in einem solchen Fall dazu, Nachteile für die Belegschaft, z. B. durch Kündigungen, möglichst abzumildern und für alle Beteiligten Rechtssicherheit zu schaffen.
Abfindungen für Gekündigte sind vor allem bei „Massenentlassungen“ als sog. Sozialplanabfindungen Teil des Sozialplans.
Hinweis! Enthält ein Sozialplan keine Sozialplanabfindungen, besteht ggf. eine gute Chance, eine Abfindung im Rahmen eines individuellen Aufhebungsvertrages (s. o.) zu verhandeln, v. a. wenn dem Arbeitgeber andernfalls ein langwieriges Kündigungsschutzverfahren droht.
Existieren Sozialplanabfindungen, kann sie grundsätzlich jede*r gekündigte Mitarbeitende verlangen. Die Berechnung der Abfindung im Einzelfall erfolgt dann nach Kriterien, die ebenfalls im Sozialplan festgelegt werden (z. B. Betriebszugehörigkeit, Alter oder Position).
Hinweis! Diese Sozialplanabfindung darf grundsätzlich NICHT von einem Verzicht auf die Kündigungsschutzklage abhängig gemacht werden. Auch Ausschlussklauseln im Falle einer Eigenkündigung greifen nicht immer – hier ist der Einzelfall zu prüfen.
Nicht zuletzt ist es wichtig zu wissen, dass eine Sozialplanabfindung nicht in Stein gemeißelt ist. Fällt sie zu niedrig aus, kann man durchaus versuchen, mithilfe eines Anwalts individuell nachzuverhandeln.
Abfindungshöhe: Womit kann man rechnen?
Die Abfindungshöhen orientieren sich an dem Grundsatz der §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz, wonach eine angemessene Entschädigung zu zahlen ist.
Die zu erwartende Mindestzahlung (Regelabfindung) berechnet sich für alle Arbeitnehmer nach folgender Formel: Jahre der Betriebszugehörigkeit x 0,5 Monatsgehalt.
Rechenbeispiel 1:
Ein Arbeitnehmer verdient 4.200 Euro brutto im Monat und ist 6 Jahre im Betrieb beschäftigt.
Er erhält als Regelabfindung: 4.200 Euro x 0,5 = 2.100 Euro x 6 (Jahre) = 12.600,00 Euro Abfindung
Die Mindestzahlung kann durch Verhandlungen mit dem Arbeitgeber aufgestockt werden, sodass zurzeit üblicherweise Abfindungszahlungen von 0,5 bis 1,0 Brutto-Monatsgehälter x Jahre der Betriebszugehörigkeit gezahlt werden.
Rechenbeispiel 2:
Ein Arbeitnehmer verdient 4.200 Euro brutto im Monat und ist 6 Jahre im Betrieb beschäftigt.
Er erhält als Regelabfindung: 4.200 Euro x 1,0 = 4.200 Euro x 6 (Jahre) = 25.200 Euro Abfindung
Welche Kriterien bestimmen die Höhe der Abfindung?
Maßgeblich für eine Erhöhung des Faktors zur Berechnung der Abfindung sind Kriterien wie die voraussichtliche rechtliche Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung und die Prognose, in welcher Zeit eine Weitervermittlung und die Aufnahme einer Folgebeschäftigung möglich ist. Aufgrund der regional unterschiedlichen Wirtschaftskraft in der Bundesrepublik Deutschland ergeben sich daraus in der Praxis zum Teil erhebliche Unterschiede innerhalb einzelner Bundesländer und auch der Bundesländer untereinander.
Die Verhandlungen orientieren sich zusätzlich an dem Grundsatz des § 9, 10 Kündigungsschutzgesetz, wonach für den Verlust des Arbeitsplatzes eine angemessene Entschädigung zu zahlen ist. Daher führen im Einzelfall auch zusätzliche persönliche Kriterien wie Alter, Unterhaltsverpflichtungen, Familienstand, Position im Betrieb oder ein Sonderkündigungsschutz (wie auch im Fall der sog. tariflichen „Unkündbarkeit“) zu einer Erhöhung der Regelabfindung. Die Kriterien können dabei allein oder aber zusammen vorliegen. Wenn der Arbeitnehmer zusätzlich einen tarifvertraglichen oder gesetzlichen Sonderkündigungsschutz genießt, kann dies den Faktor und somit die Abfindung erhöhen.
