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Mietrecht Spezial I: Tipps rund ums Geld

  • 6 Minuten Lesezeit
Esther Wellhöfer anwalt.de-Redaktion

Das eigene Heim ist der Lebensmittelpunkt des Menschen schlechthin. Und gerade weil Haus und Wohnung für jeden eine so wichtige Bedeutung haben, kommt es bei Mietverhältnissen immer wieder zu Konflikten zwischen Vermieter und Mieter. Diese enden häufig vor Gericht. In den letzten Monaten hatten sich wieder unzählige Gerichte aus den verschiedensten Instanzen mit Mietstreitigkeiten auseinanderzusetzen. Aus diesem Grund startet die Redaktion von anwalt.de eine Serie zum Mietrecht und informiert über die wichtigsten aktuellen Entscheidungen. Im ersten Teil geht es heute um Rechtsfragen rund um das Thema Geld.

[image]anwalt.de-Tipp: Sonnabend kein Werktag

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat ein wichtiges Urteil zur Zahlungsfrist für die Mietzahlungen getroffen, das für Mieter und Vermieter gleichermaßen wichtig ist. Viele Mietverträge sehen vor, dass die Miete innerhalb der ersten drei Werktage des Monats zu überweisen ist. Die Karlsruher Richter haben nun bestätigt, dass bei dieser Frist der Sonnabend - entgegen dem allgemeinen Verständnis und dem allgemeinen Sprachgebrauch - nicht als Werktag gilt. Der Grund hierfür ist praktischer Natur: In aller Regel wird die Miete nicht in bar bezahlt, sondern per Bank überwiesen. Wenn der Samstag als Werktag berücksichtigt würde, könne man bei Überweisungen zum Monatsende nicht sichergehen, dass der Betrag rechtzeitig beim Vermieter als Empfänger eingeht.

(BGH, Urteil v. 13.07.2010, Az.: VIII ZR 129/09)

anwalt.de-Tipp: Fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug

Die Zahlung der Miete ist eine der wesentlichen Hauptleistungspflichten des Mieters. Gerät er mit zwei Monatsmieten in Verzug, ist der Vermieter berechtigt, das Mietverhältnis außerordentlich und fristlos zu kündigen. Gemäß § 543 Absatz 2 Nr. 3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist es für eine fristlose Kündigung ausreichend, wenn der Mieter entweder für zwei aufeinanderfolgende Monate mit der Miete im Rückstand ist, oder wenn er über einen längeren Zeitraum bis zu einem Gesamtbetrag von zwei Monatsmieten in Rückstand ist. Nach § 569 BGB muss bei Wohnraummietverhältnissen der Vermieter die Gründe für die fristlose Kündigung im Kündigungsschreiben angeben. In diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es ausreicht, wenn der Mieter erkennen kann, von welchem Mietrückstand der Vermieter ausgeht, um damit selbst die Kündigung auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüfen zu können.

(BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az.: VIII ZR 96/09)

anwalt.de-Tipp: Mieterhöhung an alle Mieter

Bei einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß § 558 BGB müssen nicht nur die materiellen gesetzlichen Vorgaben erfüllt sein, wie etwa die Frist oder die Kappungsgrenze. Eine Mieterhöhung muss der Vermieter auch in der gesetzlich vorgeschriebenen Form geltend machen. Das hat Amtsgericht (AG) Kiel kürzlich bestätigt. Die Erklärung muss schriftlich erfolgen. Sie ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung, die dem Mieter gemäß § 130 BGB zugehen muss. Sind mehrere Mieter vorhanden, muss die Erklärung gegenüber allen Mietern erklärt werden. Das Erklärungsschreiben muss zumindest erkennen lassen, dass es an alle Mieter gerichtet ist. Eine Mieterhöhungserklärung, die nur an einen von mehreren Mietern adressiert ist, erfüllt nach Ansicht der Kieler Richter diese formellen gesetzlichen Voraussetzungen nicht.

(AG Kiel, Urteil v. 18.05.2010, Az.: 108 C 567/09)

anwalt.de-Tipp: Mietspiegel der Nachbarstadt

Bei einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete kann sich der Vermieter auf einen Mietspiegel stützen, der eine Übersicht zu der regionalen Miethöhe beinhaltet. In Hinblick auf die Beweiskraft unterscheidet man zwischen dem sog. qualifizierten Mietspiegel (§ 558d BGB), der nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen von den Gemeinden und Interessenverbänden anerkannt worden ist, und dem einfachen Mietspiegel: Die Angaben im qualifizierten Mietspiegel stellen eine gesetzliche Vermutung dar, dass sie die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete angeben. Der einfache Mietspiegel hat Indizwirkung. Gemäß § 558c BGB kann ein Mietspiegel für ein Gebiet einer Gemeinde, für mehrere Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden. Grundsätzlich soll der Mietspiegel für das Gebiet herangezogen werden, in dem die Immobilie steht. Der Bundesgerichtshof hat allerdings bestätigt, dass ausnahmsweise auch der Mietspiegel einer vergleichbaren benachbarten Stadt oder Gemeinde zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden kann, wenn in der Gemeinde kein Mietspiegel existiert.

