Rechtsunwirksam von Anfang an: Die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften
- 5 Minuten Lesezeit
![Rechtsunwirksam von Anfang an: Die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften](https://www.anwalt.de/img_cache/15/15662a603cbe9442846ac94c0bf02ed3.png)
Experten-Autorin dieses Themas
In diesem Ratgeber geht es um die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften. Sie erfahren insbesondere anhand von Praxisbeispielen, wann ein Rechtsgeschäft als nichtig gilt, welche Auswirkungen dies hat und was Sie tun können, um die Nichtigkeit zu vermeiden.
Was bedeutet Nichtigkeit?
Ein Rechtsgeschäft ist nichtig, wenn es derart schwerwiegende Mängel aufweist, dass es von Anfang an keinerlei rechtliche Wirkung entfaltet. Auch ein Verwaltungsakt kann nichtig sein. Nichtigkeit von Rechtsgeschäften oder Verwaltungsakten bedeutet, dass diese keine rechtlichen Wirkungen entfalten und keine bindenden Rechte oder Pflichten für die Beteiligten entstehen. Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führt dazu, dass es rechtlich so behandelt wird, als ob es niemals abgeschlossen worden wäre. Diese Nichtigkeit hat eine rückwirkende Wirkung für die Vergangenheit, was auch als „ex tunc“-Wirkung bezeichnet wird.
Die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts oder Vertrages kann aus verschiedenen Gründen eintreten, beispielsweise wegen eines Formmangels, eines Verstoßes gegen gesetzliche Verbote oder wegen Sittenwidrigkeit. Die genauen Voraussetzungen für die Nichtigkeit variieren je nach Rechtsgebiet. Im Zivilrecht sind zahlreiche Gründe, die zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts führen, im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) genannt.
Praxisbeispiele: Diese Gründe führen zur Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts
Mangelnde Geschäftsfähigkeit (§ 105 BGB): Nach § 105 BGB ist die Willenserklärung einer geschäftsunfähigen Person nichtig.
Geheimer Vorbehalt (§ 116 BGB): Wenn jemand einem anderen gegenüber eine Willenserklärung abgibt, sich dabei aber insgeheim vorbehält, dass er das Erklärte gar nicht will, und der Erklärungsempfänger diesen Vorbehalt auch kennt, ist die Willenserklärung nach § 116 BGB nichtig.
Scheingeschäft (§ 117 BGB): Nach § 117 BGB ist eine Willenserklärung nichtig, wenn sie nur zum Schein abgegeben wird und der Erklärungsempfänger damit einverstanden ist.
Scherzgeschäft (§ 118 BGB): Eine nicht ernstlich gemeinte Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abgegeben wird in der Annahme, dass der andere erkennt, dass die Willenserklärung nicht ernst gemeint (also ein Scherz) ist, ist gemäß § 118 BGB nichtig.
Formmangel (§ 125 BGB): Für viele Rechtsgeschäfte ist die Einhaltung einer bestimmten Form gesetzlich vorgeschrieben. So sind beispielsweise Kaufverträge über Immobilien nur wirksam, wenn sie notariell beurkundet sind. Ein mündlicher Kaufvertrag über eine Immobilie ist von Anfang an unwirksam. Nach § 125 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es an der gesetzlich vorgeschriebenen Form fehlt.
Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB): Gemäß § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen ein gesetzliches Verbot verstößt.
Wucher und Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB): Nach § 138 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, wenn es gegen die guten Sitten verstößt. Das heißt, wenn jemand die Zwangslage, Unerfahrenheit, das mangelnde Urteilsvermögen oder die erhebliche Willensschwäche einer anderen Person ausnutzt und sich oder einem Dritten Vermögensvorteile zusichert oder gewährt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur erbrachten Leistung stehen.
Es ist zu beachten, dass diese Beispiele lediglich zur Veranschaulichung dienen und dass die genaue Feststellung der Nichtigkeit in jedem Einzelfall anhand der individuellen Umstände von einem Rechtsanwalt vorgenommen werden sollte.
