Verspätet zur Arbeit – Unpünktlichkeit: Arbeitsverweigerung: Ankündigung einer Erkrankung

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Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können wiederholte, gleichartige Pflichtverletzungen in Form von verspäteten Arbeitsantritten und/oder Verstößen gegen die Anzeigepflicht bei bestehender Arbeitsunfähigkeit nach einschlägigen vorherigen Abmahnungen an sich eine verhaltensbedingte Kündigung begründen, weil in einem solchen Arbeitnehmerverhalten eine spezifische Unzuverlässigkeit zum Ausdruck kommt, die es wegen der damit verbundenen betrieblichen Folgen für den Arbeitgeber unzumutbar macht, am Arbeitsverhältnis festzuhalten. Nach diesen Grundsätzen ist hier die ordentliche Kündigung gerechtfertigt.“ So das LAG Hamm, Urteil vom 28.08.2015 - 13 Sa 150/15 – klarstellend; Quelle: Beck-online.de

Arbeitgeber wirft Arbeitnehmer – permanente Fehlzeiten - vor

„Mit Schreiben vom 07.04.2011 erhielt der Kläger eine Abmahnung, in der es auszugsweise wie folgt heißt: …leider mussten wir feststellen, dass bei Ihnen permanent Fehlzeiten auftreten. Am 12.01.2011 und am 26.02.2011 sind Sie an beiden Tagen nicht zu Ihrer Frühschicht um 6:00 Uhr erschienen. Sie hatten sich nicht abgemeldet und wir erhielten erst später am Tag den Grund Ihres Nichterscheinens. Des Weiteren sind Sie am Freitag, 18.03.2011, erst um 7:00 Uhr statt um 6.00 Uhr zu Ihrer Frühschicht erschienen. Am Donnerstag, den 07.04.2011, hätten Sie auch um 6:00 Uhr an Ihrem Arbeitsplatz sein müssen, haben aber erst um 6:22 Uhr angestempelt und somit waren Sie zum wiederholten Mal zu spät an Ihrem Arbeitsplatz.“ – heißt es in der Sachverhaltsdarstellung des LAG Hamm, a.a.O; Quelle: Beck-online.de

Arbeitsrecht für Arbeitgeber: Ordentliche Kündigung bei Gericht erfolgreich; ständige Rechtsprechung verlangt stets den vorherigen Ausspruch einer – oder – je nach Einzelfall – zwei Abmahnungen

LAG Hamm: „So hat der Kläger unter dem 07.04.2011 eine erste Abmahnung erhalten. Diese ist jedenfalls in drei von vier Fällen zu Recht ergangen, wenn man einmal von der streitig gebliebenen Einteilung zu einer Zusatzschicht am 26.02.2011 absieht. Am 12.01.2011 zeigte der Kläger entgegen der in § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG niedergelegten Pflicht nicht unverzüglich in zeitlicher Nähe zum Schichtbeginn um 6.00 Uhr seine Arbeitsunfähigkeit an, sondern erst einige Zeit später im Laufe des Vormittags, ohne sein Fehlverhalten entschuldigen zu können. Weiterhin hat er am 18.03.2011 ohne nachvollziehbare Erklärung seine Schicht statt um 6.00 Uhr erst eine Stunde später um 7.00 Uhr angetreten. Nicht einmal drei Wochen danach am 07.04.2011 verspätete er sich wieder um 22 Minuten….“; Quelle: Beck-online.de

Voraussetzungen einer beharrlichen Arbeitsverweigerung

„Eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt in der Person des Arbeitnehmers im Willen eine Nachhaltigkeit voraus. Der Arbeitnehmer muss die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genügt, dass der Arbeitnehmer eine Weisung unbeachtet lässt, sondern eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt voraus, dass eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers vorliegt. Die bloße Ankündigung, sich krankschreiben zu lassen, stellt keinen Kündigungsgrund dar, wenn es sich dabei auch um den Hinweis auf ein rechtmäßiges Verhalten handeln kann.“ – so lauten die amtlichen Leitsätze des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern mit Urteil vom 26.04.2022 – 2 Sa 279/21. Quelle: Beck-online.de

Arbeitnehmer behauptet: Ich habe meine Erkrankung nicht angekündigt

Aus der Sachverhaltsdarstellung der Urteilsbegründung des LAG: „Zur Begründung der Klage hat der Kläger die Auffassung vertreten, die außerordentliche Kündigung sei mangels Vorliegens eines wichtigen Grundes unwirksam. Insbesondere habe er keine Krankschreibung angekündigt. Am 27.05.2021 habe es kein Telefonat zwischen den Parteien gegeben. Er sei vielmehr am 28.05.2021 durch seine Ehefrau über einen Unfall der Tochter informiert worden. Die Ehefrau habe angefragt, ob er am Montag mit der Tochter zum Arzt gehen könne, um das Ganze noch einmal von diesem abchecken zu lassen. Er habe mitgeteilt, dass er dies mit der Beklagten klären müsse, daraufhin Kontakt zu dem Geschäftsführer der Beklagten aufgenommen und diesen gefragt, ob es in Ordnung sei, wenn er am Montag mit der Tochter den Arzt aufsuche und später komme. Der Geschäftsführer der Beklagten habe ihn angewiesen, den Lkw bei der Firma abzustellen, diesen auszuräumen, Papiere und Schlüssel zurückzugeben.“ Quelle: Beck-online.de

Arbeitgeber behauptet: Arbeitnehmer hat Erkrankung angekündigt, deshalb fristlose Kündigung gerechtfertigt