Was gibt es sonst zu beachten …
… bei einem Angebot des Arbeitgebers mit der Kündigung?
Sofern der Arbeitgeber nach dem Kündigungsschutzgesetz bereits mit der Kündigung eine Abfindung anbietet, beträgt die Abfindung üblicherweise einen halben Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr. Dieses Angebot beinhaltet fast immer die übliche Regelabfindung und sollte vor Annahme genau geprüft werden, da es nur die Untergrenze der möglichen Abfindungshöhe wiedergibt.
… bei Abfindungshöhen für ältere, rentennahe Arbeitnehmer?
Für ältere, rentennahe Arbeitnehmer gibt es die besondere Berechnungsvariante, einen zu erwartenden finanziellen Verlust durch Zahlung von Arbeitslosengeld und eventuellem vorzeitigen Rentenbezug anstatt der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses auszugleichen. Dieses kann zur einer Besserstellung älterer Arbeitnehmer führen, was rechtlich jedoch möglich sein dürfte.
… bei Abfindungshöhen für mehre Arbeitnehmer durch einen Arbeitgeber?
Grundsätzlich sind die Abfindungshöhen individuell zu vereinbaren und nicht vergleichbar. Anders ist es, wenn der Arbeitgeber nach einer von ihm selbst aufgestellten internen Vorgabe die Abfindungshöhe bestimmt und diese internen Regeln Ungleichbehandlungen beinhalten, die keinen Sachgrund haben. Dann liegt ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor und die schlechter gestellten Arbeitnehmer haben einen Anspruch auf Besserstellung.
Abfindung und Arbeitslosengeld: Welche Auswirkungen hat die Zahlung?
Anrechnung auf Arbeitslosengeld I?
Eine als Entschädigung für die betriebsbedingte Kündigung gezahlte Abfindung (§1a KSchG) wird nicht auf das ALG 1 angerechnet.
Erfolgt die Zahlung der Abfindung auf Basis eines freiwilligen Aufhebungsvertrages, besteht die Gefahr einer Sperrzeit für die Zahlung des Arbeitslosengeldes (ALG I), wenn das Arbeitsverhältnis vor Erreichen der regulären Kündigungsfrist beendet wird. So kann das Arbeitslosengeld I durch die Agentur für Arbeit reduziert werden. Diese Gefahr gilt z. B. auch, wenn bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Zahlung von Entschädigungen für den Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund eines von Arbeitgeber und Betriebsrat festgesetzten Sozialplanes für Umstrukturierungen und betriebsbedingte Kündigungen erfolgt oder allgemein für die vorzeitige Beendigung gezahlt wird. Im Ergebnis soll durch die Sperre eine Doppelzahlung vermieden werden.
Die Dauer der Sperrzeit wird individuell festgesetzt und richtet sich nach der Höhe der Abfindung, dem Alter und der Dauer der Betriebszugehörigkeit.
Während der Sperrzeit ruht der Leistungsanspruch gegenüber der Agentur. In diesem Zeitraum wird von der Agentur kein Geld gezahlt. Zusätzlich kürzt die Agentur für Arbeit nach § 148 Abs. 1 Nr. 4 SGB III auch die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldanspruchs.
Anrechnung auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV)?
Anders ist die Situation dagegen beim Bezug von Arbeitslosengeld II (ALG II/Hartz IV). Die Abfindung kann den Anspruch auf Sozialleistungen verringern (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 3. März 2009, Az.: B 4 AS 47/08 R).
Entscheidend ist dafür, wann genau dem Arbeitnehmer die Abfindung zufließt: Wird die Abfindung vor der Beantragung von ALG II ausgezahlt, dann ist sie als sog. Vermögen des Antragstellers einzustufen und es gelten Freibeträge zugunsten des Arbeitnehmers, die in § 12 SGB II geregelt sind.
Zu einer Anrechnung kommt es, wenn die Zahlung der Abfindung nach Antragstellung auf ALG II erfolgt. Die Abfindung ist als Einkommen einzustufen und grundsätzlich anzurechnen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Abfindung als sogenannte zweckbestimmte Einnahme i. S. d. § 11 SGB II zu qualifizieren wäre.
Ist die Abfindung steuerfrei?
