Anzeige wegen sexueller Nötigung: Welche Konsequenzen im Strafverfahren drohen
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Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine sexuelle Nötigung?
- Beispiele sexueller Nötigung
- Voraussetzungen für eine sexuelle Nötigung
- Unterschied zwischen sexueller Nötigung und sexueller Belästigung
- Welche Strafe droht bei einer sexuellen Nötigung?
- Sexuelle Nötigung: Verjährung nach 20 Jahren
- Sexuelle Nötigung in der Ehe oder der Beziehung
- Sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz
- Schmerzensgeld bei sexueller Nötigung
- Beweisbarkeit der sexuellen Nötigung vor Gericht
- Beschuldigt in einem Strafverfahren wegen sexueller Nötigung
Experten-Autorin dieses Themas
Eine Strafanzeige wegen sexueller Nötigung – und anderen Sexualstraftaten – sollte man auf keinen Fall auf die leichte Schulter nehmen. Denn schon ein Ermittlungsverfahren wegen sexueller Nötigung kann mit erheblichen persönlichen und beruflichen Konsequenzen für Beschuldigte einhergehen. Zudem drohen bei einer Verurteilung wegen sexueller Nötigung hohe Freiheitsstrafen, die im Führungszeugnis eingetragen werden und unter Umständen nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden können.
Was ist eine sexuelle Nötigung?
Eine sexuelle Nötigung nach § 177 Abs. 5 Strafgesetzbuch (StGB) liegt vor, wenn ein sexueller Übergriff auf eine andere Person stattfindet und der Täter
- „gegenüber dem Opfer Gewalt anwendet,
- dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben droht oder
- eine Lage ausnutzt, in der das Opfer der Einwirkung des Täters schutzlos ausgeliefert ist.“
Keine Nötigung mehr erforderlich
Die sexuelle Nötigung wurde im Jahr 2016 umfassend geändert. Sie ist Teil des sehr unübersichtlich gestalteten § 177 des Strafgesetzbuches und ist in § 177 Abs. 5 StGB geregelt. Es handelt sich bei der sexuellen Nötigung um eine Qualifikation des sexuellen Übergriffs (§ 177 Abs. 1 StGB) und der Ausnutzung sonstiger Umstände (§ 177 Abs. 2 StGB).
Nach der Neuregelung der sexuellen Nötigung ist keine Nötigung mehr erforderlich. Man muss die Gewalt also nicht anwenden, um die sexuelle Handlung vornehmen zu können. Gewalt kann auch nur bei Gelegenheit der Tat angewandt werde, z. B. zur Luststeigerung.
Beispiele sexueller Nötigung
Anwendung von Gewalt (§ 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB) setzt eine Kraftentfaltung voraus, die als körperlicher Zwang empfunden wird. Beispiele sind: Festhalten des Opfers, Zuhalten des Mundes, Schläge, Tritte oder das Versperren der Wohnungstür.
Bei einer Drohung (§ 177 Abs. 5 Nr. 2 StGB) muss dem Opfer mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben gedroht werden. Typische Beispiele sind Todesdrohungen, Androhungen von Gewalt oder auch drohende Gesten.
Das Ausnutzen einer schutzlosen Lage (§ 177 Abs. 1 Nr. 3 StGB) ist gegeben, wenn das Opfer keinen Widerstand leisten kann und der Einwirkung des Täters ausgeliefert ist, also keine Verteidigungsmöglichkeiten bestehen. Diese Lage kann durch einen abgelegenen Tatort oder fehlende Fluchtmöglichkeiten ausgelöst werden.
Voraussetzungen für eine sexuelle Nötigung
Sexueller Übergriff
Voraussetzung für eine sexuelle Nötigung ist stets ein sexueller Übergriff (§ 177 Abs. 1 StGB). Von einem sexuellen Übergriff spricht man, wenn gegen den erkennbaren Willen des Opfers eine sexuelle Handlung vorgenommen wird. Als sexuelle Handlung gilt jede körperliche Berührung zwischen Opfer und Täter, wenn sie nach ihrem äußeren Erscheinungsbild als sexuell einzustufen ist. Typisch für eindeutige sexuelle Handlungen sind Geschlechtsverkehr, Berührungen von Brust, Po, Penis und Scheide oder Küssen.
Entgegenstehender Wille des Opfers
Zwingend erforderlich ist zudem ein entgegenstehender Wille des Opfers. Ein „Nein“ reicht aus. Auch Abwehr oder Weinen reichen aus, um zu zeigen, dass kein Einverständnis mit der sexuellen Handlung besteht. Wird sich über dieses „Nein“ hinweggesetzt, liegt ein sexueller Übergriff vor.
Wichtig ist, dass der entgegenstehende Wille klar geäußert oder nonverbal zum Ausdruck gebracht wird. Passiert dies nicht, kann das ein Ansatz für die Verteidigung sein, denn der Beschuldigte muss den Widerwillen als solchen verstehen können, sonst macht er sich nicht strafbar.
