Sieben Abmahnungen: Arbeitgeber-Kündigung unwirksam wegen zu vieler Abmahnungen

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„Hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer wegen gleichartiger Pflichtverletzungen zahlreich abgemahnt muss er unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die letzte Abmahnung vor Ausspruch der Kündigung besonders eindringlich gestalten, damit der Arbeitnehmer die in der Abmahnung enthaltene Drohung noch ernst nehmen kann.“ – so lautet der amtliche Leitsatz LAG Köln (11. Kammer), Urteil vom 12.03.2013 - 11 Sa 919/12; Quelle: Beck-online.de

Was ist passiert?

LAG Köln: „Der Kläger ist seit dem April 2000 bei der beklagten Bäckerei als Fahrer beschäftigt. Die Beklagte mahnte den Kläger mehrfach schriftlich wie folgt ab: Am 16.07.2007 wegen des Nichterscheinens zur Arbeit an diesem Tag. Für den Wiederholungsfall drohte die Beklagte mit einer Kündigung, im Falle fortgesetzter Arbeitsverweigerung mit einer fristlosen Kündigung. Trotz dieser Abmahnung erschien der Kläger am Folgetag nicht zur Arbeit und wurde von der Beklagten erneut in der Weise abgemahnt, wie dies bereits mit der Abmahnung vom 16.07.2007 geschehen war. Am 27.04.2009 erfolgte die Abmahnung wegen unentschuldigtem Fehlen am selbigen Tag unter Hinweis auf die unverzügliche Meldepflicht im Krankheitsfall und Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, bis hin zur fristlosen Kündigung. Mit Schreiben vom 19.05.2009 erteilte die Beklagte eine Abmahnung wegen unentschuldigtem Fernbleiben am 16.05.2009 und 18.05.2009. Am 02.11.2010 erging eine Abmahnung wegen unentschuldigtem Fehlen an diesem Tag unter Hinweis auf die unverzügliche Meldepflicht im Krankheitsfall und Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, bis hin zur fristlosen Kündigung. Mit Schreiben vom 09.01.2012 erfolgte die Abmahnung wegen des unentschuldigten Fernbleibens von der Arbeit am selbigen Tag unter Hinweis auf die unverzügliche Meldepflicht im Krankheitsfall und Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, bis hin zur fristlosen Kündigung. Am 10.01.2012 mahnte die Beklagte den Kläger wegen unentschuldigtem Fehlen an diesem Tag unter Hinweis auf die unverzügliche Meldepflicht im Krankheitsfall und Androhung arbeitsrechtlicher Konsequenzen, bis hin zur fristlosen Kündigung ab.“ Quelle: Beck-online.de

Kündigung als unwirksam seitens des Gerichts zurückgewiesen

LAG Köln: „Die Kündigung vom 29.02.2012 ist rechtsunwirksam, §§ 1 Abs. 1, 1 Abs. 2 KSchG.“ Zahlreiche „Abmahnungen wegen gleichartiger Pflichtverletzungen, denen keine weiteren arbeitsrechtlichen Konsequenzen folgen, können die Warnfunktion der Abmahnungen abschwächen. Der Arbeitnehmer muss die in der Abmahnung enthaltene Drohung noch ernst nehmen können. Es darf nicht der Eindruck einer „leeren Drohung“ erzeugt werden. Der Arbeitgeber muss dann die letzte Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung besonders eindringlich gestalten.“ Quelle: Beck-online.de

Wegen der sieben Abmahnungen musste der Kläger mit der Kündigung nicht rechnen; es fehlt an der Ernsthaftigkeit der Kündigungsandrohung 

LAG Köln: „Vorliegend musste der Kläger nicht damit rechnen, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis kündigt, wenn er sie am 26.02.2012 nicht unverzüglich über den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit informiert. Es kann daher dahin stehen, ob eine rechtzeitige Unterrichtung im Streitfall erfolgt ist. Die Beklagte hat in den etwas mehr als viereinhalb Jahren vor Ausspruch der Kündigung den Kläger sieben Mal abgemahnt, weil er aus ihrer Sicht unentschuldigt gefehlt hat, in sechs Fällen war die Abmahnung auch mit der Androhung einer fristlosen Kündigung im Wiederholungsfall verknüpft. Mit vier Abmahnungen hat sie die Rüge des unentschuldigten Fehlens mit einem detaillierten Hinweis auf die unverzügliche Meldepflicht im Krankheitsfall verbunden, so auch die letzten drei vor Ausspruch der Kündigung erteilten Abmahnungen. Trotz Wiederholung der Vertragsverstöße in einem relativ kurzen Zeitraum hat sie keinerlei arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitgeber hat die Warnfunktion seiner Abmahnungen durch inkonsequentes Verhalten selbst entwertet

LAG Köln: „Sie hat die Warnfunktion ihrer Abmahnungen durch inkonsequentes Verhalten selbst entwertet. Die Abmahnungen seit dem 02.11.2010 weisen auch keinen gesteigerten Grad der Intensität aus, sondern wiederholen stereotyp Rüge und Androhung. Ein Abmahnungsgespräch haben die Parteien nicht geführt. Eine besondere textliche Hervorhebung, wie z. B. die Verwendung des Begriffs „letztmalige Abmahnung“, vor Ausspruch der Kündigung ist unterblieben. Vor diesem Hintergrund der jahrelangen bloßen Androhung der fristlosen Kündigung durfte der Kläger die Ernsthaftigkeit der Bedrohung des Bestands des Arbeitsverhältnisses in Frage stellen.“ Quelle: Beck-online.de

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