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Wissenswertes zur arbeitsrechtlichen Abmahnung

  • 9 Minuten Lesezeit
Wissenswertes zur arbeitsrechtlichen Abmahnung

Haben Sie als Arbeitnehmer eine Abmahnung von Ihrem Arbeitgeber erhalten? Dies ist erst einmal ein Schock für Sie, da diese Abmahnung zur Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses führen kann. Bewahren Sie dennoch Ruhe, nehmen Sie die Abmahnung keineswegs einfach so hin und lassen Sie sich anwaltlich beraten.

Die wichtigsten Fakten

  • Der Arbeitgeber spricht eine Abmahnung gegenüber seinem Angestellten aus, um dessen arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu rügen.
  • Eine Abmahnung kann sowohl mündlich als auch schriftlich ausgesprochen werden.
  • Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss in der Abmahnung konkret geschildert werden.
  • Der Arbeitnehmer wird in der Abmahnung aufgefordert, sein Fehlverhalten künftig zu unterlassen. Ansonsten drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen.
  • Eine Abmahnung führt nicht automatisch zur Kündigung.

So gehen Sie vor

  1. Bewahren Sie erstmal einen kühlen Kopf und rechtfertigen Sie sich nicht gegenüber Ihrem Vorgesetzten.
  2. Sichern Sie Beweise, die darauf hindeuten, dass die Abmahnung unberechtigt ist.
  3. Prüfen Sie mit anwaltlicher Hilfe, ob Ihre Abmahnung das Ihnen vorgeworfene Fehlverhalten klar und deutlich benennt.
  4. Übergeben Sie Ihrem Arbeitgeber eine sachliche Gegendarstellung, wenn die Abmahnung den Vorwurf nicht korrekt oder nur unvollständig darstellt.
  5. Klagen Sie auf Entfernung einer unberechtigten Abmahnung aus der Personalakte.

Was ist eine Abmahnung und was muss sie beinhalten?

Der Arbeitgeber spricht eine Abmahnung gegenüber dem Arbeitnehmer aus, um dessen arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu rügen.

Eine Abmahnung muss drei Punkte beinhalten, damit sie als Abmahnung gelten kann: die Hinweisfunktion, die Rügefunktion sowie die Warnfunktion.

  • Hinweisfunktion

Die Abmahnung muss das Fehlverhalten des Angestellten mit Zeit, Ort und Art konkret benennen.

Beispielformulierung:

„Sie sind am 10. November 2019 erst um 9:00 Uhr und damit eine Stunde zu spät zur Arbeit erschienen.“

  • Rügefunktion

Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer für sein Verhalten rügen und ihn gleichzeitig dazu auffordern, dieses Fehlverhalten künftig zu unterlassen.

Beispielformulierung:

„Durch dieses Verhalten haben Sie Ihre Vertragspflichten verletzt. Wir erwarten, dass Sie künftig pünktlich um 8:00 Uhr an Ihrem Arbeitsplatz erscheinen.“

  • Warnfunktion

Inhalt der Abmahnung müssen zudem die arbeitsrechtlichen Konsequenzen sein, die dem Arbeitnehmer bei erneutem Verstoß drohen. Fehlen entsprechende Hinweise, handelt es sich um keine Abmahnung, sondern um eine Ermahnung. Auf sie lässt sich allerdings keine Kündigung stützen.

Beispielformulierung:

„Sollte sich dieses Verhalten wiederholen, werden wir von unserem Recht zur Kündigung Ihres Arbeitsvertrags Gebrauch machen.“

Eine Abmahnung kann sowohl schriftlich als auch mündlich erteilt werden. Da im Streitfall der Inhalt einer solchen Abmahnung jedoch belegt werden muss, entscheiden sich die meisten Arbeitgeber dazu, eine Abmahnung schriftlich zu erteilen und auch in der Personalakte zu hinterlegen.