LAG: „Die Beklagte hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei durch die außerordentliche Kündigung beendet. Diese sei wirksam. Der Kläger habe ihr gegenüber erklärt, dass er auf keinen Fall mehr Arbeitsleistungen für sie erbringen wolle. Er werde stattdessen einen Krankenschein einreichen. Dem Mitarbeiter H. gegenüber habe der Kläger am 28.05.2021 ebenfalls geäußert, dass er nicht mehr wiederkomme, er sich stattdessen krankschreiben lassen wolle. Dies stelle eine Arbeitsverweigerung dar. Der Kläger habe im Monat Juni 2021 für eine andere Firma Arbeitsleistungen erbracht.“ Quelle: Beck-online.de

Urteil – Erste Instanz -: Arbeitgeber verliert, weil laut Arbeitsgericht keine beharrliche Arbeitsverweigerung vorliegt

„Die bloße Ankündigung einer Krankschreibung bilde keine Drohung mit einer solchen, um sich Vorteile zu verschaffen und könne deshalb eine außerordentliche Kündigung nicht rechtfertigen. Schließlich sei es der Beklagten zumutbar gewesen, das Arbeitsverhältnis nach Abwägung der gegenseitigen Interessen bis zur beabsichtigten Beendigung am 30.06.2021 fortzuführen.“ so heißt es in den Entscheidungsgründen des LAG; Quelle: Beck-online.de

Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern stellt mit Urteil vom 26.04.2022 wie folgt klar:

„Liegt eine sogenannte beharrliche Arbeitsverweigerung vor, ist in der Regel eine außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt anzusehen. Zumindest rechtfertigt sie eine ordentliche Kündigung. Eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt allerdings in der Person des Arbeitnehmers im Willen eine Nachhaltigkeit voraus. Der Arbeitnehmer muss die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen, wobei es nicht genügt, dass der Arbeitnehmer eine Weisung unbeachtet lässt, sondern eine beharrliche Arbeitsverweigerung setzt voraus, dass eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers vorliegt. Das Merkmal der Beharrlichkeit ist nur dann gegeben, wenn eine Nachhaltigkeit im Willen des Arbeitnehmers festgestellt werden kann, den sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Pflichten nicht nachkommen zu wollen. Eine solche Nachhaltigkeit kann dabei sowohl dann angenommen werden, wenn der Arbeitnehmer wiederholt nach entsprechender Abmahnung seiner Pflicht zur Arbeitsleistung aus dem Arbeitsvertrag nicht nachkommt, als auch dann, wenn er eine einmalige Vertragsverletzung begeht, hierbei aber der nachhaltige Wille zum Ausdruck kommt, seine Pflichten nicht nachkommen zu wollen. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber vor die Alternative gestellt worden ist, entweder die Tätigkeit zu verrichten oder den Bestand des Arbeitsverhältnisses aufs Spiel zu setzen.

Das Moment der Beharrlichkeit kann auch darin zu sehen sein, dass in einem einmaligen Fall der Arbeitnehmer eine Anweisung nicht befolgt. Das muss dann aber z. B. durch eine vorhergehende, erfolglose Abmahnung verdeutlicht werden. Entscheidend ist auf Grund des Prognoseprinzips, ob eine Wiederholungsgefahr besteht oder, ob sich das vergangene Ereignis auch künftig weiter belastend auswirkt.“ Quelle: Beck-online.de

Die – alleinige – Ankündigung einer Arbeitsverweigerung reicht grundsätzlich für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung nicht aus

LAG: „Das Vorbringen der Beklagten als zutreffend unterstellt, läge allenfalls die Ankündigung einer Arbeitsverweigerung vor. Der Kläger hat es nach dem Beklagtenvortrag nicht unterlassen, einen ihm übertragenen Arbeitsauftrag auszuführen. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass und gegebenenfalls welche konkrete Arbeitsleistung sie dem Kläger abverlangt hat, welche der Kläger sodann bewusst und nachhaltig nicht durchgeführt hätte. Die Beklagte hat lediglich vorgetragen, der Kläger habe angekündigt, nicht mehr zu arbeiten, sondern eine Krankschreibung einzureichen. Damit ist jedoch eine beharrliche Arbeitsverweigerung nicht gegeben. Eine außerordentliche Kündigung wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung kann nur gerechtfertigt sein, wenn die Nichtleistung bewusst und nachdrücklich geschieht. Dies ist bei einem einmaligen Geschehen nur dann der Fall, wenn zum Beleg der erforderlichen Nachhaltigkeit im Willen eine erfolglos gebliebene Abmahnung vorliegt.“ Quelle: Beck-online.de

Fehlen eines Arbeitnehmers an bloß einem einzigen Arbeitstag regelmäßig nicht geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen

LAG: „Das Fernbleiben von der Arbeit kann nur dann, wenn es den Grad der beharrlichen Arbeitsverweigerung erreicht, einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses abgeben. Demgegenüber ist das Fehlen eines Arbeitnehmers an bloß einem einzigen Arbeitstag regelmäßig nicht geeignet, eine fristlose Kündigung ohne Ausspruch einer vorhergehenden Abmahnung zu rechtfertigen.“ Quelle: Beck-online.de

Rechtsanwalt Helmut Naujoks ist seit 25 Jahren ausschließlich als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht tätig. Haben Sie Fragen in Bezug auf die Kündigung von Mitarbeitern/innen? Rufen Sie noch heute Rechtsanwalt Helmut Naujoks an, Spezialist als Anwalt für Arbeitgeber im Arbeitsrecht. In einer kostenlosen und unverbindlichen telefonischen Ersteinschätzung beantwortet Rechtsanwalt Helmut Naujoks Ihre Fragen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie zu den Rechten und Pflichten des Betriebsrats gemäß Betriebsverfassungsgesetz.

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