Konsequenzen der Nichtigkeit
Wenn ein Vertrag, Rechtsgeschäft oder Verwaltungsakt für nichtig erklärt wird, hat dies verschiedene rechtliche Konsequenzen. In erster Linie wird ein nichtiges Rechtsgeschäft oder ein nichtiger Verwaltungsakt rückwirkend als unwirksam betrachtet. Ein geschlossener Vertrag ist bei Nichtigkeit von Anfang an ungültig.
Wenn bereits Leistungen erbracht wurden, müssen im Falle der Nichtigkeit eines Vertrags grundsätzlich die bereits erbrachten Leistungen zurückgewährt werden. Dies bedeutet, dass die Parteien in den Zustand vor dem Vertragsabschluss versetzt werden müssen.
Neben möglichen Herausgabeansprüchen können unter bestimmten Voraussetzungen auch Ansprüche auf Schadensersatz in Betracht kommen. Wenn eine Partei infolge der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts bzw. Vertrages einen Schaden erlitten hat, kann sie unter Umständen Anspruch auf Schadensersatz haben. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn durch den nichtigen Vertrag Kosten entstanden sind.
So vermeiden Sie die Nichtigkeit
Um die Nichtigkeit einer Willenserklärung, eines Rechtsgeschäfts oder Vertrages zu vermeiden, sollten Sie sich vor der Abgabe von Willenserklärungen und vor einem Vertragsschluss gut informieren, ob beispielsweise bestimmte Formvorschriften beachtet oder besondere gesetzliche Bestimmungen eingehalten werden müssen. Beispielsweise gibt es zahlreiche Fälle, in denen per Gesetz zwingend die Schriftform beachtet werden muss. Schriftform bedeutet, dass die Willenserklärung schriftlich abgefasst und von Hand unterschrieben werden muss.
Ein Beispiel für eine Willenserklärung, die gesetzlich der Schriftform (§ 126 BGB) unterliegt, ist die Beendigung eines Arbeitsvertrages durch Kündigung. Wenn Sie nicht sicher sind, ob und welche Formvorschriften zu beachten sind oder welche Rechtsgeschäfte gegen gesetzliche Verbote verstoßen, sollten Sie Verträge und Rechtsgeschäfte von einem Rechtsanwalt prüfen lassen, um potenzielle Nichtigkeitsgründe zu identifizieren und zu vermeiden.
Nichtigkeit und Anfechtbarkeit: Das ist der Unterschied
Anfechtbarkeit bezieht sich auf die Möglichkeit, ein Rechtsgeschäft aufgrund bestimmter Mängel anzufechten. Ein anfechtbares Rechtsgeschäft ist zunächst wirksam, bleibt aber durch den Anfechtungsprozess anfällig für eine nachträgliche Aufhebung. Eine Partei, die einen Anfechtungsgrund hat, kann das Rechtsgeschäft anfechten und dessen Ungültigkeit geltend machen. Typische Fälle, in denen eine Anfechtung eines Rechtsgeschäfts vorkommen kann, sind:
Irrtum: Wenn eine Partei aufgrund eines Irrtums eine Willenserklärung abgibt, der Irrtum aber erheblich und unverschuldet ist, kann sie das Recht haben, das Rechtsgeschäft anzufechten.
Täuschung: Wenn eine Partei durch arglistige Täuschung zur Abgabe einer Willenserklärung verleitet wird, kann sie die Anfechtung des Rechtsgeschäfts geltend machen.
Drohung: Wenn eine Partei durch widerrechtliche Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung gezwungen wird, kann sie das Recht haben, das Rechtsgeschäft anzufechten.
Widerrechtliche Einflussnahme: Wenn eine Partei aufgrund widerrechtlicher Einflussnahme, wie beispielsweise Nötigung oder Zwang, eine Willenserklärung abgibt, kann sie die Anfechtung des Rechtsgeschäfts verlangen.
Geschäftsunfähigkeit: Wenn eine geschäftsunfähige Person ein Rechtsgeschäft abschließt, kann dieses Rechtsgeschäft von gesetzlichen Vertretern oder bestimmten anderen Personen angefochten werden.
