Rechtsunwirksam von Anfang an: Die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften
- 5 Minuten Lesezeit
Experten-Autorin dieses Themas
In diesem Ratgeber geht es um die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften. Sie erfahren insbesondere anhand von Praxisbeispielen, wann ein Rechtsgeschäft als nichtig gilt, welche Auswirkungen dies hat und was Sie tun können, um die Nichtigkeit zu vermeiden.
Was bedeutet Nichtigkeit?
Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es derart schwerwiegende Mängel aufweist, dass es von Anfang an keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet. Auch ein Verwaltungsakt kann nichtig sein. Nichtigkeit von Rechtsgeschäften oder Verwaltungsakten bedeutet, dass diese keine rechtlichen Wirkungen entfalten und keine bindenden Rechte oder Pflichten für die Beteiligten entstehen. Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führt dazu, dass es rechtlich so behandelt wird, als ob es niemals abgeschlossen worden wäre. Diese Nichtigkeit hat eine rückwirkende Wirkung für die Vergangenheit, was auch als „ex tunc“-Wirkung bezeichnet wird.
Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts oder Vertrages kann aus verschiedenen Gründen eintreten, beispielsweise wegen eines Formmangels, eines Verstoßes gegen gesetzliche Verbote oder wegen Sittenwidrigkeit. Die genauen Voraussetzungen für die Nichtigkeit variieren je nach Rechtsgebiet. Im Zivilrecht sind zahlreiche Gründe, die zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führen, im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genannt.
Praxisbeispiele: Diese Gründe führen zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts
Mangelnde Geschäftsfähigkeit (§ 105 BGB): Nach § 105 BGB ist die Willenserklärung einer geschäftsunfähigen Person nichtig.
Geheimer Vorbehalt (§ 116 BGB): Wenn jemand einem anderen gegenüber eine Willenserklärung abgibt, sich dabei aber insgeheim vorbehält, dass er das Erklärte gar nicht will, und der Erklärungsempfänger diesen Vorbehalt auch kennt, ist die Willenserklärung nach § 116 BGB nichtig.
Scheingeschäft (§ 117 BGB): Nach § 117 BGB ist eine Willenserklärung nichtig, wenn sie nur zum Schein abgegeben wird und der Erklärungsempfänger damit einverstanden ist.
Scherzgeschäft (§ 118 BGB): Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abgegeben wird in der Annahme, dass der andere erkennt, dass die Willenserklärung nicht ernst gemeint (also ein Scherz) ist, ist gemäß § 118 BGB nichtig.
Formmangel (§ 125 BGB): Für viele Rechtsgeschäfte ist die Einhaltung einer bestimmten Form gesetzlich vorgeschrieben. So sind beispielsweise Kaufverträge über Immobilien nur wirksam, wenn sie notariell beurkundet sind. Ein mündlicher Kaufvertrag über eine Immobilie ist von Anfang an unwirksam. Nach § 125 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es an der gesetzlich vorgeschriebenen Form fehlt.
Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB): Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
Wucher und Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB): Nach § 138 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Das heißt, wenn jemand die Zwangslage, Unerfahrenheit, das mangelnde Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche einer anderen Person ausnutzt und sich oder einem Dritten Vermögensvorteile zusichert oder gewährt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen.
Es ist zu beachten, dass diese Beispiele lediglich zur Veranschaulichung dienen und dass die genaue Feststellung der Nichtigkeit in jedem Einzelfall anhand der individuellen Umstände von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden sollte.
Konsequenzen der Nichtigkeit
Wenn ein Vertrag, Rechtsgeschäft oder Verwaltungsakt für nichtig erklärt wird, hat dies verschiedene rechtliche Konsequenzen. In erster Linie wird ein nichtiges Rechtsgeschäft oder ein nichtiger Verwaltungsakt rückwirkend als unwirksam betrachtet. Ein geschlossener Vertrag ist bei Nichtigkeit von Anfang an ungültig.
