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Gesetzesänderungen 2016 - Teil 1: Neuer Krankenschein, geänderte Kfz-Versicherungsklassen und mehr

  • 5 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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2016 bringt uns neben Olympischen Sommerspielen in Rio und der Wahl eines neuen US-Präsidenten auch eine Vielzahl neuer Gesetze und Regelungen. Manches darunter, wie eine weitere Reform des Mietrechts, ist noch nicht in trockenen Tüchern. Mit anderem, wie der neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, hatten manche, die weniger gut ins neue Jahr gestartet sind, vielleicht schon Berührung. In drei Teilen informiert der folgende Rechtstipp über die zahlreichen rechtlichen Änderungen, die 2016 für uns bringt. Los geht’s mit den Bereichen Ausbildung & Arbeit sowie Auto & Verkehr.

Ausbildung & Arbeit

Mehr BAföG für Studium und Fortbildung

BAföG-Empfänger dürfen sich über eine Erhöhung von rund 7 Prozent freuen – allerdings erst ab August 2016 zum folgenden Wintersemester. Der Regelbedarf steigt dann auf 649 Euro für nicht mehr bei ihren Eltern wohnende bzw. 451 Euro für bei ihren Eltern wohnende Studenten. Der Maximalbetrag des Bundesausbildungsförderungsgeldes beträgt für sie künftig 735 Euro. Auch die Freibeträge für das Einkommen von Eltern bzw. Ehepartner und eigenes Einkommen und Vermögen steigen um rund 7 Prozent. Statt monatlich 400 Euro lassen sich so künftig 450 Euro ohne BAföG-Beeinträchtigung hinzuverdienen. Für eigenes Vermögen gilt künftig ein Freibetrag von 7500 Euro. Ab August 2016 steigt zudem das sogenannte Meister-BAföG. Wer sich zum Meister, Techniker oder Fachwirt fortbildet, erhält rund 9 Prozent mehr Unterhaltsbeitrag. Für Alleinstehende ohne Kind steigt die Förderung damit auf 768 Euro im Monat. Der Einkommensfreibetrag beträgt dann 290 Euro.

Neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Wer sich krankschreiben lässt, bekommt ab 2016 eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU). Den altbekannten „gelben Zettel“ gibt es dann in vierfacher Ausfertigung. Von der AU-Bescheinigung geht je ein Exemplar an die Krankenkasse, den Arzt, den Arbeitgeber und nun auch an den krankgeschriebenen Arbeitnehmer. Jeder Beschäftigte soll anhand des überreichten Krankenscheins so besser erkennen können, wann seine Krankschreibung endet, damit er sich rechtzeitig um eine eventuelle Folgebescheinigung kümmert. Das ist wichtig: Denn Ärzte dürfen eine Erkrankung nicht zurückdatieren. Verbessern soll sich mit der neuen AU-Bescheinigung auch der notwendige Nachweis für den Erhalt von Krankengeld, das die Krankenkasse nach mehr als sechswöchiger Krankschreibung zahlt. Der früher dafür notwendige Auszahlschein entfällt.

Weniger Belastung für Midijobber

Midijobber, also Beschäftigte mit einem Verdienst zwischen 450,01 Euro bis 850,00 Euro im Monat, müssen ab 2016 etwas geringere Sozialversicherungsbeiträge entrichten. Grund: Der für die komplexe Berechnung maßgebliche Faktor F ändert sich aufgrund eines höheren durchschnittlichen Zusatzbeitrags für die Krankenkasse. Wer seine individuelle Belastung als Midijobber berechnen will, dem hilft ein sogenannter Gleitzonenrechner.

Reformiertes katholisches Arbeitsrecht

Ab Januar gilt für Mitarbeiter der katholischen Kirche bundesweit ein neues Arbeitsrecht. Über 590.000 davon beschäftigt sie allein hauptamtlich im Rahmen der Caritas. Die Kirchen können dabei ihr Arbeitsrecht selbst bestimmen. Dieses Selbstbestimmungsrecht erwuchs ihnen infolge der Trennung von Staat und Kirche. So dürfen sie von ihren Mitarbeitern eine gewisse Loyalität zu ihren Glaubens- und Moralvorstellungen verlangen. Dadurch bekamen gerade Mitarbeiter der katholischen Kirche Probleme bis hin zur Kündigung, wenn sie eine gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft begründeten, bereits geschiedene Partner heirateten oder nach einer Scheidung selbst wieder heirateten. Nach dem neuen katholischen Arbeitsrecht, auf das sich die Diözesen nun verständigt haben, soll sich das ändern. Die Kündigung soll nur noch letztes Mittel bei schweren Verstößen sein. Zudem sollen sich Gewerkschaften mehr am Zustandekommen von Arbeitsvertragsbedingungen beteiligen können und einfacheren Zutritt zu kirchlichen Einrichtungen erlangen.

