Wie viel Macht hat der Betriebsrat wirklich?
- 5 Minuten Lesezeit
Wenn es um Unternehmensfusionen, Rationalisierungsmaßnahmen oder Entlassungen geht, hat der Betriebsrat ein gewisses Mitspracherecht. Doch wie weit reicht die Macht des Betriebsrates wirklich? Welche Aufgaben hat er zu erfüllen und welche Regeln müssen bei der Einsetzung eines Betriebsrates beachtet werden?
Betriebsrat: Vermittler zwischen Arbeitgeber und Belegschaft
Die gesetzlichen Grundlagen zur Wahl des Betriebsrates und seines Aufgabenbereiches finden sich im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Darüber hinaus bestimmen andere Arbeitsgesetze weitere Aufgaben des Betriebsrates, z. B. sein Mitbestimmungsrecht im Kündigungsschutzgesetz (KSchG).
Gemäß § 2 BetrVG arbeiten Arbeitgeber und Betriebsrat „vertrauensvoll und im Zusammenwirken mit den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebes zusammen.”
Damit wird deutlich, dass ein Betriebsrat in erster Linie als Vermittler zwischen der Belegschaft und dem Arbeitgeber fungiert. Er muss also beim Arbeitgeber Anfragen, Wünsche und Forderungen der Beschäftigten vorbringen und mit ihm, wenn möglich, darüber einen Kompromiss erzielen.
Achtung: Der Betriebsrat wird zwar häufig als Vertreter der Arbeitnehmer angesehen, ist aber in Wahrheit nicht an Weisungen der Arbeitnehmer gebunden. Er ist lediglich Repräsentant der Belegschaft.
Welche Rechte hat der Betriebsrat?
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass dem Arbeitgeber ein weites Feld an Entscheidungsautonomie zuzugestehen ist, er ist derjenige, der letztlich die Unternehmensziele festlegt und konkrete Entscheidungen im Firmenalltag trifft. Daher ist die Macht des Betriebsrates begrenzt, dennoch ist er keinesfalls ein zahnloser Tiger.
Den größten Einfluss hat der Betriebsrat, wenn Entscheidungen des Arbeitgebers von seiner Zustimmung abhängig sind (Zustimmungsrechte), z. B. bei den Personalfragebögen oder persönlichen Angaben in Arbeitsverträgen gem. § 94 BetrVG.
Verweigert der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Zustimmung, kann dieser wiederum die Einigungsstelle anrufen, deren Entschluss dann die fehlende Zustimmung des Betriebsrates ersetzt. Die Einigungsstelle besteht je zur Hälfte aus Personen, die von Arbeitnehmerschaft und Arbeitgeberseite berufen werden und einem unabhängigen Vorsitzenden (§§ 76 ff. BetrVG).
Darüber hinaus steht dem Betriebsrat mit bestimmten Widerspruchsrechten ein echtes Mitbestimmungsrecht zu, das insbesondere bei Kündigungen zum Tragen kommt. Dabei kann es sich sowohl um verhaltensbedingte als auch betriebsbedingte Kündigungen handeln.
Hier muss der Betriebsrat vor der Kündigung über diese vom Arbeitgeber informiert werden. Kommt er zu dem Schluss, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Kündigung nicht vorliegen, muss er dies dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche schriftlich mitteilen und kann der Kündigung widersprechen, § 102 BetrVG.
Achtung: Dadurch wird die Kündigung zwar nicht unwirksam. Wenn aber ordnungsgemäß Kündigungsschutzklage erhoben wurde, hat der Arbeitnehmer dann bis zum Ende des Gerichtsverfahrens einen Weiterbeschäftigungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber.
Weitere Themen, bei denen der Betriebsrat mitbestimmen kann, sind Arbeitszeit, Arbeitsschutz, Betriebsordnung, Urlaub, Prämiensätze, Zielvereinbarungen und betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen.
Beratungsrecht, Anhörungsrecht und Informationsrecht des Betriebsrats
Wesentlich weniger Einflussmöglichkeiten hat der Betriebsrat über das ihm zustehende Beratungsrecht, d. h. bei einer bestimmten Arbeitgeberentscheidung ist der Betriebsrat in die Beratung und Verhandlung mit einzubeziehen, z. B. hat er ein Beratungsrecht gemäß § 85 BetrVG, wenn es um Beschwerden von Arbeitnehmern geht.