Die Anfechtung muss innerhalb bestimmter gesetzlicher Fristen erfolgen. Wird das Rechtsgeschäft erfolgreich angefochten, wird es rückwirkend beseitigt („ex tunc“-Wirkung). Eine Ausnahme besteht jedoch bei in Vollzug gesetzten Dauerschuldverhältnissen, wie beispielsweise Arbeitsverträgen. In diesen Fällen kommt es zu einer Nichtigkeit “ex-nunc”. Das bedeutet, dass das Rechtsgeschäft ab dem Zeitpunkt der Anfechtung als ungültig betrachtet wird, während alle vorherigen Rechtsfolgen unberührt bleiben können.
Artikel teilen:
![](https://www.anwalt.de/img/article/article-teaser.png)
Sie benötigen persönliche Beratung zum Thema Nichtigkeit?
Rechtstipps zu "Nichtigkeit" | Seite 12
-
19.02.2024 Rechtsanwalt Vladislav Dimitrov„… Rechtsgrund erfolgt, da der streitgegenständliche Coachingvertrag (jedenfalls) gemäß § 7 Abs. 1 i. V. m. § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG nichtig ist. aa) Fernlehrgänge bedürfen gem. § 12 Absatz 1 S. 1 FernUSG …“ Weiterlesen
-
05.12.2023 Rechtsanwalt István Cocron B. A.„… , da sie nicht über die erforderliche Konzession für ihr Angebot verfügt habe. Die abgeschlossenen Verträge über die Teilnahme an Online-Glücksspielen seien daher nichtig und der Kläger habe Anspruch …“ Weiterlesen
-
04.12.2023 Rechtsanwalt Hansjörg Looser„… nichtig sein, wie ein Beschluss des OLG München vom 25. September 2023 zeigt (Az. 33 Wx 38/22e). Formulierungen, nach denen die Person, die den Testierenden bis zu seinem Tode pflegt, Erbe werden …“ Weiterlesen
-
04.12.2023 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… (Glücksspielstaatsvertrag von 2012) gemäß § 134 BGB nichtig ist, so dass dieser keinen Rechtsgrund für das Behaltendürfen der durch den Kläger erbachten Zahlungen darstellt. Nach § 134 BGB …“ Weiterlesen
-
08.04.2024 Rechtsanwalt Martin Wehrmann„… ) Ihre Unterschrift unter einen intransparenten Vertrag für Investments gesetzt? Der sogenannte "Vertrag" könnte aufgrund betrügerischer Absichten von Anfang an nichtig sein. Mussten Sie auf Anweisung …“ Weiterlesen
-
02.12.2023 Rechtsanwalt István Cocron B. A.„… , sind die geschlossenen Spielverträge nichtig und die Spieler können ihren Verlust von den Online-Casinos zurückfordern“, erklärt Rechtsanwalt István Cocron, CLLB Rechtsanwälte. Der Mandant hatte zwischen Mai 2017 …“ Weiterlesen
-
02.12.2023 Rechtsanwalt Dr. Achim Tiffe„… haben will, hat sich dieser nicht geäußert.“ Das Oberlandesgericht Frankfurt hielt die Abtretung an Ralf Heyl daher für nichtig. Dies hat grundsätzliche Bedeutung. Entsprechend kann Ralf Heyl …“ Weiterlesen
-
08.04.2024 Rechtsanwalt Martin Wehrmann„… mit! Sind Ihre unterzeichneten Verträge bei diesem Anbieter womöglich von Anfang an nichtig, weil es sich um einen Betrug handelt? Bewahren Sie die Dokumente trotzdem auf. Wir werden womöglich umfangreiches …“ Weiterlesen
-
01.12.2023 Rechtsanwalt István Cocron B. A.„… dem Glücksspielstaatsvertrag. Da die geschlossenen Spielverträge daher nichtig waren, haben wir für unseren Mandanten die Rückzahlung des Verlustes eingefordert", erklärt Rechtsanwalt István Cocron …“ Weiterlesen
-
30.11.2023 Rechtsanwalt Lars Rieck„… verwendet, die sich im Nachhinein als unzulässig herausstellen. Sie sind damit von Anfang an nichtig. An ihre Stelle treten die geltenden Gesetze. Das Kammergericht hat Netflix und Spotify …“ Weiterlesen
-
28.11.2023 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… zur Nichtigkeit des Darlehens, die allerdings durch Auszahlung geheilt werden kann (§ 494 Abs. 2 S. 1 BGB). Zum "Ausgleich" der Heilungsfiktion des Gesetzes führt das Fehlen gewisser Pflichtangaben …“ Weiterlesen
-