Wenn bereits Leistungen erbracht wurden, müssen im Falle der Nichtigkeit eines Vertrags grundsätzlich die bereits erbrachten Leistungen zurückgewährt werden. Dies bedeutet, dass die Parteien in den Zustand vor dem Vertragsabschluss versetzt werden müssen.
Neben möglichen Herausgabeansprüchen können unter bestimmten Voraussetzungen auch Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht kommen. Wenn eine Partei infolge der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bzw. Vertrages einen Schaden erlitten hat, kann sie unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz haben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn durch den nichtigen Vertrag Kosten entstanden sind.
So vermeiden Sie die Nichtigkeit
Um die Nichtigkeit einer Willenserklärung, eines Rechtsgeschäfts oder Vertrages zu vermeiden, sollten Sie sich vor der Abgabe von Willenserklärungen und vor einem Vertragsschluss gut informieren, ob beispielsweise bestimmte Formvorschriften beachtet oder besondere gesetzliche Bestimmungen eingehalten werden müssen. Beispielsweise gibt es zahlreiche Fälle, in denen per Gesetz zwingend die Schriftform beachtet werden muss. Schriftform bedeutet, dass die Willenserklärung schriftlich abgefasst und von Hand unterschrieben werden muss.
Ein Beispiel für eine Willenserklärung, die gesetzlich der Schriftform (§ 126 BGB) unterliegt, ist die Beendigung eines Arbeitsvertrages durch Kündigung. Wenn Sie nicht sicher sind, ob und welche Formvorschriften zu beachten sind oder welche Rechtsgeschäfte gegen gesetzliche Verbote verstoßen, sollten Sie Verträge und Rechtsgeschäfte von einem Rechtsanwalt prüfen lassen, um potenzielle Nichtigkeitsgründe zu identifizieren und zu vermeiden.
Nichtigkeit und Anfechtbarkeit: Das ist der Unterschied
Anfechtbarkeit bezieht sich auf die Möglichkeit, ein Rechtsgeschäft aufgrund bestimmter Mängel anzufechten. Ein anfechtbares Rechtsgeschäft ist zunächst wirksam, bleibt aber durch den Anfechtungsprozess anfällig für eine nachträgliche Aufhebung. Eine Partei, die einen Anfechtungsgrund hat, kann das Rechtsgeschäft anfechten und dessen Ungültigkeit geltend machen. Typische Fälle, in denen eine Anfechtung eines Rechtsgeschäfts vorkommen kann, sind:
Irrtum: Wenn eine Partei aufgrund eines Irrtums eine Willenserklärung abgibt, der Irrtum aber erheblich und unverschuldet ist, kann sie das Recht haben, das Rechtsgeschäft anzufechten.
Täuschung: Wenn eine Partei durch arglistige Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung verleitet wird, kann sie die Anfechtung des Rechtsgeschäfts geltend machen.
Drohung: Wenn eine Partei durch widerrechtliche Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung gezwungen wird, kann sie das Recht haben, das Rechtsgeschäft anzufechten.
Widerrechtliche Einflussnahme: Wenn eine Partei aufgrund widerrechtlicher Einflussnahme, wie beispielsweise Nötigung oder Zwang, eine Willenserklärung abgibt, kann sie die Anfechtung des Rechtsgeschäfts verlangen.
Geschäftsunfähigkeit: Wenn eine geschäftsunfähige Person ein Rechtsgeschäft abschließt, kann dieses Rechtsgeschäft von gesetzlichen Vertretern oder bestimmten anderen Personen angefochten werden.
Die Anfechtung muss innerhalb bestimmter gesetzlicher Fristen erfolgen. Wird das Rechtsgeschäft erfolgreich angefochten, wird es rückwirkend beseitigt („ex tunc“-Wirkung). Eine Ausnahme besteht jedoch bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen, wie beispielsweise Arbeitsverträgen. In diesen Fällen kommt es zu einer Nichtigkeit “ex-nunc”. Das bedeutet, dass das Rechtsgeschäft ab dem Zeitpunkt der Anfechtung als ungültig betrachtet wird, während alle vorherigen Rechtsfolgen unberührt bleiben können.