Deutlich schwächer ist die Position des Betriebsrates, wenn es um sein Anhörungsrecht und Vorschlagsrecht geht (§ 86a BetrVG), z. B. wenn er die Meinungen der Belegschaft dem Arbeitgeber zur Kenntnis bringt.
Schließlich ist noch das Informationsrecht des Betriebsrates zu erwähnen. Danach muss der Arbeitgeber den Betriebsrat informieren, wenn dieser die Information zur Erfüllung seiner Aufgabe benötigt, etwa gem. § 80 Abs. 2 BetrVG.
Wer darf in den Betriebsrat?
Da der Betriebsrat verpflichtet ist, zum Wohle der Arbeitnehmer zu handeln, hat dies Folgen für die Wahlberechtigung und Zusammensetzung des Betriebsrates. Ausschließlich Arbeitnehmer können einen Betriebsrat wählen und in den Betriebsrat gewählt werden. Aufgrund der Interessenlage sind damit Geschäftsführer, Vorstände, Mitglieder von Personengesellschaften, Ehegatten des Arbeitgebers, Prokuristen und insbesondere leitende Angestellte weder wahlberechtigt noch wählbar.
Ergänzung: Leitende Angestellte werden innerbetrieblich durch den sog. Sprecherausschuss vertreten, der die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgeber regelt.
Die Größe des Betriebsrates insgesamt, also die Anzahl der Betriebsratsmitglieder, hängt von der Anzahl der Arbeitnehmer ab, die im Betrieb beschäftigt sind (§ 9 BetrVG).
Sonderrechte für Mitglieder des Betriebsrats
Bei der Betriebsratsmitgliedschaft handelt es sich um eine ehrenamtliche Tätigkeit, so dass für die Tätigkeit kein Entgelt gezahlt wird. Deshalb – und wegen ihrer besonderen Stellung – genießen Betriebsratsmitglieder zahlreiche Sonderrechte, die ihnen einerseits die Erfüllung ihrer Aufgaben innerhalb des Betriebes ermöglichen und andererseits ihre Unabhängigkeit vom Arbeitgeber stärken sollen.
Als Beispiele seien hier genannt:
Entgeltschutz: Arbeitslohn trotz Tätigkeit für Betriebsrat (§ 37 BetrVG)
Tätigkeitsschutz: keine niederen oder zu anspruchsvolle Aufgaben, keine Strafversetzung
Weiterbildungsschutz: Freistellungsanspruch für Fortbildungsmaßnahmen
Kündigungsschutz gemäß § 15 KSchG, der nur eine außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds und nur mit Zustimmung des Betriebsrats zulässt.
Einige dieser Sonderrechte bestehen nicht nur während der Dauer der Betriebsratsmitgliedschaft, sondern entfalten auch Nachwirkungen für die Zeit nach Beendigung der Mitgliedschaft.
Der Entgeltschutz besteht über ein Jahr fort, der Kündigungsschutz ebenfalls und der Tätigkeitsschutz für ein bis zwei Jahre (bei drei Amtszeiten infolge).
Wahl des Betriebsrats
Ein Betriebsrat kann regulär in Betrieben ab mindestens fünf regulär beschäftigte, volljährige Arbeitnehmer gewählt werden. Dazu zählen auch Teilzeitbeschäftigte, Aushilfen, die mindestens sechs Monate im Jahr beschäftigt werden oder Mitarbeiter in Elternzeit, wenn für sie kein Ersatz eingestellt wurde.
Wahlberechtigt sind alle Arbeitnehmer ab dem 18. Lebensjahr, also auch Zeitarbeiter, die in der Firma mindestens drei Monate eingesetzt sind. Gewählt werden können alle Arbeitnehmer, außer sie haben ihr Recht auf öffentliche Wählbarkeit verloren, etwa weil sie vorbestraft sind.
Die Wahl wird vom Wahlvorstand organisiert und durchgeführt. Dabei wird in geheimer, unmittelbarer Wahl aufgrund des Verhältnis- und Mehrheitswahlrechts ein Betriebsrat bestimmt (§ 14 BetrVG).
