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Statusfeststellungsverfahren: Wann wird es eingeleitet und welche Folgen hat es?

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Statusfeststellungsverfahren: Wann wird es eingeleitet und welche Folgen hat es?

Wann wird ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet?  

In einem Statusfeststellungsverfahren – eigentlich Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus – wird geklärt, ob ein Auftragnehmer für seinen Auftraggeber selbstständig oder im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist. Der Erwerbsstatus hat Auswirkungen auf die Sozialversicherungspflicht:  

Während abhängig Beschäftigte sozialversicherungspflichtig sind, unterliegen Selbstständige in der Regel nicht der Sozialversicherungspflicht. Selbstständige können sich freiwillig gesetzlich oder privat versichern. Achtung: Dies gilt jedoch nicht für bestimmte Berufsgruppen wie Hebammen, Landwirte oder Schriftsteller. Diese sind zwar selbstständig, aber dennoch ganz oder teilweise sozialversicherungspflichtig. 

Bei einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung meldet der Arbeitgeber – anders als bei Selbstständigen – das Beschäftigungsverhältnis bei der Einzugsstelle an und führt die Sozialversicherungsbeiträge für den Arbeitnehmer ab. Einzugsstellen sind die Krankenkassen, die Künstlersozialkasse und für geringfügig Beschäftigte – als Träger der Minijob-Zentrale – die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See. 

Falscher Erwerbsstatus: Was sind die Folgen? 

Mit dem Statusfeststellungsverfahren können die Parteien eines Arbeitsverhältnisses sicherstellen, dass der vom Arbeitgeber vergebene sozialversicherungsrechtliche Status korrekt ist. Denn eine falsche Einstufung kann schwerwiegende Folgen haben: 

Werden Sie als Selbstständiger eingestuft, obwohl Sie tatsächlich abhängig beschäftigt sind, liegt eine sogenannte Scheinselbstständigkeit vor. Das bedeutet, dass Ihr Arbeitgeber oder Auftraggeber keine Sozialversicherungsbeiträge für Sie abgeführt hat, obwohl er dazu verpflichtet ist. Ihr Arbeitgeber kann den versäumten Abzug des Arbeitnehmerbeitragsanteils nur bei Ihren nächsten drei Entgeltabrechnungen nachholen. Die Sozialversicherungsträger können nicht abgeführte Beiträge aber auch länger – maximal vier Jahre rückwirkend – nachfordern. Wird den Beteiligten Vorsatz und Kenntnis von der Scheinselbstständigkeit nachgewiesen, können die Beiträge sogar bis zu 30 Jahre rückwirkend eingefordert werden. In diesem Fall droht zudem ein Strafverfahren wegen Sozialversicherungsbetrugs. 

anwalt.de-Empfehlung: Sie haben Zweifel an Ihrer Einstufung? Kontaktieren Sie einen Rechtsanwalt, der Sie umfassend zum Statusfeststellungsverfahren berät und über die rechtlichen und finanziellen Risiken aufklärt. Insbesondere bei dem Vorwurf der Scheinselbstständigkeit sollten Sie sich schnellstmöglich anwaltlich vertreten lassen. Finden Sie jetzt den passenden Anwalt für Sozialversicherungsrecht oder einen Anwalt für Sozialrecht auf anwalt.de und vereinbaren Sie direkt eine ausführliche Erstberatung zum Festpreis! 

Wie läuft das Statusfeststellungsverfahren ab? 

Zuständig für das Statusfeststellungsverfahren ist die Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund. Andere Stellen – die Bundesagentur für Arbeit, Pflegekassen und Rentenversicherungsträger – sind an die Entscheidung der Clearingstelle über den Erwerbsstatus gebunden. Um ein Statusfeststellungsverfahren zu beantragen, reichen Sie den Antrag schriftlich oder elektronisch bei der Clearingstelle ein.  

Das entsprechende Formular (V0027) mit Anlagen (C0031, C0032 oder C0033) finden Sie auf der Internetseite der Deutschen Rentenversicherung. In dem Antrag und den Anlagen machen Sie detaillierte Angaben zum Auftragsverhältnis und zur Tätigkeit. Fügen Sie dem Antrag Kopien aller Einzelverträge und Projekt- beziehungsweise Aufgabenbeschreibungen bei. Die DRV Bund teilt Ihnen gegebenenfalls unter Fristsetzung mit, ob sie für ihre Entscheidung weitere Unterlagen oder Angaben benötigt. 

Beabsichtigt die Clearingstelle eine vom Antrag abweichende Einstufung, teilt sie dies den Beteiligten unter Angabe der Gründe mit. Die Beteiligten erhalten Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Nach Prüfung etwaiger Einwände informiert die Clearingstelle schriftlich über das endgültige Ergebnis der Statusprüfung.  