Bei einer betriebsbedingten Kündigung oder einer Umstrukturierung im Betrieb werden vielfach Abfindungszahlungen als Entschädigungsleistungen für den Verlust des Arbeitsplatzes angeboten und gezahlt.
Die erhaltene Abfindung ist als Einkommen vom Arbeitnehmer seit dem 01. Januar 2006 immer zu versteuern. Durch die Kombination der Auszahlung einer Abfindung und (regulären) Vergütungen erhält der Arbeitnehmer jedoch oftmals im letzten Jahr des bestehenden Arbeitsverhältnisses durch die gezahlte Abfindung deutlich erhöhte Einkünfte.
Der Gesetzgeber hat für solche sogenannten außerordentlichen Einkünfte nach § 34 EStG anzuwendende Steuerermäßigungen geschaffen (§ 24 Nr. 1a EStG). Da sich mit steigendem Einkommen üblicherweise die Steuerzahlungen für den Bürger erhöhen, soll die Steuerlast bei vollständiger Zahlung der gesamten Abfindung in einem Jahr (also im steuerlichen Veranlagungsjahr) gemindert werden. Hierzu hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Fünftelregelung geschaffen. Die Abfindung verteilt sich in der Steuerberechnung gleichmäßig auf fünf Jahre. Der tatsächliche positive Steuereffekt (Ersparnis) für den Arbeitnehmer hängt von seiner persönlichen Steuererklärung ab und ist daher nur individuell zu bestimmen.
Dieser steuerliche Vorteil bei einer Abfindungszahlung ist jedoch nur möglich, wenn die Abfindung in einem Betrag ausgezahlt wurde. Oftmals wäre sicher eine Zahlung in mehreren Raten und eine Verteilung auf mindestens 2 Jahre steuerlich vorteilhaft, da nicht immer eine Anschlussbeschäftigung für den Arbeitnehmer gegeben ist und daher das Gesamteinkommen des Folgejahres niedriger sein wird und folglich auch die zu zahlenden Steuern geringer.
Achtung:
Wenn die Abfindung in Raten gezahlt wird, kann die Fünftelregelung nicht mehr für alle Raten angewandt werden, es sei denn, es wird z. B. nicht mehr als zehn Prozent der Hauptsumme in einem anderen Jahr (= steuerliches Veranlagungsjahr) gezahlt (vgl. Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 4. März 2016). Zu raten bleibt also bei einer Ratenzahlung, sich immer vorab zu informieren und darauf zu achten, dass in den Verhandlungen auch die jeweils anfallende Einkommenssteuer als Zahlbetrag berücksichtigt wird.
Sozialversicherungsbeiträge dagegen fallen in vielen Fällen nach § 14 SGB IV nicht an. Das gilt für die Renten- und Kranken- sowie für die Pflege- und die Arbeitslosenversicherung. Eine Ausnahme gilt für die private Renten- und Krankenversicherung.
Häufige Fragen und Antworten zur Abfindung
Besteht ein Anspruch auf Abfindung bei Kündigung?
Grundsätzlich gibt es keine gesetzliche Abfindung. Ein Abfindungsanspruch besteht allerdings bei einer betriebsbedingten Kündigung nach § 1a KSchG. Auch bei einem Auflösungsurteil nach § 9 Abs. 1 KSchG kann ein Anspruch bestehen, wenn eine Regelung gemäß Tarifvertrag oder Sozialplan gilt. Die Abfindung kann auch Inhalt eines Aufhebungsvertrags sein, um dabei den Mitarbeiter zum Verzicht auf seinen Kündigungsschutz zu überreden.
Erhält man bei einer Kündigung wegen Krankheit eine Abfindung?
Liegt bei der krankheitsbedingten Kündigung ein Arbeitgeberfehler vor oder handelt es sich um eine beruflich bedingte Erkrankung, so besteht ein Anspruch auf Abfindung. Es besteht dann die Möglichkeit zur Klage: Bei einer erfolgreichen Klage mit einem gerichtlichen Vergleich kann das Erhalten der Abfindung im Gegenzug zum Fallenlassen der Klage erfolgen. Alternativ zur Klage gibt es auch die Option zum Verhandeln einer Abfindung im Rahmen eines Aufhebungs- oder Abwicklungsvertrags.
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Rechtstipps zu "Abfindung" | Seite 133
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