Die reguläre Amtszeit eines Betriebsrates beträgt vier Jahre, Ausnahmen gelten etwa wenn Betriebe veräußert, gespalten oder fusioniert werden. Gewählt ist, wer mindestens ein Zwanzigstel aller Stimmen erhalten hat, wer von mindestens drei Wahlberechtigten (oder zwei bei Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten) gewählt wurde und jedenfalls wenn er 50 Stimmen erzielen konnte.
Ein vereinfachtes Verfahren ist für Kleinbetriebe in § 14a Betriebsverfassungsgesetz vorgesehen.
(WEL)
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Betriebsrat?
Rechtstipps zu "Betriebsrat" | Seite 26
-
23.03.2022 Rechtsanwalt Marco Rath„… Wochen. Die Zustimmung zur Kündigung beantragt der Arbeitgeber bei Integrationsamt schriftlich. Das Integrationsamt holt eine Stellungnahme des Betriebsrates oder Personalrates …“ Weiterlesen
-
20.03.2022 Rechtsanwältin Tanja Fuß MPA„… zusammen mit dem Betriebsrat – entscheiden, welche Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz gelten sollen. Dabei sollen eine Gefährdungsanalyse in Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz und die Inzidenzwerte …“ Weiterlesen
-
11.03.2022 Rechtsanwalt Dr. Jasper Stahlschmidt„… von der Mitarbeiterstruktur besitzt und den verbleibenden Mitarbeitern eine Zukunftsperspektive aufzeigt, kann in vielen Fällen der Insolvenzverwalter im Zusammenspiel mit dem Betriebsrat vor dem Verkauf des Unternehmens …“ Weiterlesen
-
02.03.2022 Rechtsanwalt Ansgar Dittmar„… . Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats Die Frage, ob der Betriebsrat zur Einführung einer Testpflicht angehört werden müsste, wird leider nicht eindeutig beantwortet, da es im vorliegenden Fall (noch) keinen …“ Weiterlesen
-
26.02.2022 Rechtsanwalt Dr. Hartmut Breuer„… der Betriebsrat der Kündigung widersprochen, kann der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht beantragen, dass das Arbeitsverhältnis bis zum Prozessende fortbestehen soll. Gütetermin beim Arbeitsgericht …“ Weiterlesen
-
25.02.2022 Rechtsanwalt Sven Rasehorn„… sich die gesetzliche Kündigungsfrist auf 14 Tage. Gibt es keinen Schutz in der Probezeit? Auch bei Kündigungen in der Probezeit muss ein bestehender Betriebsrat im Rahmen der Anhörung beteiligt werden. Darüber …“ Weiterlesen
-
24.02.2022 Rechtsanwalt Marcel Seifert„… einer angemessenen Abfindung verpflichten“, sagt Rechtsanwalt Seifert. Weiterhin kann sich der Abfindungsanspruch auch aus Tarifvertrag oder Sozialplan zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber ergeben. Nach § 13 …“ Weiterlesen
-
24.02.2022 Rechtsanwältin Sabine Hermann„… Videokonferenz in ihrer Privatwohnung teilzunehmen. Dies vor allem dann, wenn im Betrieb die Vorgaben der Corona-Arbeitsschutzverordnung nicht eingehalten werden können. Der Betriebsrat wird nämlich …“ Weiterlesen
-
22.02.2022 Rechtsanwalt Thomas Regh„… , Schwerbehinderung oder als Betriebsrat, Personalrat und Mitglied der MAV, sind vor Kündigungen besonders geschützt. Eine Kündigung gegenüber einem solchen Beschäftigten aufgrund eines Beschäftigungsverbots …“ Weiterlesen
-
22.02.2022 Fachanwalt für Arbeitsrecht Markus Schleifer„Steht eine Betriebsschließung oder Teilbetriebsschließung mit einer Vielzahl von Kündigungen bevor, erstellt der Arbeitgeber einen sog. Sozialplan. Darin regelt er in Absprache mit dem Betriebsrat …“ Weiterlesen
-
05.05.2022 Rechtsanwalt Guido Lenné„… Gleichbehandlungsgesetz) zu. In Fällen von Mobbing ist zunächst die Aussprache mit einem Vorgesetzten oder dem Betriebsrat zu suchen. Sollte hier ein Gespräch keinen Erfolg haben, ist der Arbeitgeber …“ Weiterlesen