Neuerungen im Statusfeststellungsverfahren 

Seit April 2022 gibt es einige Neuerungen, die das Statusfeststellungsverfahren betreffen. Die Änderungen gelten zunächst bis zum 30. Juni 2027. Danach wird entschieden, ob und in welcher Form sie fortgeführt werden. 

Elementenfeststellung: Die DRV Bund entscheidet im Statusfeststellungsverfahren nur noch über den Erwerbsstatus (selbstständig oder abhängig beschäftigt), jedoch nicht mehr länger, ob eine Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung besteht. 

Prognoseentscheidung: Ein Statusfeststellungsverfahren kann nicht nur während einer laufenden Tätigkeit, sondern auch vor Aufnahme der Tätigkeit beantragt werden. In diesem Fall trifft die Clearingstelle der DRV Bund eine Prognoseentscheidung auf Grundlage der Angaben, die die beteiligten Parteien zur Tätigkeit und zum bevorstehenden Auftragsverhältnis gemacht haben. Voraussetzung für ein vorgeschaltetes Statusfeststellungsverfahren ist, dass die Beteiligten bereits einen schriftlichen Vertrag geschlossen haben. Ein Statusfeststellungsverfahren kann auch rückwirkend nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eingeleitet werden. 

Gruppenfeststellung: Es ist möglich, für mehrere gleiche Auftragsverhältnisse ein gemeinsames Statusfeststellungsverfahren zu beantragen. „Auftragsverhältnisse sind gleich, wenn die vereinbarten Tätigkeiten ihrer Art und den Umständen der Ausübung nach übereinstimmen und ihnen einheitliche vertragliche Vereinbarungen zu Grunde liegen“ (Sozialgesetzbuch (SGB) IV, § 7a Abs. 4b). Hierfür ist das entsprechende Antragsformular C0050 beziehungsweise C0051 auszufüllen. 

Antragsrecht Dritter: An dem Vertragsverhältnis, das von der Clearingstelle beurteilt wird, sind in der Regel zwei Vertragspartner (Auftragnehmer und Auftraggeber) beteiligt. Es ist jedoch möglich, dass auch eine dritte Partei involviert ist. Ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Dritten liegt in der Regel vor, wenn die vereinbarte Tätigkeit für oder bei demjenigen erbracht wird. In diesem Fall muss der Dritte bei der Klärung der Statusfrage genauso mitwirken wie die anderen Vertragsparteien. Er kann auch von sich aus einen Antrag auf Statusfeststellung stellen, jedoch keine Gruppenfeststellung oder eine Prognoseentscheidung beantragen. 

Mündliche Anhörung: Wenn Sie mit der Entscheidung der Clearingstelle nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen. Sie müssen Ihren Widerspruch schriftlich begründen und können dann eine gemeinsame mündliche Anhörung aller Beteiligten beantragen. Diese sind jedoch nicht verpflichtet, an der Anhörung teilzunehmen. 

Widerspruch gegen die Statusentscheidung einlegen 

Gegen den Statusbescheid der Clearingstelle können Sie Widerspruch einlegen. Bleibt dieser erfolglos, besteht die Möglichkeit, Klage zu erheben. Sowohl Widerspruch als auch Klage haben aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die Entscheidungen der DRV Bund noch nicht rechtswirksam sind, und zwar für alle Beteiligten, unabhängig davon, wer Widerspruch eingelegt oder Klage erhoben hat. Arbeitgeber sind daher zunächst nicht verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge nachzuzahlen oder Arbeitnehmer bei der Einzugsstelle nachzumelden. 

Keine aufschiebende Wirkung haben Widerspruch und Klage dagegen, wenn das Statusfeststellungsverfahren nicht von der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund, sondern von der Einzugsstelle oder einem Rentenversicherungsträger im Rahmen einer Betriebsprüfung eingeleitet wurde. 

anwalt.de-Tipp: Sie möchten Widerspruch einlegen oder klagen? Nehmen Sie die Hilfe eines Rechtsanwalts für Sozialversicherungsrecht oder eines Anwalts für Sozialrecht in Anspruch und begeben Sie sich in professionelle Hände! 

Obligatorisches Statusfeststellungsverfahren  

Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren kann nicht selbst beantragt werden, sondern wird automatisch eingeleitet, sobald ein Arbeitgeber die Beschäftigung einer nahestehenden Person oder eines geschäftsführenden Gesellschafters einer GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) oder Unternehmergesellschaft (UG) bei der Einzugsstelle meldet.  

Als nahestehende Person gelten Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und Abkömmlinge des Arbeitgebers. Abkömmlinge sind alle Kinder – auch nicht eheliche und adoptierte Kinder –, Enkel und Urenkel des Arbeitgebers. Stief- und Pflegekinder gehören nicht dazu. Meldet der Arbeitgeber die Beschäftigung bei der Einzugsstelle an, muss er das entsprechende Statuskennzeichen angeben:  

  • „1“ für Ehegatten, Lebenspartner und Abkömmlinge des Arbeitgebers,  

  • „2“ für geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH oder UG.  