28.11.2023 Rechtsanwalt Dr. Patrick Redell„… . Der Rückforderungsanspruch scheitere wegen der Nichtigkeit des Vertrages auch nicht an § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB, da der Spielvertrag vorliegend unwirksam sei und sich die Rückforderung rechtsgrundloser Leistungen …“ Weiterlesen
-
28.11.2023 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… der Nichtigkeit des Vertrages zur Teilnahme am Online-Glücksspiel aufgrund Verstoßes gegen den einschlägigen Staatsvertrag handelt.“ Er sagt weiterhin: „Daraus ergibt sich eine eindeutige Rechtslage …“ Weiterlesen
-
06.04.2024 Rechtsanwalt Martin Wehrmann„… Sie sich fern von jeglichen Vertragsabschlüssen bei StateInvestments (stateinvestments.co.uk). Auch wenn solche Verträge möglicherweise nichtig sein könnten, ist es dennoch unklug, diesen Personen …“ Weiterlesen
-
03.01.2024 Rechtsanwalt Stefan Roth„… unterliegen, müssen von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) geprüft und genehmigt werden. Ohne diese Genehmigung ist ein solcher Vertrag nichtig und damit von Anfang an unwirksam …“ Weiterlesen
-
23.11.2023 Rechtsanwalt Ansgar Dittmar„… lassen“ . Daraufhin erhoben wir Klage. Entscheidung Das Gericht erklärte, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Maßregelungsverbots aus § 16 Absatz 1 Satz 1 AGG i.V.m. § 134 BGB nichtig war …“ Weiterlesen
-
23.11.2023 Rechtsanwältin Cordula Alberth„… einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht. 4.2. einseitiges Rechtsgeschäft Liegt dagegen ein einseitiges Rechtsgeschäft vor, ist dieses als von Anfang an nichtig anzusehen. Diese Nichtigkeit kann nicht geheilt werden.“ Weiterlesen
-
21.11.2023 Rechts- und Fachanwältin Angelika Jackwerth„… benachteiligen. Das Landgericht (LG) Dresden erklärte jetzt einen solchen Vertrag mit der Crowd-Funding-Plattform Seedmatch für nichtig und sprach dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 5.000 Euro (Aktenzeichen: 9 …“ Weiterlesen
-
21.11.2023 Rechtsanwalt István Cocron B. A.„… aus dem Glücksspielstaatsvertrag verstoßen haben, sind die abgeschlossenen Spielverträge nichtig und die Spieler können ihren Verlust von den Betreibern der Online-Casinos zurückfordern“, sagt Rechtsanwalt István Cocron …“ Weiterlesen
-
21.11.2023 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… in Deutschland. Zwar lag eine Konzession aus Gibraltar vor, diese galt und gilt aber in Deutschland nicht. Die Geschäfte mit dem Anbieter waren daher nichtig, weil das Unternehmen ElektraWorks …“ Weiterlesen
-
20.11.2023 Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung„… seine Spieleinsätze bei der Beklagten ohne rechtlichen Grund getätigt, da der Vertrag über die Teilnahme an dem von ihr betriebenen Online-Glücksspiel nichtig war, weil das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher …“ Weiterlesen
-
20.11.2023 Rechtsanwalt Tolga Topuz„… – in der Regel – in das „Korsett“ einer Beschlussmängelklage eingekleidet, in welchem der klagende Gesellschafter die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses geltend macht. Mit Wirkung …“ Weiterlesen
-
19.11.2023 Rechtsanwalt Dr. iur. Holger Traub - Dipl. Kfm.„… nichtig, die gegen die guten Sitten verstoßen, was auf viele Aspekte der Firmenbestattung zutrifft. Haftung der Geschäftsleitung: Über § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) und § 823 Abs. 2 BGB …“ Weiterlesen
-
17.11.2023 Rechtsanwalt Martin Loibl„… ist, dass nicht anzunehmen ist, dass sie ohne diese getroffen sein würde, vgl. § 2270 Abs. 1 BGB. In einem gemeinschaftlichen Testament hat die Nichtigkeit oder der Widerruf einer wechselbezüglichen …“ Weiterlesen