Grundsätzlich gibt es keine zeitliche Begrenzung für die Erteilung einer Abmahnung. Sie kann stets ausgesprochen werden, wenn ein Pflichtverstoß vorliegt. Außerdem kann ein bereits vor längerer Zeit aufgetretenes Fehlverhalten eines Beschäftigten noch mit einer Abmahnung versehen werden.

Gründe für eine Abmahnung

Es existiert eine Reihe von Gründen, die zu einer arbeitsrechtlichen Abmahnung des Arbeitnehmers führen kann. Als vertragswidriges Verhalten gilt beispielsweise:

  • Beleidigungen gegenüber dem Arbeitgeber, den Arbeitskollegen oder auch Kunden
  • Arbeitsverweigerung bzw. Nichtbeachtung von Arbeitsanweisungen
  • Arbeitszeitbetrug
  • wiederholtes Zuspätkommen zur Arbeitsstelle
  • unentschuldigtes Fehlen am Arbeitsplatz
  • verspätete bzw. keine Abgabe der Krankmeldung
  • Alkohol- bzw. Drogenkonsum am Arbeitsplatz
  • Begehung einer Straftat wie Diebstahl oder Körperverletzung, sofern diese Auswirkungen auf den Arbeitsplatz hat

In welchen Fällen ist eine Abmahnung unwirksam?

Grundsätzlich muss jeder Arbeitgeber die bereits genannten drei Funktionen – Hinweisfunktion, Rügefunktion und Warnfunktion – bei jeder Abmahnung beachten. Die bloße Bezeichnung als Abmahnung reicht nicht aus – diese darf sogar fehlen.

Ein Arbeitnehmer kann nur abgemahnt werden, wenn er die Pflichten seines Arbeitsvertrages verletzt hat – entweder vorsätzlich oder auch fahrlässig. Jedoch rechtfertigen pauschale Aussagen keine wirksame Abmahnung, wie beispielsweise: 

„Sie kommen stets zu spät zur Arbeit. Aus diesem Grund mahne ich Sie jetzt ab.“

„Sie arbeiten nicht gewissenhaft und sorgfältig genug.“

Folglich muss eine Abmahnung die Pflichtverletzung des Angestellten immer explizit benennen, wie beispielsweise:

„Sie erschienen am 10. November 2019 statt zum vertraglich vereinbarten Arbeitsbeginn um 8:00 Uhr erst um 9:00 Uhr unentschuldigt zur Arbeit. Aufgrund dieser Verspätung um 60 Minuten mahne ich Sie hiermit ab.“

Enthält die Abmahnung keine konkrete Aufforderung zu einem künftigen vertragstreuen Verhalten vonseiten des Beschäftigten, ist diese ebenfalls nicht wirksam. Der Arbeitnehmer sollte stets darauf hingewiesen werden, wie er sein Verhalten am Arbeitsplatz in der Zukunft ändern muss.

Zählt eine Abmahnung mehrere Pflichtverletzungen des Beschäftigten auf und erweist sich ein Vorwurf im Nachhinein als unhaltbar oder nicht korrekt, ist die Abmahnung ebenfalls unwirksam. Außerdem muss der Ton stets sachlich sein. Wird der Angestellte von seinem Arbeitgeber in der Abmahnung beleidigt, ist sie auch unwirksam.

Eine Abmahnung ist außerdem nicht wirksam, wenn sie weder vom Arbeitgeber persönlich noch von einem Vorgesetzten des Angestellten oder von einer Person, die dem abzumahnenden Angestellten Weisungen erteilen kann, unterschrieben wurde.

Wie können Sie gegen eine unberechtigte Abmahnung vorgehen?

  • Anwaltliche Prüfung der Abmahnung

Haben Sie eine Abmahnung von Ihrem Arbeitgeber erhalten, sollten Sie zunächst Ruhe bewahren. Außerdem sollten Sie den Gang zu einem Anwalt in Betracht ziehen. Dieser prüft, ob die Abmahnung gerechtfertigt und formell korrekt ist.