-
20.02.2022 Rechtsanwalt Dipl.Verw.wirt (FH) Ulrich Gewert„… keinen Bildungsurlaub beantragen. Bundeseinheitlich ist der Bildungsurlaub nur für einige besondere Arbeitnehmer in Spezialgesetzen geregelt wie z. B. für Mitglieder des Betriebsrats …“ Weiterlesen
-
17.02.2022 Rechtsanwalt Dr. Markus Rente„… muss nicht beachtet werden, Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht bei einem einzelnen Aufhebungsvertrag, Rechtssicherheit, Gestaltungsfreiheit, Dabei hat der Arbeitnehmer keinen grundsätzlichen …“ Weiterlesen
-
17.02.2022 Rechtsanwalt Kagan Ünalp„… Betriebsrat gebildet wurde. Weitere Informationen zu dem Thema „Befristung von Arbeitsverträgen“ erhalten Sie in unserem Ratgeber unter https://www.ra-wittig.de/ratgeber/ratgeber-arbeitsrecht/arbeitsvertrag/befristung/ .“ Weiterlesen
-
11.02.2022 Rechtsanwalt Marc Schütter„… ! Haben Sie weitere Fragen hierzu, dann kontaktieren Sie mich gerne. Der Autor dieses Artikels ist Fachanwalt für Arbeitsrecht und vertritt Arbeitnehmer, Arbeitgeber sowie Betriebsräte. www.schuetter-arbeistrecht.de“ Weiterlesen
-
11.02.2022 Rechtsanwalt Volkan Ulukaya„… . eine Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz nicht möglich ist, seinen Beschäftigten (und z.B. dem beteiligten Betriebsrat und/oder der Schwerbehindertenvertretung) die Möglichkeit geben …“ Weiterlesen
-
08.02.2022 Rechtsanwalt Marc Schütter„… kann der Arbeitgeber hierauf keine Kündigung oder Abmahnung stützen. Was kann der Betriebsrat tun? Der Betriebsrat kann ein System zum sach- und fachgerechten Umgang mit Überlastungsanzeigen etablieren und so …“ Weiterlesen
-
07.02.2022 Rechtsanwalt Stephan Kersten„… eine dauerhafte Arbeitszeitverkürzung mit den Mitarbeitern individuell vereinbart oder mit der Gewerkschaft abgestimmt werden. Ratsam ist es in jedem Fall, vor Aussprache der Arbeitszeitverkürzung den Betriebsrat …“ Weiterlesen
-
01.02.2022 Rechtsanwältin Dr. Gabriele Sonntag„… einem Schwerbehinderten gleichgestellt wurde (Grad der Behinderung von 30). Auch der Betriebsrat ist vor Ausspruch einer Kündigung anzuhören. Wenn Sie zum Arbeitsrecht Fragen haben, können Sie sich gerne …“ Weiterlesen
-
28.01.2022 Rechtsanwalt Volkan Ulukaya„… die Verhandlungen mit dem Betriebsrat vorzulegen, wie es § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG eigentlich vorsieht. Der insolvente Arbeitgeber (bzw. der Insolvenzverwalter) sprach dennoch gegenüber allen 195 …“ Weiterlesen
-
29.01.2022 Rechtsanwalt Marc Schütter„… , als sich gegen die Maßnahme zu wehren. Was bedeutet das für den Betriebsrat? Jahrelang haben die Betriebsräte Sorge getragen, dass sensible Gesundheitsdaten nicht an den Arbeitgeber gelangen …“ Weiterlesen
-
27.01.2022 Rechtsanwalt Andreas Lieb„… Rechtsträger über einen Betriebsrat verfügt (vgl. § 194 Abs. 2). Einberufung und Ladung der Anteilsinhaber Am Ende der Vorbereitungsphase steht die Einberufung und Ladung der Aktionäre …“ Weiterlesen
-
23.01.2022 Rechtsanwalt Dr. Markus Rente„… .: Schwerbehinderte (und Gleichgestellte), Schwangere, Personen, die Elternzeit in Anspruch nehmen (oder beantragen), Betriebsräte (auch Wahlbewerber), Auszubildende. Last but not least: Formalitäten …“ Weiterlesen
-
18.03.2022 Rechtsanwältin Dagmar Schreiber-Hiltl„… und haben sie der Kündigung zugestimmt? Gibt es einen Betriebsrat, wie hat er sich verhalten? Sind auch Kollegen von der Kündigung betroffen? Sie sollten die schriftliche Kündigung ruhig …“ Weiterlesen