Ausnutzung sonstiger Umstände
Auch wenn ein entgegenstehender Wille nicht ausdrücklich geäußert wird, kann eine sexuelle Nötigung vorliegen. Das ist der Fall, wenn nach § 177 Abs. 2 StGB
- „der Täter ausnutzt, dass die Person nicht in der Lage ist, einen entgegenstehenden Willen zu bilden oder zu äußern,
- der Täter ausnutzt, dass die Person aufgrund ihres körperlichen oder psychischen Zustands in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt ist, es sei denn, er hat sich der Zustimmung dieser Person versichert,
- der Täter ein Überraschungsmoment ausnutzt,
- der Täter eine Lage ausnutzt, in der dem Opfer bei Widerstand ein empfindliches Übel droht, oder
- der Täter die Person zur Vornahme oder Duldung der sexuellen Handlung durch Drohung mit einem empfindlichen Übel genötigt hat.“
Für eine sexuelle Nötigung muss wieder Gewalt, Drohung oder das Ausnutzen einer schutzlosen Lage nach § 177 Abs. 5 StGB hinzukommen.
Unterschied zwischen sexueller Nötigung und sexueller Belästigung
Die sexuelle Belästigung ist in § 184i StGB geregelt und liegt vor, wenn eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt wird. Sie setzt keine Gewalt, Drohung oder das Ausnutzen einer Zwangslage voraus und wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft.
Welche Strafe droht bei einer sexuellen Nötigung?
Die sexuelle Nötigung ist eine schwere Form des sexuellen Übergriffs oder des sexuellen Ausnutzens sonstiger Umstände. Sie stellt eine sogenannte Qualifikation dar und wird deshalb mit einer höheren Strafe bedroht. Es droht eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bis zu fünfzehn Jahren, womit die sexuelle Nötigung ein Verbrechen ist. In minder schweren Fällen reduziert sich die Strafe auf sechs Monate bis zu zehn Jahre.
Wie hoch die Strafe konkret ausfällt, hängt von vielen Faktoren ab. Entscheidend sind etwa die Schwere der Tat und etwaige Vorstrafen.
Kein Strafantrag erforderlich
Für die strafrechtliche Verfolgung einer sexuellen Nötigung muss das potenzielle Opfer keinen Strafantrag stellen. Sobald der Sachverhalt angezeigt wird, müssen Polizei und Staatsanwaltschaft in der Sache ermitteln.
Sexuelle Nötigung: Verjährung nach 20 Jahren
Aufgrund des möglichen Höchstmaßes der Strafe von 15 Jahren beträgt die Verjährungsfrist für die sexuelle Nötigung 20 Jahre. Eine sexuelle Nötigung kann also noch lange nach der Tat strafrechtlich verfolgt werden. Ob sie allerdings nach so vielen Jahren noch bewiesen werden kann, ist eine andere Frage.
Sexuelle Nötigung in der Ehe oder der Beziehung
Selbstverständlich spielt es heutzutage keine Rolle, ob sich Geschädigte und Beschuldigte in einer Ehe, einer eheähnlichen Gemeinschaft oder einer Beziehung befinden. Der sexuelle Übergriff ist strafbar, auch wenn er in diesen Konstellationen stattfindet.
Wenn allerdings regelmäßig sexuelle Kontakte in einer Partnerschaft stattfinden oder es außerhalb einer Beziehung schon häufiger zu Sexualkontakten gekommen ist, muss ganz genau geprüft werden, ob im konkreten Fall in die sexuelle Handlung eingewilligt wurde.
Sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz
Auch eine sexuelle Nötigung am Arbeitsplatz ist strafbar. In der Praxis spielen eher sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz eine Rolle, bei denen es sich um weniger schwere, aber dennoch strafbare Übergriffe handelt.
Schmerzensgeld bei sexueller Nötigung
Eine sexuelle Nötigung kann mit Schmerzensgeldansprüchen von Geschädigten verbunden sein. Voraussetzung ist, dass ein Krankheitszustand durch die Tat ausgelöst wurde. Schmerzensgeld kann sowohl im Rahmen des Strafverfahrens, in einem sogenannten Adhäsionsverfahren, oder separat vor dem Zivilgericht eingeklagt werden.
Welche Höhe ein Schmerzensgeldanspruch hat, hängt vom Einzelfall ab. In Deutschland lassen sich allerdings keine Unsummen an Schmerzensgeld einklagen, wie das etwa in anderen Ländern der Fall ist.
Beweisbarkeit der sexuellen Nötigung vor Gericht
Sexualdelikte haben die Besonderheit, dass in den meisten Fällen nur wenige oder keine objektiven Beweise vorliegen. Es gibt häufig nur die Aussage des potenziellen Opfers, die den Angaben des potenziellen Täters entgegensteht – eine klassische Aussage-gegen-Aussage-Situation.
Aussage gegen Aussage heißt aber nicht, dass das Gericht nicht verurteilen kann. Das Gericht muss in solchen Fällen allerdings hohe Anforderungen an die Qualität der Zeugenaussage stellen und diese ganz genau auf ihre Glaubhaftigkeit prüfen.
Beschuldigt in einem Strafverfahren wegen sexueller Nötigung
Wer wegen sexueller Nötigung angezeigt wird, sollte sich dringend an eine Strafverteidigerin wenden, denn neben einer Freiheitsstrafe von einem bis zu fünfzehn Jahren droht auch der Verlust des Jobs und des persönlichen Ansehens, da ein Strafverfahren wegen einer Sexualstraftat immer mit einer erheblichen Stigmatisierung verbunden ist. Nur mit einer professionellen Strafverteidigung können nachteilige Folgen eines solchen Verfahrens verhindert oder reduziert werden. Reagieren Sie also nicht auf einen Äußerungsbogen oder eine Vorladung der Polizei, sondern wenden Sie sich umgehend an einen Strafverteidiger, der auf dieses Gebiet spezialisiert ist.
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