  • Erstellung einer Gegendarstellung

Nachdem Sie eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie eine Gegendarstellung anfertigen, die zu Ihrer Verteidigung dient. Am besten sollten Sie für die Erstellung einen Anwalt zurate ziehen. Die Gegendarstellung gilt als Alternative zu einem gerichtlichen Vorgehen gegen die Abmahnung und wird anschließend in Ihrer Personalakte hinterlegt.

  • Gespräch mit Betriebsrat bzw. Personalrat

Verfügt Ihr Unternehmen über einen Betriebsrat bzw. einen Personalrat, sollten Sie diesen über den Erhalt der Abmahnung informieren und ihn um Vermittlung bitten. Der Betriebsrat muss jedoch vor Ausspruch der Abmahnung davon nicht in Kenntnis gesetzt werden.

  • Gerichtliches Vorgehen gegen die Abmahnung

Sie können außerdem als Arbeitnehmer vor dem zuständigen Arbeitsgericht klagen, damit dieses die Wirksamkeit Ihrer Abmahnung überprüft.

Das Gericht entscheidet letztlich, ob die Abmahnung aus Ihrer Personalakte gelöscht werden muss. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie sich als unberechtigt erweist.

Führt eine Abmahnung automatisch zu einer Kündigung?

Grundsätzlich müssen Sie eine Abmahnung als Vorstufe zur Kündigung Ihres Arbeitsvertrags verstehen – vergleichbar wie die „Gelbe Karte“ vor der „Gelb-Roten-Karte“. Somit ist es für Sie als Beschäftigter wichtig zu wissen, wie Abmahnungen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.

Im Allgemeinen gilt, dass der Arbeitgeber seinem Angestellten eine Abmahnung aussprechen muss, bevor er diesem gegenüber letztendlich eine verhaltensbedingte ordentliche oder außerordentliche Kündigung aussprechen kann.

Eine lang zurückliegende Abmahnung kann keine Grundlage mehr für eine Kündigung sein. Diese gilt somit als verwirkt. Jedoch fehlt eine klare Frist für die Verwirkung. Entscheidend sind vielmehr die Umstände wie die Schwere des Verstoßes und ein seitdem tadelloses Verhalten vonseiten des Beschäftigten.

Die häufig verbreitete Ansicht, der Arbeitgeber müsse insgesamt drei Abmahnungen erteilen, bevor er seinem Angestellten kündigen kann, ist gesetzlich nicht fundiert. Es existiert keine gesetzliche Regelung hinsichtlich der genauen Anzahl von Abmahnungen. Im Gegenteil: Zu viele erteilte Abmahnungen ohne Konsequenzen können eine Kündigung sogar erschweren.

Ob eine Abmahnung automatisch zu einer Kündigung führt, ist stets vom Einzelfall abhängig. In diesem Zusammenhang ist die Interessenabwägung von großer Bedeutung. Gemäß der Dauer der Betriebszugehörigkeit und bezüglich der Schwere und Häufigkeit der Verstöße des Arbeitsvertrags beurteilt der Arbeitgeber, ob der Arbeitsvertrag bereits nach der ersten oder erst nach mehreren Abmahnungen zu kündigen ist.

Bei schweren Pflichtverstößen genügt bereits eine Abmahnung, bei leichteren Verstößen muss der Arbeitgeber mitunter mehrmals eine Abmahnung erteilen.

Wie lange bleibt eine berechtigte Abmahnung in der Personalakte?

Eine berechtigte Abmahnung landet prinzipiell in der Personalakte des Beschäftigten. Es gibt zwar keine gesetzlichen Fristen für den Verbleib der Abmahnung in der Personalakte, jedoch steht eine Abmahnung gewöhnlich für mindestens zwei Jahre in der Akte.