Artikel teilen:
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Nichtigkeit?
Rechtstipps zu "Nichtigkeit" | Seite 13
-
25.01.2024 Rechtsanwalt Kanzlei Kai Behrens„… werden. Die Aufstockung des Darlehens um die Provisionsvorschüsse stellt sich mittelbare Kündigungserschwernis dar. Die durch § 134 BGB angeordnete Nichtigkeit des gegen ein gesetzliches Verbot …“ Weiterlesen
-
24.01.2024 Rechtsanwalt István Cocron B. A.„… . Die Beklagte habe gegen das Verbot von Online-Glücksspielen aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen. Die Verträge mit dem Spieler seien daher nichtig, so dass dieser Anspruch auf die Rückzahlung …“ Weiterlesen
-
24.01.2024 Rechtsanwalt Marcel Seifert„… nichtig sind und die Spieler ihre verlorenen Einsätze zurückfordern können“, erklärt Rechtsanwalt Marcel Seifert, BRÜLLMANN Rechtsanwälte. In dem Fall vor dem OLG Karlsruhe hatte der Kläger über …“ Weiterlesen
-
23.01.2024 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… . Die zwischen den Parteien geschlossenen Spielverträge seien nichtig, da sie gegen das gesetzliche Verbot aus § 4 Glücksspielstaatsvertrag in Verbindung mit § 134 BGB verstießen“, sagt …“ Weiterlesen
-
08.08.2024 Rechtsanwalt Jobst Ehrentraut„… . In einem Verfahren (Az. 13 S 23/22) stand die Rechtmäßigkeit eines Online-Coachingvertrags im Bereich Fotografie im Fokus, und das Gericht entschied sich dafür, den Vertrag für nichtig zu erklären. Vertragsdetails …“ Weiterlesen
-
22.01.2024 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… und verständlich sind. Ein Verstoß gegen diese Formvorschrift kann zur Nichtigkeit des Vertrags führen. Beweispflicht und Schwierigkeiten bei mündlichen Darlehensverträgen Die Beweispflicht in rechtlichen …“ Weiterlesen
-
22.01.2024 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… , sind grundsätzlich nichtig. Dazu gehören beispielsweise Anweisungen, die eine Person zu einer rechtswidrigen Handlung verpflichten. 2. Bedingungen, die die Heirats- oder Berufswahl beeinflussen: Bestimmungen …“ Weiterlesen
-
22.01.2024 Rechtsanwalt Stephan Steinwachs„… kann auch von nach ihrem Erlass aufgetretenen Umständen beeinflusst werden, wie in diesem Fall die Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz. Die Nichtigkeit einer Rechtsverordnung …“ Weiterlesen
-
20.01.2024 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… 2012) und in Baden-Württemberg gegen § 2 Abs. 1, Abs. 2 des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG). Nichtigkeit der Spielverträge : Aufgrund des Verstoßes gegen den GlüStV 2012 waren die Spielverträge …“ Weiterlesen
-
19.01.2024 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… des Glücksspielstaatsvertrags führt in Verbindung mit § 134 BGB dazu, dass die abgeschlossenen Verträge zwischen Glücksspiel- und Wettanbietern und ihren Kunden nichtig sind. Dies begründet einen Anspruch …“ Weiterlesen
-
19.01.2024 Rechtsanwalt Andre Offermanns„… Mindestinhalte aufzunehmen. Ein Verstoß führt zwar nicht zur Nichtigkeit des Vertrags, kann aber u.a. ein Bußgeld nach sich ziehen. 2.2. Keine Ermächtigung nach § 113 BGB möglich Anders …“ Weiterlesen
-
19.01.2024 Rechtsanwalt Helmut Dreschhoff„… nichtig. Das bedeutet konkret: Der Anbieter muss die einbehaltenen Spielgewinne zurückzahlen. In dem Urteil heißt es, der Kläger habe nicht gewusst, dass das Spielangebot illegal ist. Die Gestaltung …“ Weiterlesen