Höhere Branchen-Mindestlöhne

Mitarbeiter folgender Branchen erhalten im Jahr 2016 höhere Mindest-Stundenlöhne:

  • Dachdecker: 12,50 Euro bundesweit
  • Abfallwirtschaft: 9,10 Euro bundesweit
  • Berufliche Weiterbildung: 14,00 Euro (West), 13,50 Euro (Ost)
  • Geld- und Wertdienste: 10,11 bis 12,56 Euro je nach Bundesland (West), 9,33 Euro (Ost/Berlin)
  • Geld- und Werttransport: 11,80 bis 15,73 Euro je nach Bundesland (West), 11,24 (Ost/Berlin)
  • Fleischwirtschaft: ab Dezember 8,75 Euro bundesweit
  • Pflegebereich 9,75 Euro (West), 9,00 Euro (Ost)
  • Wäschereidienstleistung: 8,75 Euro, ab Juli bundesweit
  • Textil- und Bekleidungsindustrie: 8,25 Euro, ab Dezember 8,75 Euro bundesweit
  • Leiharbeit/Zeitarbeit: ab Juni 9,00 Euro (West), 8,50 Euro (Ost)
  • Forstdienstleistung und Gartenbau: 8,00 Euro (West), 7,90 Euro (Ost)

Einige Mindestlöhne unterschreiten dabei den seit 2015 geltenden allgemeinen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro. Das ist zulässig, solange solche Mindestlöhne auf einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag beruhen. Spätestens 2017 ist damit allerdings Schluss. Dann sind in allen Branchen mindestens 8,50 Euro zu zahlen.

Auto & Verkehr

Lautstärkebegrenzung für Fahrzeuge

Aufgrund einer EU-Verordnung gilt für neu genehmigte Motorräder und Motorroller ab 2016 eine Lärmgrenze von maximal 77 dB. Vergleichbar laut sind etwa Rasenmäher. Zum Einsatz kommt dabei ein neues Prüfverfahren. Denn die vorherige Lautstärkemessung konnten die Hersteller relativ leicht auf legalem Weg „umfahren“. Eine Gesetzeslücke ließ Maßnahmen zu, die die Geräusche unter Testbedingungen besonders verringerten. Das ist nun anders.

Auch für entsprechende Neuwagen gelten lärmreduzierende Maßnahmen. Ab Juli 2016 sind Klappenauspuffe verboten. Durch die gerade bei Sportwagen zu findende Möglichkeit die Auspuffklappen zu öffnen, lässt sich der Geräuschpegel entscheidend erhöhen.

ABS oder Kombi-Bremssystem für Motorräder

Neben der einzuhaltenden Abgasnorm 4 betrifft eine weitere Gesetzesänderung für Motorräder deren Bremsanlage und damit unmittelbar die Sicherheit auf der Straße. Maschinen ab 125 cm³ bzw. mehr als 15 PS mit Typzulassung nach Jahresbeginn 2016 müssen, damit sie eine Genehmigung erhalten, nun über ABS verfügen. Für Zweiräder über 50 cm³ muss es zumindest ein kombiniertes Bremssystem sein, das beide Räder gleichzeitig abbremst. Ab dem Jahr 2017 gilt die ABS-Pflicht dann auch für entsprechende Neuzulassungen. Eine Nachrüstpflicht besteht nicht. Auch bereits genehmigte Typen dürfen noch bis Ende 2017 verkauft und zugelassen werden.

Elektroautos nur noch fünf Jahre steuerfrei

Elektroautos, die ab 1. Januar 2016 erstmals zugelassen wurden, sind nur noch fünf statt wie bisher zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit. Nach Ablauf der fünf Jahre zahlen Elektroautobesitzer die Hälfte der üblichen Belastung.

Kfz-Versicherung mit neuen Typ- und Regionalklassen

Sowohl in der Kfz-Haftpflicht als auch in der Kasko gibt es 2016 neue Typklassen. Grund ist die Neubewertung der Schadens- und Unfallbilanz. Knapp jedes dritte Fahrzeug in Deutschland ist bei der Haftpflicht davon betroffen. Demnach muss rund die Hälfte von ihnen mit einer höheren Einstufung, die andere Hälfte mit einer niedrigeren Einstufung rechnen. Für den überwiegenden Teil der Versicherten bleibt jedoch alles beim Alten. Bei der Kasko-Versicherung ändert sich etwas mehr. Hier erhalten rund 45 Prozent der Fahrzeuge eine andere Klasse. In der Teilkasko erhalten dabei rund 300.000 Fahrzeuge eine höhere Einstufung. In der Vollkasko sind es 800.000 Fahrzeuge. Demgegenüber gibt es für 5,3 Millionen bzw. 8,6 Millionen Fahrzeuge eine niedrigere Einstufung.

Neuer Erste Hilfe Kurs

Für den Führerscheinerwerb ist ein Erste Hilfe Kurs vorgeschrieben. Ab 2016 gibt es für alle Führerscheinklassen den neuen Erste Hilfe Kurs. Er löst den Kurs „Lebensrettende Sofortmaßnahmen“ ab. Der neue Kurs findet an einem Tag statt, umfasst dafür aber nun neun statt acht Unterrichtseinheiten.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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