Der Arbeitgeber muss die Abmahnung wieder aus der Personalakte entfernen, wenn

  • sich der Vorwurf als falsch erweist oder der Arbeitgeber diesen nicht nachweisen kann.
  • der Verstoß keine Abmahnung rechtfertigt – das kann vor allem bei der Abmahnung von Bagatellverstößen der Fall sein.

Liegt eine rechtmäßige Abmahnung vor, bleibt die Abmahnung in der Personalakte bestehen. Hat der Arbeitgeber jedoch keinen Grund mehr zur Aufbewahrung der Abmahnung – wie beispielsweise bei einer lang zurückliegenden Abmahnung –, muss er diese aus der Akte entfernen.

Gilt das Arbeitsverhältnis als beendet, hat der Arbeitnehmer keinen Anspruch mehr auf Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte.

Die Ermahnung als Vorstufe zur Abmahnung

Die Ermahnung ist – genauso wie die Abmahnung – im Arbeitsrecht ein sogenanntes milderes Mittel. Das heißt, der Arbeitgeber muss zunächst versuchen, das Arbeitsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und ihm zu verbessern, bevor er eine Kündigung ausspricht.

Mittels der Ermahnung weist der Arbeitgeber auf das Fehlverhalten des Arbeitnehmers hin. Genauso wie bei der Abmahnung sollte der Arbeitgeber bei der Erteilung einer Ermahnung darauf achten, dass diese eine Rüge hinsichtlich des Fehlverhaltens des Beschäftigten sowie einen Hinweis darauf beinhaltet, dass der Arbeitnehmer dieses Verhalten künftig unterlassen soll.

Genauso wie die Abmahnung kann die Ermahnung schriftlich oder mündlich erfolgen. Empfehlenswert ist dennoch eine schriftliche Ermahnung, die folglich auch in der Personalakte hinterlegt wird.

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung: Ermahnt der Arbeitgeber seinen Beschäftigten, droht er diesem nicht mit einer Kündigung. Eine Abmahnung hingegen muss stets diese Warnfunktion einhalten.

Video-Zusammenfassung zur Abmahnung

Checkliste – Vorgehen bei Erhalt einer Abmahnung

  • Ruhe bewahren

Haben Sie von Ihrem Arbeitgeber eine Abmahnung erhalten, nehmen Sie diese am besten ruhig und gefasst zur Kenntnis. Rechtfertigen Sie sich nicht gegenüber Ihrem Arbeitgeber – auch nicht schriftlich.

  • Beweise sichern

Sie sollten nach Erhalt einer Abmahnung Beweise sichern, die darauf hindeuten, dass Ihre Abmahnung unberechtigt ist.

  • Abmahnung gerichtlich prüfen lassen

Sie als Arbeitnehmer können vom zuständigen Arbeitsgericht prüfen lassen, ob Ihre Abmahnung wirksam ist. Erweist sich die Abmahnung als unberechtigt, muss Ihr Arbeitgeber sie aus Ihrer Personalakte entfernen.

  • Betriebsrat bzw. Personalrat informieren

Besteht in Ihrem Unternehmen ein Betriebsrat oder Personalrat, können Sie diesen über Ihre Abmahnung in Kenntnis setzen und ihn um Vermittlung bitten. Jedoch muss der Betriebsrat bzw. Personalrat vor Ausspruch der Abmahnung nicht angehört werden.

  • Gegendarstellung abgeben

Nach dem Erhalt einer Abmahnung können Sie die Abgabe einer Gegendarstellung in Betracht ziehen, die zu Ihrer Verteidigung dienen soll. Vermeiden Sie weitere Angriffspunkte und äußern Sie sich sachlich, das heißt, bringen Sie keine Beleidigungen vor. Die von Ihnen verfasste Gegendarstellung wird in Ihre Personalakte aufgenommen. Eine Gegendarstellung ist gleichzeitig eine Alternative zu einem gerichtlichen Vorgehen.

Foto(s): ©AdobeStock

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