Das gilt auch für die Meldung einer geringfügigen Beschäftigung. Die Einzugsstelle informiert daraufhin die DRV Bund über die Anmeldung, die ihrerseits ein obligatorisches Statusfeststellungsverfahren einleitet. Die Deutsche Rentenversicherung Bund entscheidet innerhalb von vier Wochen über den Erwerbsstatus. 

Statusfeststellungsverfahren für Familienangehörige 

Die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung (GKV-Spitzenverband (Berlin), DRV Bund, DRV Knappschaft-Bahn-See, Bundesagentur für Arbeit) haben – ausgehend von der Rechtsprechung der Sozialgerichte – Kriterien für die Statusfeststellung von Angehörigen und geschäftsführenden Gesellschaftern festgelegt.* Von einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zwischen Angehörigen (Ehegatten, Lebenspartner, Lebensgefährten, Abkömmlingen) ist auszugehen, „wenn 

  • der Angehörige in den Betrieb des Arbeitgebers wie eine fremde Arbeitskraft eingegliedert ist und die Beschäftigung tatsächlich ausübt, 

  • der Angehörige dem Weisungsrecht des Arbeitgebers – wenn auch in abgeschwächter Form – unterliegt, 

  • der Angehörige anstelle einer fremden Arbeitskraft beschäftigt wird, 

  • ein der Arbeitsleistung angemessenes (d. h. im Regelfall ein tarifliches oder ortsübliches) Arbeitsentgelt vereinbart ist und auch regelmäßig gezahlt wird, 

  • von dem Arbeitsentgelt regelmäßig Lohnsteuer entrichtet wird und 

  • das Arbeitsentgelt als Betriebsausgabe gebucht wird.“ 

* Rundschreiben zur Statusfeststellung von Erwerbstätigen. 01.04.2022.

Statusfeststellungsverfahren bei geschäftsführenden Gesellschaftern 

Der geschäftsführende Gesellschafter einer GmbH oder UG ist nicht abhängig beschäftigt, wenn er Beschlüsse verhindern kann, die für sein Dienstverhältnis nachteilig sind. Dazu ist ein Gesellschafter-Geschäftsführer in der Lage,  

  • wenn er mindestens 50 % des Stammkapitals der Gesellschaft hält und sich das Stimmrecht der Gesellschafter nach den Gesellschaftsanteilen richtet oder 

  • wenn er über eine Sperrminorität verfügt. Das bedeutet, dass er alle Beschlüsse der anderen Gesellschafter verhindern kann. 

Optionales Statusfeststellungsverfahren 

Das optionale Statusfeststellungsverfahren kann von jeder Partei des Vertragsverhältnisses – Auftrag-/Arbeitgeber, Auftrag-/Arbeitnehmer oder einem Dritten – beantragt werden. Die Zustimmung der anderen Beteiligten ist nicht erforderlich. Nach Einleitung des Verfahrens durch die Clearingstelle müssen jedoch alle beteiligten Vertragsparteien am Verfahren teilnehmen. 

Auch für bereits beendete Vertragsverhältnisse kann noch rückwirkend ein Statusfeststellungsverfahren beantragt werden. Zu spät für einen freiwilligen Antrag ist es hingegen, wenn die Einzugsstelle (Krankenkasse) oder ein anderer Versicherungsträger im Rahmen einer Betriebsprüfung bereits ein Statusfeststellungsverfahren eingeleitet hat. 

Was kostet ein Statusfeststellungsverfahren und wie lange dauert es? 

Die Deutsche Rentenversicherung Bund erhebt für die Beantragung und Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens keine Gebühren. Das Verfahren ist also für Sie kostenlos. 

Die Dauer des Statusfeststellungsverfahrens ist von verschiedenen Faktoren abhängig. So kann sich die Entscheidung verzögern, wenn die Clearingstelle Unterlagen nachfordert oder die Beteiligten mündlich Stellung nehmen. Die Bearbeitungszeit sollte jedoch drei Monate nicht überschreiten. Dauert das Verfahren länger, können Sie vor dem Sozialgericht auf Erlass einer Entscheidung klagen (SGB IV, § 7a Abs. 6). 

anwalt.de-Tipp: Die Entscheidung der Clearingstelle über den Erwerbsstatus kann weitreichende finanzielle Folgen haben. Lassen Sie sich daher am besten frühzeitig von einem erfahrenen Rechtsanwalt beraten. Jetzt den passenden Rechtsanwalt für Sozialversicherungsrecht finden. 

(THH)

Foto(s): ©Adobe Stock/maxbelchenko

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