(BGH, Urteil v. 16.06.2010, Az.: VIII ZR 99/09)

anwalt.de-Tipp: Typengutachten zulässig

Nach Meinung des VIII. Senats kann sich ein Vermieter zur Begründung einer Mieterhöhung auch auf ein sog. Typengutachten stützen, das dem Mieterhöhungsschreiben beigefügt ist. Gemäß § 558a Absatz 2 BGB ist nicht nur eine Bezugnahme auf einen Mietspiegel oder eine Mietdatenbank zulässig, sondern gemäß § 558a Absatz 2 Nr. 3 BGB auch auf ein mit Gründen versehenes Sachverständigengutachten. Bei einem Typengutachten zieht der Sachverständige - ohne Berücksichtigung der konkreten Wohnung - bei der Gutachtenerstellung nach Ausstattung und Größe vergleichbare benachbarte Wohnungen heran. Der Sachverständige kann sein Gutachten dabei auf vergleichbare Wohnungen stützen, die alle im Eigentum des Vermieters stehen.

(BGH, Urteil v. 19.05.2010, Az.: VIII ZR 122/09)

anwalt.de-Tipp: Mieterhöhung nach 25 Jahren

Bei Wohnraummietverhältnissen, die nicht preisgebunden sind, kann eine Mieterhöhung nicht nur bei einer Modernisierung der Wohnung gemäß § 559 BGB erfolgen. In bestimmten zeitlichen Intervallen ist der Vermieter zur Anpassung der Miete an die ortsübliche Vergleichsmiete berechtigt. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat einer Vermieterin einen dementsprechenden Anspruch auf Vertragsanpassung zugesprochen. In dem Fall hatte ein Irrtum über die Preisbindung eines Wohnraummietverhältnisses dazu geführt, dass die Vermieterin über 25 Jahre keine Anpassung der Miete vorgenommen hatte. Im Laufe der Jahre betrug die Miete zuletzt lediglich 39 % der ortsüblichen Vergleichsmiete. Über eine normale Mieterhöhung gemäß § 558 BGB hätte die Miete zurückgerechnet die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht erreichen können. Der BGH sprach deshalb der Vermieterin ausnahmsweise einen Anspruch auf Vertragsanpassung zu, sodass die Miete bis zur Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete angehoben wurde.

(BGH, Beschluss v. 07.07.2010, Az.: VIII ZR 279/09)

anwalt.de-Tipp: Alle Jahre wieder fehlerhafte Abrechnung

Die Nebenkostenabrechnung ist ein weiterer Dauerbrenner bei Mietrechtsstreitigkeiten. Grundsätzlich können Betriebskosten auf den Mieter umgelegt werden, wenn dies zwischen beiden Vertragsparteien vereinbart ist. Möglich ist die Vereinbarung einer Pauschale oder von Vorauszahlungen. Ist eine Nebenkostenvorauszahlung vereinbart, muss der Vermieter eine Abrechnung darüber erstellen und dabei alle wesentlichen Berechnungsinhalte und -faktoren so angeben, dass der Mieter die Berechnung nachvollziehen kann. Der Vermieter muss die Abrechnung innerhalb von zwölf Monaten nach Ablauf der Berechnungsperiode erstellen. Ist eine Abrechnung fehlerhaft, muss der Mieter seine Einwendungen gegenüber dem Vermieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats geltend machen. Die Frist beginnt mit dem Zugang der Betriebskostenabrechnung. Taucht ein Fehler über mehrere Jahre in einer Abrechnung auf, so reicht es nicht aus, dass der Mieter einmal seine Einwendungen dagegen geltend macht. Er muss bei jeder Abrechnung erneut auf den Fehler hinweisen, entschied der Bundesgerichtshof.

(BGH, Urteil v. 12.05.2010, Az.: VIII ZR 185/09)

anwalt.de-Tipp: Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen

Hat der Vermieter versäumt, innerhalb von zwölf Monaten nach Ende der Abrechnungsperiode eine Nebenkostenabrechnung zu erstellen, kann er deshalb keine Nachforderungen mehr gegenüber dem Mieter geltend machen. Die versäumte Frist hat aber über den Zeitraum der Nachzahlungen hinaus keine Auswirkungen auf zukünftige Abrechnungen. Bezüglich der zu leistenden Vorauszahlungen kann sowohl der Vermieter als auch der Mieter eine Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen fordern. Der VIII. Senat hatte kürzlich über die Anpassung der Vorauszahlungen zu entscheiden. Im Fall hatte der Vermieter für eine Abrechnungsperiode keine fristgerechte Betriebskostenabrechnung erstellt. Für das Folgejahr forderte er eine Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen. Der BGH gab dem Vermieter Recht, weil sich die Anpassung bezüglich der Vorauszahlungen auf einen anderen Abrechnungszeitraum bezieht als die Nachzahlung.

(BGH, Urteil v. 16.06.2010, Az.: VIII ZR 258/09)

Der Beitrag wird fortgesetzt. Im zweiten Teil der Serie zum Mietrecht gibt Ihnen die anwalt.de-Redaktion in der kommenden Ausgabe des anwalt.de-Newsletters wichtige Praxistipps zu verschiedenen Situationen, die immer wieder auftauchen und für Streit zwischen Vermieter und Mieter sorgen können.

(WEL)

Foto(s): ©iStockphoto.com

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