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Fahrverbote: Gutes Recht oder eine schlechte Idee?

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Es gibt Dinge, die wollen scheinbar einfach kein Ende nehmen. Die Fahrverbote gehören ohne Zweifel dazu. Keiner will sie, und dennoch sprechen Gerichte immer wieder Urteile, die das Fahren in bestimmten Städten und Stadtteilen verbieten. Das hindert Politiker wie Andreas Scheuer (CSU) aber nicht daran, am Grundsätzlichen zu rütteln. Und er steht damit nicht allein.

Können 100 Lungenärzte irren?

Aktuell wird die Debatte um die Fahrverbote durch einen Aufruf von mehr als 100 Lungenfachärzten erneut angeschoben. Die äußerten nämlich die Meinung, dass die geltende Feinstaub- und Stickoxidgrenzwerte infrage zu stellen seien. Das gefiel Verkehrsminister Andreas Scheuer so gut, dass er auf den Zug aufsprang: „Wir brauchen eine ganzheitliche Sichtweise“, so der CSU-Politiker. Immerhin sei es ein Signal, wenn mehr als 100 Fachärzte die aktuell geltenden Werte anzweifeln. Die allerdings wurden von der WHO erarbeitet, die nicht unbedingt im Verdacht steht, Grenzwerte manipulieren zu wollen. Eine ähnliche Ansicht wie die WHO vertritt die „Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin“ (DGP), die durch eine Studie herausgefunden haben will, dass Feinstaub zu erheblichen Gesundheitsrisiken führe.

Die Bundesumweltministerin äußert sich

Für Svenja Schulze (SPD) ist die durch die Lungenärzte angestoßene Debatte unsinnig. Sie argumentiert, dass Grenzwerte dem Schutz der Menschen dienen und zudem fast überall eingehalten würden. Nur wo besonders viel Verkehr herrsche, finde eine Überschreitung statt. Doch genau das stört Scheuer. Er findet es unangemessen, Messstationen an Stellen aufzustellen, wo besonders viel Verkehr vorzufinden ist. Er möchte daher Stationen eher dort errichten, wo die Belastung nicht besonders hoch ist. Das sei, so Scheuer, „eine vernünftige Herangehensweise an die Grenzwerte“.

Was Grenzwerte mit Freiheit zu tun haben

Von einer anderen Seite betrachtet der Deutsche Anwaltsverein (DAV) die Problematik. Er kritisiert Fahrverbote aus einem anderen Grund. Denn Verbote, so hörte man aus dem Hause des DAV, schränkten die Freiheit von Privatpersonen und Gewerbetreibenden ein. Damit werde grundsätzlich die persönliche und berufliche Freiheit eingeschränkt, sagte Andreas Krämer von der DAV-Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.

Krämer sagte auch, dass der aktuelle Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid je Kubikmeter Luft in seinen Augen irrational und willkürlich erscheine. Immerhin seien die Belastungen an gewissen Arbeitsplätzen deutlich höher.

Wissenschaftliche Auseinandersetzung oder politische Botschaft?

Kritik an den Äußerungen der Lungenärzte äußerte auch Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Er warf den Ärzten vor, lediglich eine politische Botschaft zu senden, statt eine wissenschaftliche Auseinandersetzung zu führen. Zudem gelten die aktuellen Werte seit 2010 und seitdem sind sie geltendes Recht und einzuhalten, schob Flasbarth nach.

Wie die DAV äußert sich indirekt auch Anton Hofreiter (Die Grünen) zum Thema Fahrverbote und Freiheit. Denn immerhin seien die Menschen auf der Straße den Schadstoffen ausgeliefert, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Der Freiheit des Einzelnen setzt Hofreiter die Verantwortung gegenüber den Bürgern entgegen. Insbesondere Ältere, Schwangere und Kinder müssten geschützt werden, so Hofreiter. Wer sich darüber hinwegsetze, handele fahrlässig.

Die Rechtslage ist unklar

Unabhängig von den Meinungsverschiedenheiten in der Politik sind auch die Gerichte alles andere als einheitlich bei der Beurteilung der Frage nach der Sinnhaftigkeit von Fahrverboten. Während die einen solche Verbote aussprechen, beurteilen andere die Lage gänzlich anders. So hat etwa Ende des Jahres 2018 der Hessische Verwaltungsgerichtshof (VGH) Fahrverboten in Frankfurt am Main eine Absage erteilt. Die Überschreitung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte in der Frankfurter Innenstadt reiche für ein Fahrverbot nicht aus, so der VGH.

Die Lage bleibt also unübersichtlich.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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