-
14.05.2024 Rechtsanwalt Stefan C. Grunow LL.M.„… des Angebots auf eine Nichtigkeit des Spielvertrags nach § 134 BGB auswirkt, möglicherweise auch, wie es sich mit der Kenntnis oder einem Kennenmüssen des Spielers über die Illegalität verhält und/ oder ob …“ Weiterlesen
-
17.09.2024 Rechtsanwalt Marko Liebich„… Nichtigkeit nach § 134 BGB Fehlendes Zertifikat nach Fernunterrichtsschutzgesetz Im heutigen Teil unserer Reihe wollen wir uns mit dem Widerrufsrecht befassen. Das Widerrufsrecht bei Online-Coachings Online …“ Weiterlesen
-
18.01.2024 Rechts- und Fachanwältin Angelika Jackwerth„… . Ihr stünde ein Anspruch auf die Rückzahlung des Geldes aus dem Darlehensvertrag zu. LG befindet Darlehensvertrag für nichtig – Verbraucher spart Geld Das LG prüfte den Darlehensvertrag auf Herz und Nieren …“ Weiterlesen
-
17.01.2024 Rechtsanwalt Marcel Seifert„… , dass der Vertrag über das Online-Coaching sittenwidrig und somit nichtig ist (Az.: 22 C 30/23). Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. In dem zu Grunde liegenden Fall hatte die Frau einen Vertrag …“ Weiterlesen
-
28.08.2024 Rechtsanwältin Kathrin Fedder-Wendt„… erhob der Neffe Beschwerde vor dem Oberlandesgericht (OLG) München. OLG München: Das Testament ist formungültig und damit nichtig Die Beschwerde des Neffen wurde zurückgewiesen: Obwohl die Tante …“ Weiterlesen
-
17.09.2024 Rechtsanwalt Marko Liebich„… , dass das Coachingunternehmen keine Vergütung erhält, weil der Dienstleistungsvertrag nichtig war. Welche Folgen hat das Urteil? Das Urteil aus Hannover reiht sich in eine immer länger werdende Liste von Entscheidungen …“ Weiterlesen
-
16.01.2024 Rechtsanwalt Julian Tietze„… -Glücksspielen verstoßen habe. Das Gericht erklärte die abgeschlossenen Wettverträge für nichtig und sprach dem Spieler Anspruch auf volle Rückerstattung zu. Die Bedeutung für Spieler und Anbieter: Klarheit …“ Weiterlesen
-
16.01.2024 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… explizit auf die Anwendung von § 134 BGB. Demnach ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Das ist im Online …“ Weiterlesen
-
25.03.2024 Rechtsanwalt Cornel Pottgiesser„Der Gerichtshof (C-520/21) hat entschieden, dass Verbraucher im Falle der Nichtigkeit eines Hypothekendarlehensvertrags aufgrund missbräuchlicher Klauseln einen Ausgleich über die Erstattung …“ Weiterlesen
-
15.01.2024 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… in Deutschland und folglich im Mitgliedsstaat des gewöhnlichen Aufenthaltes der Klagepartei ausübte. Diesem Vertragsstatut unterfällt auch die Rückabwicklung von nichtigen Verträgen. Daraus resultiert …“ Weiterlesen
-
08.08.2024 Rechtsanwalt Jobst Ehrentraut„… verboten. Verträge, die in dieser Zeit geschlossen wurden, gelten als nichtig. Dieser Aspekt wurde vor Gericht als Grundlage für die Entscheidung herangezogen. Der konkrete Fall Ein Sportwetten-Teilnehmer …“ Weiterlesen
-
13.01.2024 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… vor, die nicht den vertraglichen Vereinbarungen entspricht, kann der Kunde gemäß §§ 434, 437 BGB vom Vertrag zurücktreten oder Minderung verlangen. e. Wucher Ein Vertrag kann auch nichtig sein, wenn ein krasses …“ Weiterlesen